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„Leuchtturmprojekt“ für Einwohner vorgestellt

Bürger-Solarpark Ainring: Energiewende zum Mitmachen

Markus Öttl, Thomas Fuchs, Albert Pastötter und Norbert Zollhauser
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Von links: Bürgermeister Martin Öttl, Bauamtsleiter Thomas Fuchs sowie die Vorstände der VR EnergieGenossenschaft Oberbayern Südost eG Albert Pastötter und Norbert Zollhauser

Erneuerbare Energie aus einem Solarpark, an dem sich die Bürger beteiligen können. - In Laufen und Freilassing bereits Realität, bald auch in Ainring? Planungen sind bereits in die Wege geleitet, jetzt heißt es nur noch, die Einwohner zu überzeugen.

Ainring - Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch soll laut Bundesregierung bis 2030 auf mindestens 80 Prozent steigen. Mit der „Zeitenwende“ hat sich auch die Priorität der Energiewende verschoben. Standen früher Themen wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeit im Vordergrund, geht es jetzt um Energiesicherheit, Wirtschaftsstandort und lokale Wertschöpfung. So sieht das auch die Gemeinde Ainring. Diese möchte nun mithilfe eines Bürgersolarparks dem Ziel näher kommen und lud am 12. Oktober zum Informationsabend ins Haus der Kultur.

Der Saal war mit fast 200 interessierten Bürgerinnen und Bürgern voll besetzt, als Bürgermeister Martin Öttl in seinen Eingangsworten davon erzählte, dass schon vor zehn Jahren, als er noch nicht daran gedacht hatte, jemals Bürgermeister zu sein, mit einem Freund darüber sprach, in erneuerbare Energien zu investieren. „Das wäre ja noch nicht so revolutionär, aber bereits damals hatten wir die Idee geboren, dass man die Bürgerschaft am Projekt beteiligen sollte.“ Er persönlich erachtete eine Genossenschaft als die ideale Gesellschaftsform für alle, seien doch in den vergangenen Jahren gute Renditen erzielt worden.

Standort steht fest, Bebauungsplan ist in die Wege geleitet

Entstehen soll der Solarpark nordwestlich von Mitterfelden an der Bahnlinie Freilassing-Berchtesgaden. Die Stromtrasse für die Einspeisung läuft direkt darüber. - Daher ein idealer Standort, so Öttl. Bauamtsleiter Thomas Fuchs erklärte, dass die Gemeinde für den PV-Park einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen werde, an dem sowohl die Öffentlichkeit als auch Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange beteiligt werden. Dem Aufstellungsbeschluss und der Änderung des Flächennutzungsplans wurden bereits im Juli im Gemeinderat zugestimmt. Nach Ablauf der Pachtzeit von 30 Jahren könne so die Anlage auch wieder abgebaut werden. Fuchs betonte: „Die klare Haltung der Gemeinde ist: So viel PV am Dach wie möglich, so viel auf der Fläche wie nötig.“ Norbert Zollhauser, Vorstand der VR EnergieGenossenschaft Oberbayern Südost eG, erklärte nun das Projekt. Die Eckpunkte zur geplanten PV-Anlage:

  • 4000 kWp Freiflächenanlage auf 3,6 Hektar Fläche
  • Gesamtfläche der Gemeinde: 3297 Hektar; 3,6 Hektar entsprechen 0,11 Prozent der Gemeindefläche
  • kalkulierte Gesamtinvestition: 3 Millionen Euro, davon 1,5 Millionen Euro Eigenkapital
  • jährliche Strom-Erzeugung: 4.400.000 kWh
  • jährliche CO²-Vermeidung: 2200 Tonnen
  • Strom für ca. 1460 Drei-Personen Haushalte

Die Fläche gehört zwei Grundstückseigentümern und besteht aus drei Flurnummern. Mit den Eigentümern hat die Genossenschaft schon Pachtverträge abgeschlossen. Die Mittelspannungsleitung des Bayernwerks soll zur Einspeisung genutzt werden. Um den Solarpark wird es dann eine Hecke als Sichtschutz geben. Zollhauser unterstrich, dass die Gewerbesteuer in Ainring lande und nicht in Bad Reichenhall, wo sich der Sitz der VR EnergieGenossenschaft befindet.

Die PV-Freiflächenanlage in Laufen-Aspernfeld

Beteiligung trotz Aufnahme-Stopp möglich

Die wichtigste Frage neben der, wie der Solarpark aussehen soll, war für die Bürgerinnen und Bürger, wie es um die Beteiligung steht. Dazu muss man Mitglied der Genossenschaft werden. Gegründet wurde diese bereits im Jahr 2010, damals mit 14 Mitgliedern. Inzwischen sind es 843 aus den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein. „Es hätten noch viel mehr sein können, aber wir mussten immer wieder einen Aufnahme-Stopp machen, der letzte gilt seit 2021. Die Nachfrage war riesig, aber wir konnten die Anlagen nicht bauen“, so Albert Pastötter, ebenfalls Vorstand der VR EnergieGenossenschaft. Er versicherte jedoch, dass jeder interessierte Bürger aus Ainring über die Genossenschaft Miteigentümer werden könne. „Die Bürger der Kommune dürfen sich beteiligen, andere nicht.“ Gewünscht sei zudem eine Beteiligung der Gemeinde.

„Es handelt sich um eine unternehmerische Beteiligung, also kein Sparbuch, keine Einlagensicherung, kein Festgeld“, so Pastötter. Man sei dabei, die vier Prozent Dividende der letzten Jahre auch in Zukunft beizubehalten. Verwaltungsgebühren würden nicht anfallen, da die Verwaltung über die Bank laufe und die Genossenschaft hier nur die aufgewendeten Stunden bezahlen müsse.

