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Wegen dreister Betrüger: Suizid wegen Schamgefühl?

Polizei will auch im BGL „an den Frühstückstisch“, um Senioren zu schützen

Bäckereiinhaberin Steffi Ernst übergibt einer Kundin Breze und Semmel in der neuen Polizeitüte.
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Bäckereiinhaberin Steffi Ernst übergibt einer Kundin Breze und Semmel in der neuen Polizeitüte.

„Es geht um Ihr Geld” - der Schriftzug prangt auf der Tüte in der Bäckerei um die Ecke. Seit wenigen Tagen liegen die Bäckertüten des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, die vor Trickbetrügern warnen, aus. Bei der Bäckerinnung Berchtesgadener Land-Traunstein begrüßt man den Vorstoß. Kriminalhauptkommissar Karl-Heinz Busch hofft, dass viele weitere Bäckereien auf den Zug aufspringen. „So erreichen wir auch ältere Leute.” 

Landkreis Berchtesgadener Land - 300.000 Euro hatte eine Dame aus dem Bereich Garmisch-Partenkirchen in Goldbarren Zuhause. „Sie fürchtete Negativzinsen, deshalb hatte sie die Barren griffbereit“, sagt Karl-Heinz Busch. Trickbetrüger erleichterten sie am Ende um ihren Wert.

Täglich werden im Zuständigkeitsgebiet des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd Betrugsversuche gemeldet. Bis Ende November waren es 2474 - mehr als doppelt so viele wie im vergangenen Jahr, als die Polizei 1167 Fälle registrierte. 

„Unser Ziel ist es, möglichst viele Bürger präventiv aufzuklären”, sagt Stefan Scharf, 1. Polizeihauptkommissar und Leiter der Polizeiinspektion Berchtesgaden. Die Bäckertüte erachtet er als geeignete Möglichkeit, auch jene zu erreichen, die vom Trickbetrug bislang noch nichts gehört haben. Und das sind viele. Zwar gehen die Vollendungen, also die erfolgreichen Betrügereien bis zur Übergabe, insgesamt zurück, doch das Vorgehen wird immer perfider.

Betrugsversuche via WhatsApp oder Bot-Anrufe

Jeder Bürger erlebt fast täglich Betrugsversuche”, sagt Polizeihauptkommissar Stefan Scharf. Ob per E-Mail, per WhatsApp, via SMS oder durch computergesteuerte Bot-Anrufe. 55 Geldübergaben gab es im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern-Süd 2022. Bis Ende November dieses Jahr liegt die Zahl der registrierten Übergaben bei 39 Fällen. 

Die Dunkelziffer ist hoch, „denn das Schamgefühl, das einer hat, der erfolgreich betrogen wurde, spielt eine wichtige Rolle”, sagt Karl-Heinz Busch. Bei der Polizei geht man davon aus, dass solche Vorfälle bei älteren Personen massive Auswirkungen haben können. “Wir wissen von Vorfällen aus dem Norden, die am Ende zum Suizid führten”, sagt Busch. 

Dreiste Anrufer sprechen von schweren Unfällen

Ein Heulen und eine völlig verweinte Stimme, die um Hilfe bitte? Eine Amtsperson, die von einem Verkehrsunfall berichtet? Der Enkel, der schwerstverletzt im Krankenhaus liegt? „Wenn im Telefonat plötzlich das Thema ‘Geld’ eine Rolle spielt, sollte man sofort auflegen”, sagt Stefan Scharf. Eine Unterscheidung zwischen Wahrheit und Betrugsversuch wird zunehmend schwieriger. Künftig wird sich die Polizei mit KI-generierten Computerstimmen auseinandersetzen müssen, die vertraute Personen nachahmen.

In Social Media setzen bereits viele Influencer auf die technischen Möglichkeiten, um ihre eigenen Stimmen zu kopieren. Trickbetrüger werden sich des Features annehmen, so viel ist sicher. Erfahrungen damit hat man im Polizeipräsidium damit bislang noch nicht gemacht, sagt Karl-Heinz Busch. 

Betrug zum Thema am Küchentisch machen

Steffi Ernst ist Inhaberin einer Bäckerei in Berchtesgaden. Sie unterstützt die Aktion mit der Bäckertüte und sagt: „Ich finde das eine gelungene Sache und einen guten Weg, ältere Leute zu erreichen.” Vor allem Betagte fallen auf Betrugsversuche rein. Ausnahmen bestätigen die Regel. Der Gang zum Bäcker ist für Senioren oft noch Teil des Alltags. „Wenn die Tüte dann am Frühstückstisch liegt, wird darüber gesprochen”, hofft Karl-Heinz Busch. 213 000 Tüten hat das Polizeipräsidium in Auftrag gegeben. Wenn die Aktion erfolgreich ist, möchte man im kommenden Jahr nachlegen. Vor allem will man aber noch weitere Bäckereien gewinnen, die auf den Zug mit aufspringen. 

Bei der BÄKO Bad Reichenhall begrüßt man die Aktion, bestätigt dort Michael Gabert auf Anfrage. Von der BÄKO ausgehend werden Bäckertüten an heimische Bäckerhandwerksbetriebe verteilt. Auch die Bäckerinnung Berchtesgadener Land-Traunstein erachtet die von der Polizei eingeleitete Präventionsmaßnahme als sinnvoll. Der Landesinnungsverband Bayern hatte diese mitorganisiert. „Wir können aber keinen Bäcker zwingen, daran teilzunehmen”, sagt Stefan Neumeier aus Anger. Er ist der Obermeister der hiesigen Bäckerinnung. 

Bei den Kunden sticht die Tüte zumindest ins Auge - sie fällt auf: Die blau-rote Farbe sticht ins Auge: „Schockanruf” prangt in großen Lettern auf dem Semmelbeutel. “Wenn es uns gelingt, auch nur einen Trickbetrug damit zu verhindern, haben wir unser Ziel erreicht”, sagt Berchtesgadens Polizeichef.

kp

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