Nach freihändiger Watzmann-Überschreitung
Jenner-Video geht viral durch die Decke: Berchtesgadener Trailrunner von „Kommentarhelden“ genervt
Schnee im September ist selbst für Berchtesgadener Verhältnisse etwas Besonderes. Durch 1,2 Meter hohe Wände walzte sich Richard Utzmeier am Jenner - am Ende drehte er aber sogar wieder um. Wie schon bei seiner Watzmann-Überschreitung schauten wieder Millionen zu. Die ganze Kritik ist dem erfahrenen Bergmann aber egal. „Ich werde genau so weitermachen“, sagt er.
Schönau am Königssee - Nach seiner kürzlichen Watzmann-Überschreitung, die ebenfalls für viele Diskussionen sorgte, ging sein Jenner-Ausflug im Schnee nun viral. Warum seine Videos so ins Rampenlicht geraten, das kann der Trailrunner aus dem Berchtesgadener Land eigentlich gar nicht so genau sagen. „Keine Ahnung, warum das wieder so abgeht”, sagt er. Seitdem Richard Utzmeier freihändig den Watzmanngrat überschritt, ist sein Instagram-Account explodiert. Es trudelten so viele Mitteilungen ein, dass er sein Smartphone an einem Tag gleich zweimal laden musste, erinnert er sich.
Mit dem kürzlichen Wintereinbruch oberhalb von 1400 Metern kam die Lust auf den ersten Schnee: Am vergangenen Wochenende rückte der 27-Jährige wieder aus. Nicht zum Watzmann, sondern auf den Jenner, unterhalb der Krautkaserhang-Bergstation auf mehr als 1400 Metern. „An dieser Stelle war der Schnee schon sehr hoch, hatte aber noch keine Neigung zu rutschen”, teilt der erfahrene Trailrunner mit. Gefahr herrschte keine, es sei nur recht anstrengend gewesen, sich fortzubewegen.
Durch den hüfthohen Schnee gekämpft
Erneut ist das Video nur wenige Sekunden lang. Utzmeier kämpft sich darin durch mehr als hüfthohen Schnee, in der einen Hand Stöcke, in der anderen Hand die Kamera. „September in Berchtesgaden” schreibt er dazu. Mehr als 36.000 Likes hat er für den Sekundenclip bekommen und so viel Kritik, dass man damit ein Buch füllen könnte. Vermutlich sind es die außergewöhnlichen Umstände, die seine Videos so viral gehen lassen.
Utzmeier ist nach seiner Watzmann-Überschreitung bereits geimpft davor, dass es Kritik hagelt. All die „Kommentarhelden”, die immerzu Weltuntergangsstimmung verbreiten, die nerven, findet er. Damit meint er die, die das, was er tut, schlecht machen und damit gleichzeitig jede Menge Panik verbreiten. Das klassische Social-Media-Syndrom eben. Dabei möchte er nur guten Berg-Content kreieren, sagt er, schöne Bewegtbilder von all seinen Touren in den heimischen Bergen. Das Video am Jenner solle einfach zeigen, wie viel Schnee liegt und dass es definitiv keine normale Wetterlage ist. Vorbildlich finden das einige. Andere sehen es anders.
Antwort auf „Animiert zur Nachahmung“
Da interessiert es den Trailrunner kaum, wenn einer schreibt: „Animiert zur Nachahmung.” Utzmeier entgegnet dann: „Wenn ich Videos von Basejumpern sehe, springe ich ja auch nicht vom nächsten Hochhaus.”
Die einen kritisieren seine Kleidung und die anderen, dass er nicht mit Skiern unterwegs ist und dass er sich unnötig in Gefahr bringt, wenn er sich so durch die weiße Schneewand am Hang schiebt. Im Rucksack hatte Utzmeier übrigens zwei Pullover mit dabei, eine Regenjacke, Mütze und Handschuhe sowieso. Was er am Ende aber trägt, müsse ihm aber selbst überlassen werden.
Für Utzmeier gibt es kein schlechtes Wetter
„Natürlich habe ich Skier, aber im September habe ich keinen Bock darauf”, lautet seine allgemeine Antwort auf die Frage, warum er keine Skier mit dabei habe. Alles hat seine Zeit, sagt er. Jetzt mit den Skiern vieles zu zerstören, weil noch keine Unterlage da ist, „wäre unverantwortlich“.
Utzmeier ist gerne draußen in der Natur unterwegs. Für ihn gibt es nach eigener Aussage kein schlechtes Wetter. Ob Sonne, Regen oder Schnee: Man braucht halt die entsprechende Ausrüstung. Das Wichtigste: viel Erfahrung, die für so manchen Ausflug in die Berge notwendig ist. Ob er auch schon mal an die Möglichkeit eines Schneebretts gedacht habe? „Sehr intensiv sogar“, gibt er zu.
Es blieb bei einer kurzen Stippvisite
Tatsächlich ist Utzmeier irgendwann sogar umgekehrt. „Weiter oben wäre die Lawinengefahr auch zu groß gewesen”, sagt er. Er hat es dann bei seiner kurzen Stippvisite in den Höhenlagen belassen. Ursprünglich wäre Utzmeier sowieso lieber zum Biken gegangen, wie er sagt.
Einige, die in den kommenden Wochen nach Berchtesgaden in den Urlaub wollen, äußern Bedenken, dass es mit dem Bergwandern nun nichts mehr wird. „Im gesamten bayerischen Alpenraum liegt oberhalb von circa 1200 bis 1400 Meter eine geschlossene Schneedecke”, teilt der Lawinenwarndienst Bayern Anfang dieser Woche mit. Tägliche Lawinenlageberichte gibt es aktuell noch nicht. Erst, sobald sich „eine dauerhafte, geschlossene Schneedecke ausgebildet hat und Wintersport in den bayerischen Alpen möglich ist”, sollen auch die täglichen Lageberichte wieder folgen.
Der Trailrunner freut sich nun auf weitere Touren. „Vielleicht sieht man ja mal den einen oder anderen ähnlich Verrückten”. Sein Ratschlag für alle Tourengeher: „Berg heil und stay safe out there”. (kp)