Erste Zahlen der Interessenten
„Schätzen das Interesse sehr hoch“: Bürger-Solarpark Ainring nimmt nächste Hürde
Die Gemeinde Ainring steckt gerade mitten in der Planung eines Solarparks, an dem sich die Bürger finanziell beteiligen können. Die VR EnergieGenossenschaft nennt erste Zahlen der Interessenten. Bei der Behandlung der Stellungnahmen aus der frühzeitigen öffentlichen Auslegung zeigte sich Josef Ramstetter im Bauausschuss jedoch erneut verärgert.
Ainring – Im Oktober 2023 fand eine Informationsveranstaltung zum geplanten Bürgersolarpark statt. Der Saal im Haus der Kultur war brechend voll. Damals war noch nicht klar, wie das genossenschaftliche Projekt in der Bevölkerung ankommen würde. Es ging vor allem darum, vorzufühlen, wie die Bürger dazu stehen. „Wir schätzen das Interesse sehr hoch“, sagt Norbert Zollhauser von der VR EnergieGenossenschaft Oberbayern Südost nun im Gespräch mit BGLand24.de. „Die Tage nach der Veranstaltung ist unser Telefon nicht stillgestanden.“
Inzwischen gibt es die Möglichkeit, sich online über die Website anzumelden. 200 Interessierte seien bereits auf der Warteliste, so Zollhauser. Als Rechenbeispiel: Würde sich jeder dieser 200 Bürger mit 5000 Euro beteiligen, wäre die benötigte Summe von einer bis eineinhalb Millionen Euro schon so gut wie erreicht. Laut Zollhauser könne die Genossenschaft auch noch ihr Eigenkapital nach oben schrauben.
Bauausschuss behandelt Stellungnahmen
Im Bauausschuss nahm der Bürgersolarpark nun am Dienstag (12. März) die nächste Hürde. Im Zuge der Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans hatten die Entwürfe von Ende Dezember bis Anfang Februar öffentlich ausgelegen. Der Bauausschuss nahm Abwägungen vor und billigte die Entwurfspläne. Bürgermeister Martin Öttl erklärt auf Anfrage: „Erfreulich ist, dass dieses Verfahren bislang ‚butterweich‘ läuft. Es lagen keine privaten Einwendungen vor (vielmehr besteht großes Interesse an der Möglichkeit für Ainringer Bürger, sich unternehmerisch mittels Anteilen an der Anlage zu beteiligen) und auch die behördlichen Stellungnahmen waren ausnahmslos beherrschbar.“
In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Kieswerk
Aus der Öffentlichkeit wurden also keine Stellungnahmen abgegeben, von den Trägern öffentlicher Belange kamen 24 (Flächennutzungsplan) beziehungsweise 21 (vorhabenbezogener Bebauungsplan) - überwiegend positive - Rückmeldungen. Dem Projekt nicht zustimmen wollte der BIV (Bayerischer Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden). Die Begründung: Direkt im Anschluss des geplanten Solarparks befindet sich ein Kiesabbau. „Es handelt sich hier um die einzige Erweiterungsmöglichkeit des bestehenden Kieswerks.“ Die Rohstoffsicherung liege im öffentlichen Interesse. Zudem müsse der Betreiber auch dulden, dass sich gegebenenfalls Staub auf die PV-Anlagen niederschlagen werde. Der BIV schlug hierzu eine Gesprächsrunde vor. Ähnlich hatte sich auch das Landesamt für Umwelt (LfU) geäußert.
Die Verwaltung sah in den Stellungnahmen des BIV und des LfU keine Veranlassung zur Planänderung. Das Thema Erneuerbare Energien sei von überragendem öffentlichen Interesse. Der Standort sei auf Grundlage eines Standortkonzeptes ermittelt worden. „Der aktuelle Betrieb wird durch die Errichtung der Freiflächenphotovoltaikanlage nicht beeinträchtigt.“ Die Duldung von Staubablagerungen werde in die Hinweise des Bebauungsplanes aufgenommen. Ein Rückbau der Anlage ist nach 30 Jahren ohnehin im Bebauungsplan festgelegt. Die Fläche könnte dann wieder landwirtschaftlich genutzt werden, wobei die Gemeinde auch eine Fortführung des Solarparks beschließen kann, sollte die Anlage noch gut in Schuss sein.
