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Ist die Saalach ein künstlicher Kanal?

Wasserkraft an der Saalach – Stadtarchivar von Bad Reichenhall gibt historischen Einblick

Fotomontage von Stadtarchivar Johannes Lang und der Saalach
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Stadtarchivar PD Dr. Johannes Lang gibt Auskünfte über die Saalach

In Bad Reichenhall wird der Bau des neuen Wasserkraftwerks heiß diskutiert. Vor allem Naturschutzverbände befürchten ökologische Schäden für die Saalach. Gegner dieser Meinung verweisen darauf, dass die Saalach kein Naturfluss, sondern ein künstlicher Kanal sei, der schon immer wirtschaftlich genutzt wurde. Wir haben beim Stadtarchiv nachgefragt.

Bad Reichenhall - „Wir haben es hier mit einem glücklichen Zusammenspiel zu tun“, sagt PD Dr. Johannes Lang, Stadtarchivar von Bad Reichenhall. Ausschlaggebend für die Ansiedlung von Menschen im Reichenhaller Becken waren die Solequellen. Ohne die Saalach wären diese aber sicher bald wieder aufgegeben worden, weil man die Kapazitäten an Brennholz gar nicht hätte beschaffen können. „Man hat also die Solequellen und die Saalach, die sich als Triftgewässer zur Bringung von Holz eignet und gleichzeitig einen schiffbaren Fluss zum Weiterhandeln des Salzes. - Und dann noch den Umstand, dass im Einzugsgebiet entsprechende Holzkapazitäten da sind. Dieses Zusammenspiel hat dazu geführt, dass es die Saline bis zum heutigen Tag gibt“, so Lang.

Schon früh haben Menschen in den Verlauf der Saalach eingegriffen

Die starke S-Kurve, die der Fluss auf der Höhe der Predigtstuhlbahn beschreibt, wurde wohl bereits in frühgeschichtlicher Zeit von Menschen geschaffen. Ursprünglich ist die Saalach weit verzweigt mit Auen und Inseln durch das gesamte Tal geflossen. Der Felsen an der Alten Saline war die Uferbegrenzung. „Die S-Kurve steht für das stete Bemühen des Menschen, den Fluss abzudrängen und in eine bestimmte Form zu betten. Ich gehe davon aus, dass das sogar schon zur Römerzeit vollendet war“, erzählt der Stadtarchivar. Hochwasser bedeutete für die Stadt großen wirtschaftlichen Schaden. In Dokumenten aus dem Spätmittelalter lässt sich nachlesen, dass die Solequellen bei Überschwemmungen mit Süßwasser vermischt wurden und man über Monate hinweg nicht produzieren konnte.  

Die Triftanlagen prägten das Stadtbild über Jahrhunderte

Der sogenannte Rechen oberhalb der heutigen Luitpoldbrücke war Teil einer riesigen und aufwändig gebauten Triftanlage. Das Holz wurde auf den Holzfeldern, auch Gründe genannt, gelagert. - Daher auch die Straßennamen in dem Bereich: Spitzgrund, Großer Grund, Hammergrund usw. Die Triftanlagen waren über Jahrhunderte hinweg ortsbildend. „Neben der steinernen Stadt war eine hölzerne. 700 bis 800 Jahre hat Reichenhall so ausgesehen. Die ersten Hinweise auf Triftanlagen findet man im 8. Jahrhundert.“

Historische Bilder von der Saalach

Hammerbach
Der ehemalige Hammerbach, dahinter der Waseneggerturm mit der Stadtmauer, um 1890. © Stadtarchiv Bad Reichenhall
Luitpoldbrücke
Beim Hochwasser 1899 zerstörte Luitpoldbrücke © Stadtarchiv Bad Reichenhall
Kufwerkssäge
Die 1751/52 entstandene Kufwerkssäge nutzte die Wasserkraft eines Seitenarms des Triftkanals. © Stadtarchiv Bad Reichenhall
Saalachkraftwerk
Talsperre des 1914 errichteten Saalachkraftwerks © Stadtarchiv Bad Reichenhall

Wasserkraft für bessere Luft  

Die Trift hat erst mit dem Bau des Saalachkraftwerks 1914 aufgehört. Man hat zu dem Zeitpunkt bei der Salzgewinnung schon auf andere Energieträger gesetzt. Seit 1888 gab es die Bahnlinie nach Berchtesgaden, damals noch mit Dampfloks betrieben. Da die Strecke aber mitten durch die Stadt führte und die Luft im Kurort durch den Rauch deutlich schlechter und zum Problem wurde, entschloss man sich, die Linie als eine der ersten der Deutschen Eisenbahnnetze zu elektrifizieren. Für Strom sorgt seitdem das Wasserkraftwerk, das nach wie vor der Deutschen Bahn gehört.

Damals wurde auch der Wasserkanal errichtet, der durch den Schroffen geht. Er hat dazu beigetragen, dass Bad Reichenhall seit dieser Zeit nicht mehr überschwemmt wurde. „Seitdem es dieses Kraftwerk gibt, ist die Überschwemmungsgefahr für Reichenhall gebannt. Das darf man nicht unterschätzen und spielt eine große Rolle für die Sicherheit der Stadt“, so Lang.

Die Saalach als Wirtschaftsfaktor

In Bad Reichenhall gab es schon früh viele kleine Mühlen, etwa für Getreide, Gips oder Sägewerke. Sogar ein kleines, privat betriebenes Wasserkraftwerk erbaute Konrad Fischer an der Nonner Straße noch vor dem der Bahn. Es war deutschlandweit das erste Wechselstromkraftwerk. Johannes Lang versichert: „Wasserkraft hat man nachweislich seit dem Mittelalter eingesetzt. Möglicherweise geht das noch weiter zurück.“  

Durch die Stadt liefen auch mehrere Bäche. Den Verlauf der Saalach hat man im 19. Jahrhundert in feste Bahnen gelenkt. Man wollte damit neben dem Hochwasserschutz auch Land gewinnen. „Der Fluss hat einerseits immer eine Bedrohung für die Stadt dargestellt, andererseits wurde er sehr genutzt, sei es als Transportweg, Triftgewässer oder zur Entsorgung.“

Stadtwerke-Chef entkräftigt Einwände gegen das neue Wasserkaftwerk

Die Saalach ist im Bereich von Bad Reichenhall tatsächlich ein Fluss, der schon seit der Römerzeit von Menschen verändert und in Bahnen gelenkt wurde. Wirtschaftlich spielte er für die Stadt von Anfang an eine wichtige Rolle. Das neue Kraftwerk an der Nonner Rampe entsteht somit an einer Stelle, an dem der Fluss bereits ein Kanal ist.

Für Stadtwerke-Vorstand Peter Fösel ist Wasserkraft „die Keimzelle der Elektrifizierung“. Gegnern des Baus gibt er zu bedenken, dass die Verbesserung der Ökologie der Saalach eine Voraussetzung für die Genehmigung des neuen Kraftwerks ist. Auch das Argument, dass der Fluss phasenweise wenig Wasser führe, räumt er aus dem Weg: „Natürlich gibt es saisonale Schwankungen. Wir haben uns aber die Abflüsse über einen langen Zeitverlauf sehr genau angeschaut und würden keine Investition blauäugig tätigen.“ In Zeiten von Energiekrise und Klimawandel gibt er zu bedenken: „Wenn man die Energiewende vorantreiben will, muss man auch etwas tun.“

mf

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