Um das Kontingent für die für den Solarpark benötigten 1,5 Millionen Euro zusammenzubekommen, stellte Pastötter ein Rechenbeispiel vor: Dazu müssten 500 Bürger je 2000 und 100 Bürger je 5000 Euro investieren. Ausgegangen wird also in dem Beispiel von 600 Ainringern als Mitglieder. - Klingt nach wenig im Vergleich zu den fast 10.000 Einwohnern der Gemeinde. Pastötter zeigte sich bei der Zahl dennoch vorsichtig, „die werden wir wohl nicht zusammenbringen. Aber je mehr sich interessieren, umso geringer die Beiträge.“ Um ein erstes Gefühl für die Nachfrage und das Interesse am Solarpark zu bekommen, bat er die Zuhörer schließlich darum, Flyer für eine mögliche Mitgliedschaft auszufüllen. Diese liegen auch bei der VR-Bank und der Gemeinde aus und können dort noch im Nachgang abgegeben werden. Zudem kann man sich online auf die Mitglieder-Warteliste setzen lassen.

Fragen zu Laufzeit, Zeitplan und Speicher

Im Anschluss an die Präsentation kamen die Bürger zu Wort. Zunächst ging es um die Frage, warum das Projekt im Bebauungsplan auf 30 Jahre angelegt sei und warum die Anlage dann zurückgebaut werden müsse. Zollhauser erklärte, dass auch die Pachtverträge nur über 30 Jahre laufen. Bauamtsleiter Fuchs ergänzte, dass es schlichtweg eine gemeindliche Regelung brauche. „Uns bewegen auch die Belange Landwirtschaft und Flächennutzung. Sollte man nach 30 Jahren zu dem Ergebnis kommen, dass die Anlage noch gut läuft, ist es handwerklich kein Problem, das fortzusetzen.“ Zwingend müsse der Solarpark also dann nicht weg. Zollhauser fügte hinzu, dass die Anlagen in der Regel nach dieser Zeit „technisch noch so gut sind, dass man immer noch Erträge so erzielt, dass man alles zahlen kann.“ Außerdem seien die Module sehr robust und langlebig: „Nach 13 Jahren kann man sagen: Wir haben keinen nennenswerten Versicherungsfall gehabt. Wir wechseln im Jahr nur fünf bis sieben Module aus.“

Auf die Frage, wann es denn endlich mit dem Solarpark losgehe, nannte er frühestens die Jahresmitte des nächsten Jahres, da werde wohl die Baureife erreicht. Aufgrund der hohen Auftragslage bei den Herstellern rechne er im Frühjahr 2025 mit der Fertigstellung. Die Bauzeit an sich sei mit etwa zwei Monaten relativ kurz. Die Mitglieder seien im Übrigen an allen Projekten beteiligt, nicht nur dem gemeindlichen. Vier Prozent Rendite halte er für eine faire Basis.

Eine weitere Wortmeldung ging dahin, inwiefern die Gemeinde der Genossenschaft verbindliche Zusagen gemacht habe. „Es gab keine verbindliche Zusage. Der Antrag wurde gestellt, den haben wir bearbeitet und ein Bauleitverfahren angeleitet, das läuft jetzt“, so der Bürgermeister. Dennoch könne auf dieser Fläche niemand anderes bauen, fügte Zollhauser hinzu, schließlich bestünden ja bereits die Pachtverträge. „Auch der Einspeisepunkt ist von uns gesichert. Wir müssen aber den Bauplanungsfortschritt nachweisen, sonst wird uns das vom Bayernwerk wieder entzogen. Wir haben auch noch kein Baurecht, sondern sind in der Planungsphase.“

Mit der Schafbeweidung sind die Flächen doppelt genutzt.

Bereits zu Beginn der Veranstaltung wurde ein Video gezeigt, in dem es darum ging, wie ein Solarpark zur Biodiversität beitragen kann. Nun erkundigte sich ein Bürger, inwiefern das Areal zusätzlich landwirtschaftlich genutzt werden könne. Zollhauser verwies auf ein 80-seitiges, kompliziertes Regelwerk und betonte: „Wir werden nicht Landwirtschaft betreiben. Für uns ist das kein Geschäftsfeld. Wir lassen aber Landwirtschaft betreiben“, und zwar dadurch, dass der Park von Schafen beweidet werden soll. Dabei handle es sich um Tiere, die einem Landwirt gehören. Die Untertischkanten der PV-Paneele seien 80 Zentimeter hoch, damit die Schafe darunter Platz haben.

Gegen Ende meldeten sich auch noch zwei Gemeinderatsmitglieder zu Wort. „Für uns ist die Energieerzeugung auch ein Stück Neuland“, sagte Dr. Friedhelm Schneider (Grüne) und nannte den Bürgersolarpark ein „Leuchtturmprojekt, wo wir zeugen können, dass es funktioniert.“ Josef Ramstetter (CSU) hingegen mahnte davor, den Park ohne Speicher zu bauen. „Wir erzeugen unter Tags viel Strom und schicken ihn dann nach Österreich für elf Cent. Nachts kaufen wir dann in Österreich Strom für 43 Cent. Ohne Speicher ist das Blödsinn und uninteressant.“ „Wollen Sie das Wagnis eingehen, einen Speicher zu machen, der nicht refinanzierbar ist?“, entgegnete Zollhauser. „Ich kann Ihnen versprechen, sobald ein Speicher Ertrag bringt, schlagen wir zu.“ Die Trennung der Strompreiszone sei bereits Vergangenheit und gebe es nicht mehr. „Das beste Stromnetz der Welt ist das europäische. Das ist nur möglich, indem sich die Staaten unterstützen.“

mf

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