„Es ist in niemandes Interesse“
Strafzölle auf europäische Güter: So würde Trumps Zollstrategie Europa treffen
Die USA haben gegen einige ihrer zentralen Handelspartner Strafzölle erlassen. Das gleiche Schicksal könnte Europa ereilen. Die Auswirkungen wären erheblich.
Washington – Für mehrere Länder werden Exporte in die USA von nun an teurer. So wie US-Präsident Donald Trump es angekündigt hatte, trifft es China, Kanada und Mexiko zuerst. Die betroffenen Länder überlegen, Gegenmaßnahmen einzuleiten. Kanada zum Beispiel hatte seinerseits von Strafzöllen gesprochen. China will die WTO (World Trade Organization) einschalten. Ökonomen warnen vor einem Handelskrieg. Europa könnte ebenfalls bald betroffen sein.
Zölle „schaden beiden Seiten“: Trumps Strafzölle würden Europa empfindlich treffen
Trump hatte bereits angekündigt, auch Europa mit höheren Zöllen belegen zu wollen. Insbesondere die deutsche Wirtschaft würde das hart treffen. Im Zuge seiner Strategie „America first“ (Amerika zuerst) hatte der US-Präsident vor seiner erneuten Amtseinführung von zusätzlichen Zöllen in Höhe von bis zu 20 Prozent für europäische Produkte gesprochen.
Eine Neuheit wäre das nicht. Schon während seiner ersten Amtszeit hatte Trump Stahl und Aluminium aus der EU mit Strafzöllen belegt. Diese sind nach einer Vereinbarung mit seinem Vorgänger Joe Biden noch bis Ende März ausgesetzt. Wird der Kompromiss nicht zeitnah nachverhandelt, würden im April sowohl die US-Aufschläge als auch die europäischen Gegenzölle wieder greifen. Die größten Auswirkungen hätte das für die deutschen Autohersteller.
Das gilt nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) auch für die Strafzölle auf Waren aus Mexiko und Kanada. Viele deutsche Firmen seien „eng in die Lieferketten Nordamerikas eingebunden“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) Helena Melnikov und berief sich dabei auf Berichte der Funke-Mediengruppe.
Die DIHK fordert deshalb rasche Verhandlungen mit der Trump-Regierung. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte in Berlin, die Zölle würden „beiden Seiten letztendlich schaden“. Sie verwies auf einen „ständigen Kontakt zu den amerikanischen Partnern“.
Deutschland und Italien besonders betroffen – Zölle sollen Verkauf deutlich erschweren
Das Wirtschaftsforschungsinstitut Oxford Economics erwartet Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Autoimporte aus der EU. Das wäre ein deutlicher Anstieg, verglichen mit den 2,5 Prozent, die aktuell gelten. Europäische Autos wären in den USA wesentlich teurer, was wiederum die Importzahlen negativ beeinflussen soll.
Besonders sollen die deutschen und italienischen Hersteller davon betroffen sein. Für die deutschen Exporteure sieht Oxford Economics einen Rückgang der Autoexporte um 7,1 Prozent voraus, für die italienischen immerhin 6,6 Prozent. Europa könnte versuchen, auf alternative Käufer umzuschwenken (das Mercosur-Abkommen soll genau darauf vorbereiten), aber das würde ganz eigene Schwierigkeiten mit sich bringen. Ein anderes Kundenverhalten, Marktbedarfe, logistische Barrieren und Regulation würden einen Schwenk Richtung Asien behindern – die Analysten glauben nicht, dass die US-Verkäufe kurzfristig ersetzt werden können.
Gegenzölle aus Europa als letzten Ausweg: „Es ist in niemandes Interesse“
Europa könnte seinerseits mit Gegenzöllen antworten. „Wenn es notwendig ist, die wirtschaftlichen Interessen Europas zu verteidigen, sind wir bereit, dies zu tun“, hatte der Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis dazu gesagt. Ein Novum wäre das nicht: In der Vergangenheit hatte die EU auf Trump-Zölle mit höheren Abgaben für US-Produkte wie Harley-Davidson-Motorräder und Bourbon-Whiskey reagiert.
Solche Gegenzölle sollen allerdings das letzte Mittel bleiben. Vielmehr ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dafür, mit Donald Trump in Verhandlungen zu treten. „Es ist in niemandes Interesse, die Bande der Weltwirtschaft zu zerreißen“, sagte sie vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos.
Einen solchen Kompromiss hatte der US-Präsident bereits angedeutet. Er hatte die EU-Partner dazu aufgerufen, „im großen Stil“ Öl und Erdgas aus den USA zu importieren. Außerdem könnte Europa mehr US-Rüstungsgüter kaufen. Der Vorsitzende im Handelsausschuss des Europaparlaments, Bernd Lange (SPD), schloss auch niedrigere Autozölle nicht aus. Er warnte davor, dass Trump die europäischen Regeln für US-Digitalkonzerne als Verhandlungspfand nutzen könnte – oder seine Forderung nach höheren Nato-Verteidigungsausgaben. Die EU dürfe sich nicht erpressen lassen.
USA kritisieren Handelsdefizit – für die EU der wichtigste Handelspartner
Trump zufolge besteht zwischen den USA und Europa ein erhebliches Handelsdefizit. „Die EU hat uns so schlecht behandelt“, sagte er, als Reporter fragten, ob er Zölle auf EU-Produkte erheben werde. „Also werden wir etwas sehr Beträchtliches mit der Europäischen Union unternehmen.“ Wie das genau aussehen könnte, hatte der US-Präsident offengelassen.
Europäische Unternehmen fahren deutlich mehr Waren in die USA aus als es andersherum passiert. Die europäische Statistikbehörde Eurostat hatte mitgeteilt, dass sowohl Ex- als auch Importe in und aus den USA seit Januar 2022 deutlich gewachsen sind. Bis Dezember 2022 waren die Exporte in die USA, verglichen mit Januar, von 39,6 Milliarden Euro auf 43,3 Milliarden Euro gewachsen. Die Importe wuchsen zwischen Januar 2022 und Dezember 2023 von 24,2 Milliarden Euro auf 31,1 Milliarden Euro. Der Handelsüberschuss war von 15,4 Milliarden Euro (Januar 2022) auf 12,2 Milliarden Euro (Dezember 2022) gesunken.
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind die USA als Handelspartner für die EU immer wichtiger geworden. Die Importe aus anderen Ländern gingen zurück, während die aus den USA einen immer größeren Anteil hatten. (Laernie mit Material von AFP)
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