Tourismus & Stadtmarketing sowie Rufo befürworten Idee
Tempo 30 in Bad Reichenhall? OB Lung: „Strikte Anti-Auto-Politik kann nicht die Lösung sein“
Tempo 30 in Städten, das sorgt immer wieder für Diskussionen. Diese stehen auch Bad Reichenhall bevor, denn die SPD will ein flächendeckendes Tempolimit in der Kurstadt vorantreiben. Für sie liegen die positiven Argumente auf der Hand. Die Reaktionen von OB Lung, dem Tourismus & Stadtmarketing sowie dem Reichenhaller Unternehmerforum (Rufo) darauf fallen unterschiedlich aus.
Bad Reichenhall - Gudio Boguslawski weiß, dass er „viel Widerspruch“ ernten wird, wenn er sowohl als Stadtrat als auch als SPD-Ortsvorsitzender die Forderung nach Tempo 30 im Reichenhaller Stadtgebiet offensiv vertreten wird. Für ihn und den Ortsverein sprechen viele Gründe für ein solches Tempolimit. Den Stein des Anstoßes liefern Neuregelungen im Straßenverkehrsrecht, denen der Bundesrat vor wenigen Wochen zustimmte. Diese sehen unter anderem vor, dass Kommunen leichter Tempo-30-Zonen anordnen können.
Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung verweist darauf, dass es sich bislang lediglich um den Vorschlag einer Partei handelt. Ein Stadtratsantrag oder nähere Informationen zu dem Vorstoß liegen ihm nicht vor. „Wir werden uns im Einzelnen erst noch mit den Inhalten dieser Reform auseinandersetzen müssen“, so Lung. „Da, wo wir aus eigener Kraft sinnvolle Verbesserungen erreichen können, bin ich für Änderungen aufgeschlossen.“
„Überzogen und im Ergebnis kontraproduktiv“
Aber: Ein flächendeckendes Tempo-30 in der gesamten Innenstadt hält er für zu undifferenziert. „Das wäre nach meiner Auffassung überzogen und im Ergebnis kontraproduktiv. Eine strikte Anti-Auto-Politik kann nicht die Lösung sein. Denn viele Menschen in unserer ländlichen Region und auch in unserer Stadt sind auf ihr Auto angewiesen“, betont der Oberbürgermeister.
Dann haben wir auch einen Handlungsleitfaden für die anstehenden Entscheidungen.
„Ich bin für eine vernünftige Herangehensweise. Wir wollen eine attraktive Stadt sein und haben darum schon heute eine große Fußgängerzone und darüber hinaus viele verkehrsberuhigte Bereiche und Tempo-30-Zonen. Andererseits kommen nach wie vor auch viele Gäste und Besucher unserer schönen Innenstadt mit dem Auto.“ Diese Balance gelte es zu wahren, am besten entlang eines Gesamtkonzeptes. Lung: „Ich bin darum froh, wenn wir nach den Sommerferien das Integrierte Stadtentwicklungskonzept vorliegen haben. Dann haben wir auch einen Handlungsleitfaden für die anstehenden Entscheidungen.“
Entlang der Innenstadt, den Kurgarten und dem Kurviertel vom Bahnhof bis zum Stachus
Für Ursula Friedsam, Geschäftsführerin Tourismus und Stadtmarketing, ist klar: „Bad Reichenhall war und ist schon immer nachhaltig unterwegs. Als Kurort, der auf sein Klima und die Naturschätze Salz, Sole, Latschenkiefer und Wasser achtet, ist dies ein sehr wichtiges Thema.“ Sie erachtet Tempo 30 „für eine Gesundheitsdestination wie Bad Reichenhall“ als durchaus diskussionswürdig. „Zum Beispiel entlang der Innenstadt, dem Kurgarten und dem Kurviertel vom Bahnhof bis zum Stachus Innsbrucker Straße“, schlägt sie vor.
Dies könne zur Vermeidung von Durchgangsverkehr beitragen, zu mehr Sicherheit auf den Straßen führen und dazu motivieren, statt dem Auto auch einmal auf das Fahrrad umzusteigen. „Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch das Radl-Aufkommen in der Fußgängerzone stark reduzieren würde. Und als Erholungsort würde eine Lärmreduktion durch Tempo 30 sowohl Gästen als auch Einheimischen sehr zugutekommen“, glaubt Friedsam. Wohl wissend, dass es viel Geld kostet, würden Sie und ihr Team sich ein Parkleitsystem wünschen, „weil auch damit unnötiger Verkehr vermieden werden könnte“.
Mehr Sicherheit und eine höhere Beruhigung des Verkehrs
Auch beim Reichenhaller Unternehmerforum (Rufo) stößt der Vorschlag für Tempo 30 durchaus auf Zustimmung. „Wir würden das grundsätzlich begrüßen“, erklärt der Vorsitzende Klaus Unterharnscheidt. Auch er führt das Argument Kurstadt auf, „deshalb ist Luftqualität besonders wichtig“. Doch nicht nur das: Aus Sicht des Rufo würde ein Tempolimit nicht nur die Verkehrssicherheit erhöhen, sondern auch zur Lärmberuhigung führen. „Und die Stadtteile könnte mehr zusammenwachsen, weil sie durch den Verkehr auf der Bundesstraße durchaus getrennt sind.“
Wenn die Urlaubsgäste aus dem Bahnhof heraustreten und die Verkehrsberuhigung bemerken, ist das auch für den Tourismus attraktiv.
Die Münchener Allee wäre denkbar, aber sicherlich sinnvoll wäre eine solche Geschwindigkeitsbegrenzung zwischen Bahnhof und Stachus. „Wenn die Urlaubsgäste aus dem Bahnhof heraustreten und die Verkehrsberuhigung bemerken, ist das auch für den Tourismus attraktiv. Und wir haben hier viele Geschäfte und Parkplätze auf beiden Seiten der Straße.“
Der Rufo-Vorsitzende kann sich durchaus vorstellen, dass sich vielleicht ergeben noch weitere Maßnahmen ergeben, zum Beispiel Ampel-Kreuzungen durch Kreisel ersetzen oder neue Fahrradspuren einführen. „Dadurch ist man im Verkehr auch nicht unbedingt langsamer unterwegs“, findet Unterharnscheidt. Doch auch er macht wie OB Lung darauf aufmerksam, dass man auch die ISEK-Ergebnisse berücksichtigen sollte. „Vielleicht passt das zur Tempo-30-Thematik.“ (ms)