Was sagen die Naturschutzvereine?
Zu den vorgeschlagenen Änderungen des BUND Naturschutz erklärte die Verwaltung, dass diese bereits im vorhabenbezogenen Bebauungsplan festgesetzt sind. Während der BUND die Ausweisung des Bürgersolarparks grundsätzlich begrüßte, stellte sich der Verein Wildes Bayern gegen das Projekt, wenn nicht sichergestellt sei, dass dieses „in einer ausreichend ökologischen Form gestaltet sein wird.“ Er forderte zusätzliche Maßnahmen wie etwa ein Feuchtbiotop und das Anbringen von Nistkästen am Trafohäuschen.
Außerdem sollten nicht mehr als 70 Prozent der Gesamtfläche überbaut werden. „Die Genehmigung erfolgt gemäß den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen“, entgegnete hier die Verwaltung. Aufgrund der vorgesehenen Nutzung entstünden naturschutzfachlich höherwertige Strukturen. „Darüberhinausgehende naturschutzfachliche Maßnahmen sind auf freiwilliger Basis möglich.“ Die Anregungen würden an den Bauherrn herangetragen werden.
Ramstetter ärgert sich über den Solarpark und den Bauernverband
Verärgert zeigte sich Josef Ramstetter (CSU) in seiner Wortmeldung. Er verlas zunächst ein Statement – ähnlich dem, das er schon bei der Informationsveranstaltung von sich gegeben hatte. Solarparks seien erst dann interessant, wenn man den Strom speichern könne. Die Fläche würde man für die Nahrungsmittelerzeugung benötigen. „Und das Gelabere, dass da eine Fläche ökologisch aufgewertet wird, kann ich nicht mehr hören.“ Bauamtsleiter Thomas Fuchs erinnerte Ramstetter daran, dass die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange gerade auf der Tagesordnung stünden. Die Grundsatzentscheidung sei bereits im Gemeinderat mit drei Gegenstimmen gefallen. „Diese Gründe sind damals auch genannt worden.“
Daraufhin äußerte Ramstetter noch seinen Unmut über die Zustimmung des Bauernverbands. „Das ist einer unserer besten Ackerböden. Das kann ich nicht verstehen.“ Der Bauernverband hatte in seiner Stellungnahme zwar durchaus das Problem aufgezeigt, dass die Landwirtschaft immer mehr Fläche verliert. Positiv sah er aber die Tatsache, „dass hier ein regionales Projekt mit der Möglichkeit der Bürgerbeteiligung entstehen soll. Somit bleibt die Wertschöpfung in der Region.“ Der Bauausschuss stimmte den Abwägungen und der Billigung der Entwurfspläne schließlich mit zwei Gegenstimmen (Josef Ramstetter und Sven Kluba, beide CSU) zu.
Wie geht es nun weiter?
Als nächstes folgen die Öffentlichkeits- und die Behördenbeteiligung. „Wir stehen derzeit also in der Mitte des Verfahrens“, so Öttl. „Die Verfahrensunterlagen werden demnächst für die Dauer von mindestens einem Monat erneut ausliegen. Sollten sich im weiteren Verfahren ebenso keine größeren Probleme mehr ergeben, ist ein Satzungsbeschluss (und damit Baurecht) bereits im Frühsommer dieses Jahres möglich.“
Sobald Baureife besteht, könne die Investitionsentscheidung fallen, erklärt Norbert Zollhauser im Namen der Genossenschaft. Das Zünglein an der Waage sei der benötigte Zuschlag von der Bundesnetzagentur für die Vergütung. „Dann wird es noch einmal einen Infoveranstaltung geben, bei der wir alle Fakten präsentieren.“ Zollhauser rechnet damit, dass sich die Zahlen der angemeldeten Interessensbekundungen im Anschluss noch einmal verdoppeln oder sogar verdreifachen werden. Baubeginn könnte im Herbst dieses Jahres oder im Frühjahr 2025 sein.
mf

