SVV-Integration anstelle des „bayerischen Vierers“
Nun doch kein Verkehrsverbund mit Traunstein? BGL orientiert sich nach Salzburg
Ein Tarif, ein Ticket, ein Netz: So einfach sollte der Verkehrsverbund zwischen Traunstein und dem Berchtesgadener Land aussehen. Die Gründung war ursprünglich für dieses Jahr geplant. Doch schon seit Monaten machen sich die beiden Landkreise gegenseitig Vorwürfe, das Zustandekommen zu verhindern. Nun ist klar: Das Berchtesgadener Land liebäugelt jetzt mit Salzburg und treibt die Integration in den SVV voran.
Bad Reichenhall – Lange Zeit wird schon gemunkelt, dass der Verkehrsverbund zwischen den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land scheitern könnte. Jetzt steht fest: Das Berchtesgadener Land wendet sich nun doch erst einmal zum österreichischen Nachbarn und verfolgt eine Integration in den Salzburger Verkehrsverbund (SVV). Dem Beschlussvorschlag wurde in der Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, Energie, Landkreisentwicklung und Mobilität am Mittwochmorgen einstimmig zugestimmt.
In der Sitzung stellte Landrat Bernhard Kern aber klar: „Mir ist wichtig, dass wir die Türen nicht verschließen.“ Die Möglichkeit einer gemeinsamen oder späteren Verbundintegration des Landkreises Traunstein bleibe seitens des Berchtesgadener Landes stets gegeben.
Prozess für die Verbundgründung gestoppt
Von September 2021 bis November 2023 wurde im Rahmen einer Grundlagenstudie geprüft, ob ein Verkehrsverbund zwischen den beiden Landkreisen sinnvoll ist und wie dieser gegebenenfalls umgesetzt werden kann. Im Dezember 2023 erfolgte dann der Grundsatzbeschluss zur Gründung eines gemeinsamen Verkehrsverbundes.
„Der Landkreis Traunstein teilte dem Landkreis Berchtesgadener Land Anfang 2024 mit, den Verbund BGL-TS nicht weiterzuverfolgen. Daraufhin wurde der Prozess für die Verbundgründung der beiden Landkreise gestoppt“, erklärte Manuel Münch, Leiter der Stabsstelle Landkreisentwicklung im BGL. Man habe konstruktiv nach Lösungen gesucht. Nun sei es auch im Sinne der Bürger, die Fakten auf den Tisch zu legen.
Verbund von vier Landkreisen scheitert an unterschiedlichen Vorstellungen
Stattdessen strebte Traunstein einen Vierer-Verbund an und wollte die Landkreise Altötting und Mühldorf mit ins Boot holen. „In mehreren Abstimmungsgesprächen auf Ebene der Landräte und der Fachabteilungen wurde deutlich, dass Ziele, Aufgabenspektrum und strategische Ausrichtung eines Verkehrsverbundes in den vier Landkreisen stark differieren“, so Münch in seinem Sachvortrag weiter.
Für das Berchtesgadener Land das größte Problem: Mit dem Vierer-Verbund der bayerischen Landkreise wäre keine anschließende Integration in den SVV mehr möglich. Das Berchtesgadener Land hat aber schon seit vielen Jahren im Rahmen von Euregio einen Verbund mit Salzburg im Auge. Dieser wurde ursprünglich nur deswegen hintangestellt, weil es bei einem internationalen Verbund mehr rechtliche Hürden zu nehmen gilt. Der Traunsteiner Verkehrsausschuss war in seiner Sitzung im Juni „not amused“ über das Vorhaben des Berchtesgadener Landes, sich nach Salzburg zu orientieren. Hier sagte Landrat Siegfried Walch, das BGL (und nicht Traunstein) habe die „Pläne über den Haufen geworfen.“
Der Landkreis-Vierer sei „aus Sicht der Landkreisverwaltung weder zielführend noch umsetzbar“, so Münch. Zwischenzeitlich ist zudem klar, dass der Verbund der vier Landkreise ohnehin nicht zustande kommen wird. Altötting lehnt den Verbund aus Kostengründen ab. Mühldorf möchte sich eher zum MVV orientieren, will sich aber noch mit den Verbundideen der Nachbarlandkreise abstimmen.
Vorteile eines Verbundes mit Salzburg
Für das Landratsamt sowie den SVV-Geschäftsführer Johannes Gfrerer, der in der Sitzung von einem „ganz tollen Tag“ sprach, liegen die Vorteile eines gemeinsamen ÖPNV klar auf der Hand:
- Die geografische Lage: Zwei Drittel des BGL grenzen an das Land Salzburg.
- Es besteht ein gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsraum.
- Schon jetzt ist ein Überlappungstrarif vorhanden.
- Nahezu alle Verkehrsunternehmen sind bereits in ein Einnahme-Aufteilungsverfahren des SVV eingebunden
- Der Zugverkehr zwischen Salzburg, Freilassing und Berchtesgaden ist in das Salzburger S-Bahn-Netz integriert.
- Grenzüberschreitende Buslinien werden teilweise schon heute zwischen SSV und dem Landkreis abgestimmt und finanziert.
Wie geht es nun weiter?
Die Grundlagenstudie dient als Basis, um die Integration in den SVV im Rahmen einer Untersuchung weiterzuentwickeln. Der SVV hat seine Mitarbeit an dem Projekt zugesichert und steuert zudem die juristische Begleitung für den österreichischen Rechtsrahmen bei.
Die 90-prozentige finanzielle Förderung vom Freistaat Bayern bleibt auch weiterhin bestehen. Der Zeitplan verschiebt sich um etwa ein Jahr. Die Verbundgründung würde somit wohl in das Jahr 2025 fallen, Marktstart des Verbundes wäre dann Ende 2026.
mf