Smart Meter in Deutschland
Strom könnte für alle so viel billiger sein – wenn Hausbesitzer aktiv werden würden
In Deutschland ist Strom teuer – teurer als anderswo. Durch eine einfache Maßnahme könnte der Strompreis für alle gesenkt werden. Aber zu wenige wissen Bescheid.
München – Strom ist in Deutschland teuer. Zu teuer eigentlich, wenn der Energieverbrauch in Zukunft mehr und mehr elektrifiziert werden soll. E-Autos und Wärmepumpen statt Verbrenner in der Garage und im Heizungskeller, das ist der aktuelle Konsens. Gleichzeitig sind in Deutschland die Strompreise nahezu die höchsten in ganz Europa. Laut Daten der Statistikbehörde Eurostat zahlt eine vierköpfige Familie nur in Dänemark mehr Strom als hierzulande. In allen anderen untersuchten Ländern zahlt man weniger, in Polen sogar nur die Hälfte dessen, was eine deutsche Familie zahlt.
Dabei könnte es alles anders sein. Strom kann hier billiger werden. Noch besser eigentlich: Er kann für jeden einzelnen billiger werden auch ohne staatliches Zutun. Doch zu wenige Menschen wissen Bescheid.
Strom in Deutschland ist teuer: Regierung wird Stromsteuer wohl nicht absenken
Natürlich könnte auch die Bundesregierung die Strompreise absenken. In Deutschland besteht der Strompreis zu 47,8 Prozent (Stand 2023, Daten der Bundesnetzagentur) aus Steuern, Abgaben und Netzentgelten. Die andere Hälfte sind Beschaffungskosten und Marge der Stromunternehmen. Es wäre also ganz grundsätzlich möglich, die Stromsteuer zu senken und damit den Preis für jeden Haushalt maßgeblich zu beeinflussen.
Doch angesichts knapper Kassen ist das aktuell zumindest nicht mehr als Wunschdenken. Der Staat hat 2023 aus der Stromsteuer 6,9 Milliarden Euro eingenommen. Allein die Bundesnetzagentur hat im selben Jahr 113 Millionen Euro an den Bund gezahlt. Die aktuelle Regierung wird auf diese Einnahmen nicht verzichten wollen oder können.
Es gibt aber auch einen Weg, den Strompreis abzusenken, den Verbraucher selbst in der Hand haben. Nur ist er wenig bekannt und wird auch von den örtlichen Netzbetreibern nicht wirklich aktiv beworben.
Smart Meter könnten Strompreis drücken – Sparpotenzial von 600 Euro im Jahr
Die Rede ist von Smart Metern, also intelligenten Stromzählern. Unter Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), ist ein Gesetz verabschiedet worden, das den Einbau dieser Systeme beschleunigen soll. Ab 2025 müssen Großstromverbraucher (ab 6000 kWh/Jahr) Smart Meter nach und nach einbauen, aber auch normale Haushalte dürfen ein solches Messsystem erhalten, wenn sie das vom Messstellenbetreiber (in der Regel Stadtwerke) anfordern. Also: Verbraucher haben ein Recht auf diese neuen Systeme, die auch kostenseitig gedeckelt werden. Bis 2032 sollen die Smart Meter flächendeckend in deutschen Haushalten und Unternehmen zum Einsatz kommen.
Die Kosten für einen solchen Stromzähler sind mit dem Gesetz gedeckelt worden: Maximal 30 Euro darf der Einbau künftig kosten. Die Großstromverbraucher (bei 6000 kWh/Jahr betrifft das mitunter auch Familien) können den Smart Meter sogar kostenlos bekommen können, wenn die Installation vom Messstellenbetreiber angeordnet wird. (Wer als Großstromverbraucher den Smart Meter schon früher als geplant erhalten will, der muss eine Gebühr zahlen.)
Wer einen solchen Smart Meter dann hat, der kann dann seinen eigenen Stromverbrauch mit der Verfügbarkeit und Auslastung im Stromnetz quasi „abgleichen“. Mit einem dynamischen Stromtarif – wie ihn übrigens alle Stromanbieter ab 2025 anbieten müssen – können Kunden den Verbrauch so einstellen, dass insbesondere die großen Stromschlucker (Wärmpumpen, E-Autos, oder auch Waschmaschinen und Geschirrspüler) hauptsächlich zu besonders günstigen Zeiten laufen. Also: Wenn gerade sehr viel Strom produziert wird, weil die Sonne strahlt und der Wind weht, dann wird das E-Auto aufgeladen, da der Preis in den Keller rutscht. Laut Berechnungen der Denkfabrik Agora Energiewende können so die Stromkosten von privaten Haushalten um bis zu 600 Euro im Jahr gedrückt werden.
Smart Meter im europäischen Vergleich: Deutschland ist Spätzünder
Leider kommt der Einbau von Smart Metern in Deutschland einfach nicht voran. Gut, jetzt greift auch das Smart Meter Gesetz noch nicht, könnte man argumentieren. Dass das nicht allein der Grund für den schleppenden Ausbau sein kann, zeigt ein Blick zu den EU-Nachbarn: Wie ein Bericht der Forschungsstelle Energiewirtschaft in München 2023 zeigt, befinden sich Smart Meter in über 90 Prozent der Haushalte in folgenden Ländern:
- Dänemark
- Schweden
- Estland
- Spanien
- Finnland
- Italien
- Luxemburg
- Norwegen
- Malta
- Lettland
- Frankreich
In Slowenien, Litauen und der Niederlande liegt die Rate bei über 80 Prozent. Und in Deutschland? Zusammen mit Belgien, Bulgarien, Zypern, Tschechien, Kroatien und der Slowakei liegt bei uns die Rate bei so gut wie 0 Prozent.
Smart Meter kommen nicht voran – Stromanbieter wollen helfen
Eigentlich ist es keine Überraschung, dass die Deutschen bei der Digitalisierung (mal wieder) hinterherhinken. Doch ob ab 2025 der plötzliche Anstieg wirklich kommt, ist nicht klar. Denn nach Angaben des Verbands kommunaler Unternehmen (VkU) sind die vorgegebenen Preisobergrenzen ein Problem „Bleibt es bei den Preisobergrenzen, die für den Einbau von Smart Metern vom Kunden verlangt werden können, machen unsere Unternehmen Minus. So wird der Ausbau nicht funktionieren“, sagt der Chef der VkU, Ingbert Liebig, gegenüber der Zeit. Und die Stromanbieter klagen über bürokratische Hürden und fehlendes Personal bei ebenjenen Netzbetreibern.
Im Frühjahr hat sich deshalb auch ein Bündnis aus vier Ökostromanbietern zusammengetan, um den Rollout voranzubringen. Octopus Energy, Tibber, Rabot Charge und Ostrom haben die „Smart-Meter-Initiative“ gegründet, um Verbraucher dabei zu helfen, an so ein Gerät zu kommen. Wer ein Smart Meter haben will, kann sich auch bei einem dieser Anbieter melden – und sie kümmern sich. Sie müssen dann mit einem der 800 Netzbetreiber kommunizieren, um den Smart Meter dann für den Kunden auch zu bekommen.
Doch die vier Unternehmen fordern auch eine Anpassung des Gesetzes, damit die Probleme beim Rollout behoben werden. Nach Angaben der Zeit sind die Beschwerden im Wirtschaftsministerium auch schon angekommen. Man arbeite „mit Hochdruck“ an einem Bericht, der die Probleme darstellen und mögliche Lösungswege aufzeigen soll. Dann könnte bis Ende des Jahres eine Gesetzesnovelle stehen.