Vier Fälle innerhalb von zwei Wochen
Thumsee, Roßfeld, Burgkirchen, Sudelfeld: Nehmen illegale Rennen in der Region zu?
Innerhalb von nur zwei Wochen gab es gleich vier Fälle von illegalen Fahrzeugrennen in der Region. Nehmen die Rennen zu? Sind sie organisiert? Wer sitzt hinter dem Steuer und was tut die Polizei dagegen? Wir haben nachgefragt.
Berchtesgadener Land/Sudelfeld/Burgkirchen - Innerhalb von gut zwei Wochen meldete die Polizei in der Region mehrere verbotene Fahrzeugrennen:
- Am Thumsee lieferten sich am 18. August ein BMW- und ein VW-Fahrer ein Rennen, während dessen die beiden sich trotz Geschwindigkeitsbegrenzung und durchgezogener Linie rücksichtslos überholten. Die Polizei konnte die beiden Fahrer, einen 24-jährigen Reichenhaller und einen 25-jährigen Kroaten, am Thumsee stellen, wo sie nach einem Bad Bier tranken. Beide wurden wegen des Verdachts auf ein verbotenes Autorennen und Trunkenheit am Steuer untersucht, und ihre Führerscheine wurden beschlagnahmt.
- Am 25. August wurden mehrere junge Männer auf der Roßfeld-Panoramastraße bei einem Mountaincart-Rennen schwer verletzt. Laut Angaben der Polizei Berchtesgaden wurde bei der Unfallaufnahme starker Alkoholgeruch bei den jungen Männern wahrgenommen. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Gefährdung des Straßenverkehrs eingeleitet.
- Am 1. September kam es auf einer Strecke zwischen Petting und Burgkirchen an der Alz zu einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen zwischen zwei Autos der Marke BMW und einem Kraftrad der Marke KTM. Dabei hatten die drei Fahrer andere Verkehrsteilnehmer grob, rücksichtslos und mit stark überhöhter Geschwindigkeit überholt. Die Polizei stoppte die Verkehrssünder. Auch sie müssen mit einer Anzeige rechnen.
- Am Tag darauf das nächste Rennen am Sudelfeld: Zwei 22-jährige Motorradfahrer rasten mit bis zu 180 km/h über die B307, überholten trotz Verbots und fuhren gefährlich dicht an Rennradfahrern vorbei. Die Verkehrspolizei Rosenheim stoppte die beiden. Gegen sie wurde ein Strafverfahren wegen eines unerlaubten Kraftfahrzeugrennens eingeleitet. Zudem stellte die Polizei technische Manipulationen an einem der Motorräder fest. Die Staatsanwaltschaft Traunstein wird über die Einziehung der Motorräder und den Führerscheinentzug entscheiden.
Stafbestand wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet
Nicht aufgezählt sind hier die Rennen gegen sich selbst. Auch Einzelrennen fallen nämlich unter den Strafbestand „verbotenes Kraftfahrzeugrennen“, wenn diese sich mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegen, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Illegale Kraftfahrzeugrennen werden mit Geldstrafen oder mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren bestraft. Sollten Menschen getötet oder schwer verletzt werden, erhöht sich das Strafmaß auf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Darüber hinaus wird der Führerschein in der Regel entzogen.
Zahl im Vergleich zu 2018 fast verdoppelt
Täuscht das Gefühl, dass verbotene Kraftfahrzeugrennen in der Region zunehmen? Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd gibt auf Anfrage folgende Zahlen bekannt: „Im Jahr 2024 wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd bis zum heutigen Tag (4. September) in 69 Fällen Strafanzeige bei den Staatsanwaltschaften wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens erstattet.“ Einzelraser seien in diesen Zahlen mit inbegriffen. „Im Vergleichszeitraum des Jahres 2023 waren es 77 Fälle.“ Durch eine Novelle des Strafgesetzbuchs sind Kraftfahrzeugrennen erst seit Oktober 2017 strafbar. „Im Jahr 2018 waren noch 34 Fälle im Vergleichszeitraum, die zur Anzeige gebracht wurden. Die Zahl hat sich seitdem fast verdoppelt“, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums.
Bei den recherchierten Zahlen handle es sich um ausschließlich private illegale Rennen, „die häufig sehr kurzfristig und ohne größere Vorbereitung abgesprochen werden oder sich spontan durch das Aufeinandertreffen Gleichgesinnter im Straßenverkehr ergeben.“ Organisierte illegale Rennen hingegen mit häufig internationalem Streckenverlauf und zum Teil mehrtägiger Dauer seien 2023 und 2024 nicht festgestellt worden.
Die Fahrer: Männlich, jung und im Besitz leistungsstarker Fahrzeuge
Warum rasen manche Menschen gerne? Verkehrspsychologen beschäftigt das Thema auch. Als Gründe werden von ihnen mangelndes Selbstwertgefühl, Stressabbau und das Austesten von Grenzen genannt. Zugleich mangelt es den Fahrern oft an Empathie und am Bewusstsein für die möglichen Folgen. Wie man an den genannten Fällen sehen kann, ist auch immer wieder Alkohol im Spiel.
Welche Menschen mit welchen Fahrzeugen sich Rennen liefern, wertet die Polizei nicht statistisch aus. Erfahrungsgemäß seien die Teilnehmer privater illegaler Kraftfahrzeugrennen zum größten Teil „männlich und jünger als 30 Jahre sowie im Besitz leistungsstarker Fahrzeuge unterschiedlicher Marken“, erklärt der Polizeisprecher weiter. „Hotspots“, an denen besonders viele solcher Rennen gefahren werden, seien jedoch nicht festzustellen. „Die Tatorte sind über den ganzen Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd verteilt.“
Verstärkte Kontrollen
Um Unfallgefahren zu reduzieren, führt die Polizei im Rahmen eines Verkehrssicherheitskonzept Schwerpunktkontrollen und regelmäßige Überwachungsmaßnahmen am Roßfeld, Sudelfeld, Sylvenstein oder Kesselberg durch - mit einem besonderen Augenmerk auf motorisierte Zweiräder.
Zudem soll die Sicherheit durch das Verkehrssicherheitsprogramm 2030 „Bayern mobil – sicher ans Ziel“ erhöht werden. Auch die polizeilichen Kontrollen mit dem Schwerpunkt auf Landstraßen werden fortgesetzt. „Hier führen wir zum Beispiel streckenbezogene Geschwindigkeitsüberwachungsaktionen ein. Gleichzeitig verstärken wir unsere Präventionsarbeit zu den Hauptunfallursachen mit umfassenden Kampagnen. Gegen aggressives Fahrverhalten und illegale Fahrzeugrennen schreitet die Bayerische Polizei weiterhin konsequent ein“, heißt es aus dem Polizeipräsidium. (mf)