Es klingelt und da steht jemand in Uniform oder Arbeitskleidung vor der Tür. Wer sollte dabei Böses denken? Doch auch hier heißt es Vorsicht, denn: Erst vor ein paar Tagen waren „falsche“ Mitarbeiter der Reichenhaller Stadtwerke unterwegs. Was sie bezwecken und was man im Zweifelsfall tun kann, erklärt Polizeihauptkommissar Karl-Heinz Busch im Interview.
Bad Reichenhall - „Betrüger unterwegs!“ Die Warnung der Stadtwerke wurde auf Facebook inzwischen rund 120 mal geteilt. Demnach sollen sich Kriminelle als Mitarbeiter ausgeben und an Haustüren klingeln. Auf Anfrage heißt es von Seiten der Stadtwerke, dass es einen Kundenhinweis gab. Das Problem: Derzeit sind auch „echte“ Mitarbeiter in der Kurstadt unterwegs. Die Stadtwerke empfehlen daher, nach einem Dienstausweis zu fragen.
„Unsere Kollegen können sich als Mitarbeiter der Stadtwerke Bad Reichenhall ausweisen. Sie tragen einen Dienstausweis mit sich und zeigen diesen (auf Nachfrage) auch gerne vor. Er dient der Erkennung der Mitarbeiter und hilft, anhand des Namens und eines Fotos sowie weiterer Informationen den Mitarbeiter zu identifizieren.“ Um Fälschungen zu vermeiden, wird aber nicht weiter beschrieben, wie dieser Ausweis konkret aussieht. „Auf Nachfrage können wir aber selbstverständlich mitteilen, ob der Mitarbeiter für uns derzeit im Außendienst tätig und bei uns beschäftigt ist.“ Nachhaken könne man unter der Telefonnummer 08651 705-0.
Die Polizei klärt auf und gibt Ratschläge
Da es sich hierbei um eine typische Betrugsmasche handelt, gibt auch Karl-Heinz Busch von der kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Bad Reichenhall im Interview Auskunft über die Motive und was man dagegen machen kann.
Es kommt ja immer wieder vor, dass sich Betrüger als „falsche“ Beamte oder Mitarbeiter von Firmen und Behörden ausgeben. Welche Vorgehensweise empfiehlt die Polizei im Falle eines Zweifels?
Lassen Sie sich von angeblichen Beamten oder Amtspersonen den Dienstausweis, von Handwerkern den Auftrag zeigen. Fragen Sie nach Name, Titel, Aktenzeichen, Auftragsnummer sowie Dienststelle, Behörde oder Firma und den Grund des Besuchs. Lässt sich der Grund des Besuches nicht zweifelsfrei klären oder Sie haben auch nur den geringsten Zweifel, dann rufen Sie die Dienststelle, Behörde oder Firma an. Suchen Sie sich dazu jedoch die Telefonnummer selbst aus dem Telefonbuch oder Internet heraus.
Grundsätzlich müssen Sie niemanden unangemeldet ins Haus bzw. die Wohnung lassen, wenn Sie einen Handwerker nicht selbst bestellt haben oder dieser beispielsweise von der Hausverwaltung angekündigt worden sind. Und: Bevor Sie zum Telefon gehen, schließen Sie die Haus- oder Wohnungstür, damit niemand ungesehen in Haus oder die Wohnung gelangen kann. Lassen Sie die Besucher vor der verschlossenen Tür warten. Jede Person mit einem berechtigten Anliegen versteht Ihre Vorgehensweise in diesem Fall. Bestellen Sie die unangekündigten „Besucher“ zu einem späteren Termin, wenn beispielsweise eine Vertrauensperson (Freunde, Nachbarn) mit vor Ort sein kann. Zwei Personen haben die „Besucher“ besser im Blick.
Was bezwecken die Betrüger?
Es gibt Kriminelle, die insbesondere alleinstehende ältere Menschen gezielt in ihren Häusern oder Wohnungen aufsuchen, um sie zu bestehlen. Oft dient den Tätern dabei das Telefonbuch (alte Vornamen z.B. Adolf und Josefine, kurze drei- und vierstellige Telefonnummer, Straße und Hausnummer), als Informationsquelle. Hinzu kommt, dass diese Tätergruppen sehr erfinderisch sind. Sie täuschen dazu Unfälle in nächster Nähe oder Notlagen wie Wasserrohrbruch und Gasaustritt vor. Es wird Druck aufgebaut, um die Menschen zu verunsichern. Ziel der Kriminellen ist es immer, ins Haus oder die Wohnung zu gelangen. Lassen Sie sich auch bei angeblichen Notfällen nicht drängen.
Bekannt sind zudem auch die Maschen: „Kann ich bitte ein Glas Wasser haben?“, „Haben Sie Papier und Stift? Der Nachbar ist nicht zu Hause“, „Ich hatte einen Unfall und müsste telefonieren“, „Darf mein Kind bei ihnen kurz auf die Toilette?“ Des Weiteren gibt es Kriminelle, die eine persönliche Beziehung vortäuschen und ihnen vermeintliche Grüße von Verwandten überbringen. Ziel dabei immer, in die Wohnung zu gelangen und dazu wird die Hilfsbereitschaft ausgenutzt.
Darf man die 110 anrufen, wenn einem etwas eigenartig vorkommt?
Ganz klar ja und lieber einmal mehr als einmal zu wenig. Melden Sie sich nicht erst, wenn etwas passiert ist bzw. Sie bereits zum Opfer wurden. Rufen Sie die Polizei unter der 110 an, ohne Vorwahl vom Handy oder Festnetz. Sie gelangen damit immer in unsere Einsatzzentrale in Rosenheim. Diese ist 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr mit mehreren Kolleginnen und Kollegen besetzt. Auch wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt: rufen Sie uns an und teilen uns dies mit! Nur, wenn wir informiert sind, können wir helfen.
Haben Sie eine skurrile Geschichte eines solchen Betrugsversuchs als Beispiel?
Aus dem Bereich Traunwalchen berichtete vor wenigen Tagen eine geschädigte Bürgerin von folgender Masche: Eine Putzfrau bewirbt sich um eine Putzstelle und kommt zum „Probeputzen“. Nach zwei, drei Stunden trifft sie die Entscheidung, die Putzstelle aus verschiedenen Gründen nicht anzunehmen. Nach einiger Zeit bemerkt die Hausfrau das Fehlen einiger Schmuckstücke, und zwar der wertvolleren.
Was passiert, wenn sich Bürger im Grenzbereich aufhalten und dort die 110 wählen?
Der Anrufer wird automatisch in die entsprechende Einsatzzentrale dieses Landes verbunden, mit deren Funkzelle das Mobiltelefon bzw. die entsprechende Sim-Karte eingebucht ist.
Stellt der Polizeibeamte am Notruf fest, dass sich der Gesprächspartner jedoch tatsächlich im Land der ausländischen Zuständigkeit befindet, wird das Gespräch sofort, ohne dass der Bürger erneut den Notruf wählen muss, an die richtige und tatsächlich zuständige Einsatzzentrale verbunden bzw. vermittelt.
Die gleiche Verfahrensweise wird auch angewandt, wenn sich diese Problematik im Bereich von Polizeipräsidiumsgrenzen ergibt. Hier kann jedoch die zuerst erreichte Einsatzzentrale einen Einsatz im Einsatzleitsystem anlegen, und diesen an die zuständige Einsatzzentrale senden. Parallel wird auch in diesem Fall der Gesprächsteilnehmer an einen Notrufdisponent der zuständigen Einsatzzentrale verbunden.
mf