Polizei Berchtesgaden würdigt Handeln der Angestellten
Bankmitarbeiter verhindern Trickbetrug: Seniorin verlor beinahe 25.000 Euro
Trickbetrüger brachten eine 83-jährige Seniorin schon so weit, dass sie bei der Sparkasse Berchtesgaden 25.000 Euro abheben wollte. Martina Ilsanker und Johann Fischer wurden hellhörig, als die Frau ihnen die vermeintliche Notlage schilderte, und alarmierten die Polizei. Die Beamten würdigten ihren Einsatz in einer kleinen Feierstunde. Wie viel Glück und Zufall eine Rolle spielten, wurde bei der Ehrung deutlich.
Berchtesgaden - Jede Menge Glück und Zufall verhinderten am 7. August, dass eine Seniorin sowohl ihren Schmuck als auch 25.000 Euro an Kriminelle übergab. Glück, weil die aufmerksame Martina Ilsanker am Schalter der Sparkassen-Geschäftsstelle Berchtesgaden hellhörig wurde und ihre Kunden gut kennt. Zufall, weil genau zu diesem Zeitpunkt der stellvertretende Leiter der Bank, Johann Fischer, an der Kasse war und auf die Dame einreden konnte. Nochmals Glück, weil die Seniorin unbedingt das Geld haben wollte und den Trickbetrug erst erkannte, als sie ihre richtige Enkeltochter am Telefon erreichte. Da Ilsanker und Fischer der 83-Jährigen einen großen finanziellen, aber auch psychischen Schaden erspart haben, wurden die beiden Bankmitarbeiter am Donnerstagmorgen von der Polizeiinspektion Berchtesgaden geehrt.
Ilsanker schildert im Rittersaal eindringlich, wie sie den besagten 7. August erlebt hat und wieso ihr die Seniorin von Anfang an seltsam vorkam. Sie arbeitet seit 30 Jahren in der Geschäftsstelle und seit 2016 allein am Schalter. „Ich kenne die Kunden schon lange, und an diesem Montag wirkte die Seniorin sehr nervös. Sie hatten auch glasige Augen und trug Schmuck, den sie sonst nie trug”, erinnert sich die Geehrte. Als sie der 83-Jährigen erklärte, dass eine solche Geldsumme erst vorbereitet werden müsse, habe diese entgegnet, dass sie den Betrag „sofort” benötigt. Spätestens jetzt war Ilsanker klar, dass etwas nicht stimmt.
„Sie flüsterte, dass die Staatsanwältin am Telefon sei“
Wie es der Zufall wollte, konnte sie ihren Vorgesetzten Johann Fischer in den Vorfall mit einbeziehen, der sich in diesem Moment an der Kasse aufhielt. Er bat die Dame in sein Büro und erklärte ihr, dass es sich wahrscheinlich um eine Betrugsmasche handelt. „Sie wollte zuerst gar nicht mit. Die Seniorin war wie in einem Tunnel und wollte unbedingt das Geld”, so Fischer. Sie habe sogar geflüstert, dass die Staatsanwältin am Telefon sei, welches in ihrer Jackentasche lag.
Eine falsche Polizeibeamtin hatte sie angerufen und geschildert, dass ihre Enkeltochter in einen tödlichen Unfall verwickelt war und nur gegen Zahlung einer Kaution ein Gefängnisaufenthalt verhindert werden könne. Um der falschen Situation Nachdruck zu verleihen, holte die Betrügerin eine vermeintliche Staatsanwältin an den Hörer, die noch mehr Druck auf das Opfer aufbaute. Als die 83-Jährige entgegnete, dass sie Zuhause nur Schmuck habe und zuerst zur Bank müsse, um das Geld abzuheben, forderten die Betrüger sie sogar dazu auf, ihren Schmuck mitzunehmen und schnellstmöglich das Geld vom Konto abzuheben. Ein ähnlicher Fall ereignete sich auch im Jahr 2022, woraufhin ein Taxifahrer für sein aufmerksames Verhalten im Mai 2023 geehrt wurde.
Anruf bei Enkeltochter bringt Klarheit
Als das Opfer dem stellvertretenden Bankdirektor Fischer in der Berchtesgadener Geschäftsstelle die vermeintliche Notlage schilderte, alarmierte dieser parallel zu seinem Aufklärungsgespräch die Polizei. Als er zusammen mit der Seniorin die Enkeltochter auf ihrer richtigen Nummer anrief und diese bestätigte, dass sie ganz normal bei der Arbeit sei, da wurde der Seniorin klar, dass sie beinahe einen großen Fehler gemacht hätte. Wie Martina Ilsanker schildert, war die Frau zunächst so verwirrt und fertig, dass sie erst nach Hause gegangen sei. „Erst am nächsten Tag kam sie, um sich zu bedanken”, erzählt Ilsanker ohne jeglichen Vorwurf, denn: In ihrer Familie musste sie bereits einen ähnliche Situation erleben.
Da läuft es selbst uns als Beamten eiskalt den Rücken herunter.
„Meiner Mutter wurde damals eine ähnliche Notlage vorgespielt und zum Glück kam ich gerade nach Hause. Sie war total aufgelöst, zitterte am ganzen Körper und musste erst beruhigt werden, damit sie klar denken konnte”, erinnert sich die Bankmitarbeiterin. Für Karl-Heinz-Busch sind solche Geschichten Alltag. Als kriminalpolizeilicher Fachberater „Einbruchschutz und Prävention” der Polizeiinspektion Traunstein weiß er ganz genau, mit welchen Methoden die Betrüger arbeiten und wie sehr die Opfer unter Druck gesetzt werden. Mit welcher Professionalität und Rücksichtslosigkeit die Täter agieren, „da läuft es selbst uns als Beamten immer wieder eiskalt den Rücken herunter”.
Umso wichtiger für ihn sowie Stefan Scharf und Thomas Kaniber von der Berchtesgadener Polizeiinspektion, wenn durch aufmerksames Handeln - wie im Falle der beiden Bankmitarbeiter oder wie im Vorjahr bei einem ähnliche Versuch in Bad Reichenhall - größeres Leid verhindert wird. „Es geht nicht nur um den finanziellen, sondern auch um den psychischen Schaden. Die Opfer ziehen sich meistens komplett aus ihrem Leben zurück”, so Busch. Er betont: Die Polizei verlange niemals Geld, und schon gar nicht erst Schmuck. Und das Thema Kaution sei nur aufgrund amerikanischer Filme und Krimiserien in den Köpfen. Zudem könne man jederzeit bei den Dienststellen der Beamten anrufen, denn: „Lieber einmal zu viel als zu wenig angerufen und auf Nummer sichergegangen.“
Schadenssumme deutlich angestiegen
Wie aktuell das Thema ist, machte er auch anhand von Zahlen deutlich: Im Jahr 2021 lag die Schadenssumme bei angezeigten Fällen im Gebiet des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd bei 670.000 Euro. 2022 stieg die Summe auf über 2,3 Millionen Euro. Busch: „Da viele Opfer ihren Schaden nicht anzeigen, dürfte die Dunkelziffer um das Zweifache, wenn nicht sogar um das Vierfache höher liegen.” Nicht nur deshalb sind die Beamten darum bemüht, neue Strategien zu entwickeln und vor allem Senioren, die meistens in das Visier der Betrüger geraten, aufzuklären.