Handelskonflikt mit den USA
„Reichlich Kampferfahrung“: Warum China als Gewinner aus Trumps Zoll-Krieg hervorgehen könnte
Trumps Zölle treffen China am heftigsten, dennoch gibt sich Peking gelassen. Aus gutem Grund: China hat sich gut vorbereitet auf den Handelskonflikt.
Es war der Satz des Tages am gestrigen Montag in China: „Der Himmel wird nicht einstürzen“, kommentierte die Parteizeitung People‘s Daily die neuen US-Zölle, die China ganz besonders hart treffen. In den sozialen Medien des Landes wurde der Satz fleißig geteilt, meist verbunden mit viel Häme über Trumps angeblichen „Tag der Befreiung“. Der Tenor, in den Staatsmedien und bei den Social-Media-Nutzern: Die Zölle sind ein harter Schlag, aber China stellt sich dem Kampf. „Wir befinden uns seit acht Jahren in einem Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten und haben reichlich Kampferfahrung gesammelt“, heißt es in dem Kommentar der Parteizeitung. „Diejenigen, die in ihrem Ziel vereint sind, werden sich durchsetzen, und diejenigen, die Stürme gemeinsam überstehen, werden Erfolg haben.“
Als Donald Trump am vergangenen Mittwoch im Rosengarten des Weißen Hauses seine Tafel mit den angeblich „reziproken“ Zöllen in die Kamera hielt, stand China ganz oben auf der Liste, noch vor der EU. Neue Zölle in Höhe von 34 Prozent kündigte Trump an, zusätzlich zu bestehenden Zöllen von 20 Prozent sowie einzelnen noch höheren Zöllen, die die Biden-Regierung in den vergangenen Jahren auf ausgewählte Produkte beschlossen hatte. Auch hohe US-Zölle auf Importe aus Kambodscha und Vietnam zielen wohl vor allem auf China – die südostasiatischen Staaten sind bislang ein beliebtes Exportziel chinesischer Unternehmen, die ihre Endprodukte von dort weiter in die USA verkaufen.
Trumps Zölle zielen vor allem auf China ab
Bereits am Freitag setzte Peking zum Gegenschlag an und verhängte ebenfalls 34-Prozent-Zölle, die ab Donnerstag greifen sollen. Woraufhin Trump am gestrigen Montag mit weiteren 50 Prozentpunkten auf seine China-Zölle drohte – und Peking ein Ultimatum bis 12 Uhr Mittags Ortszeit in Washington gab, seine Zölle wieder zurückzunehmen. Am Tag darauf rief Chinas Handelsministerium dann zwar zum „Dialog“ mit den USA auf; dass Peking einknickt, scheint aber derzeit unwahrscheinlich. Nur nicht schwach wirken, das ist die Devise der chinesischen Regierung.
Dabei steht für China einiges auf dem Spiel. Rund 20 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung hängt laut Goldman Sachs am Export. Die Investmentbank hatte in der Vergangenheit einen Einbruch des chinesischen Bruttoinlandsprodukts um rund zwei Prozentpunkte prognostiziert, sollten die USA – wie von Trump im Wahlkampf angekündigt – chinesische Waren mit 60-Prozent-Zöllen belegen. Die nun verkündeten Zölle liegen nur knapp darunter, dürften der chinesischen Wirtschaft also massiv schaden.
Pekings Staatsmedien geben sich dennoch betont entspannt. So verweist die People‘s Daily darauf, dass die relative Bedeutung der USA als Handelspartner in den vergangenen Jahren abgenommen habe. Chinesische Exporte in die USA sind demnach von 19,2 Prozent im Jahr 2018 auf zuletzt 14,7 Prozent zurückgegangen, während gleichzeitig Exporte nach Südostasien von 12,8 auf 16,4 Prozent zugenommen hätten. Der Druck, den die USA nun auf Länder wie Vietnam oder Kambodscha ausüben, könnte diese Staaten langfristig näher an China rücken lassen. Zumal Peking dort stellenweise bereits die Lücken füllt, die das Ende der amerikanischen USAID-Hilfen hinterlassen hat.
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China befürchtet langfristig „keine negativen Auswirkungen“ durch Trumps Zölle
Sollte China wegen Trumps neuen Zöllen nun weniger in die USA exportieren, hätte das langfristig betrachtet „keine negativen Auswirkungen“, schreibt das Parteiblatt. Zum Teil mag das Wunschdenken sein. Denn zumindest kurzfristig werden chinesische Unternehmen die neuen US-Zölle sehr wohl zu spüren bekommen, das weiß man auch in Peking. China reichte deshalb Ende vergangener Woche eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation ein. Schon vor Inkrafttreten der Zölle an diesem Mittwoch stürzten zudem die chinesischen Börsen ab, der Shanghai Composite Index fiel am Montag kurz nach dem Handelsstart um 4,4 Prozent, der Hongkonger Hang Seng Index gab zunächst sogar um 9,3 Prozent nach.
China sieht sich dennoch auf der Seite der Sieger in diesem Handelskonflikt. In Peking glaubt man, über genug Druckmitteln zu verfügen, um die USA zur Vernunft zu bringen. Dass etwa viele in den USA hergestellte Waren auf chinesische Vorprodukte angewiesen sind, mache die USA abhängig von China, heißt es aus Peking. Besonders verletzbar sind Unternehmen in den USA, wenn es um den Zugang zu Seltenen Erden geht, die oftmals in China verarbeitet werden. Als Reaktion auf die Trump-Zölle verkündete das chinesische Handelsministerium prompt Ausfuhrkontrollen auf mehrere Seltenerdmetalle wie beispielsweise Yttrium.
Wegen Trumps Handelspolitik stärkt China seine eigene Wirtschaft
Auf lange Sicht könnten die Zölle Chinas Wirtschaft sogar stärken. Schon seit Trumps erster Präsidentschaft fördert China einzelne Sektoren, etwa im Bereich Robotik, Künstliche Intelligenz oder Quantencomputer. Die Abhängigkeit von den USA soll so verringert werden. „Beschränkungen und Unterdrückung werden China nur dazu zwingen, Durchbrüche in wichtigen Kerntechnologien in kritischen Bereichen zu beschleunigen“, schreibt die People‘s Daily.
Zudem wird China nun wohl weiter versuchen, den Binnenkonsum anzukurbeln. Bislang trägt dieser nur zu rund 40 Prozent zur chinesischen Wirtschaftsleistung bei, deutlich weniger als etwa in der EU, wo der Wert bei rund 53 Prozent liegt. Bereits in den vergangenen Wochen hatte die Regierung in Peking mehrere Maßnahmen angekündigt, um die Nachfrage zu stärken, weitere dürften folgen. Die Idee dahinter: Wenn die Chinesen mehr konsumieren, muss das Land weniger ausführen, um seine Wirtschaft am Laufen zu halten. Die Bedeutung der USA als Absatzmarkt nimmt dann weiter ab.
Eine weitere Strategie der chinesischen Regierung: ein Schwenk nach Europa. Seit Wochen werben Pekings Diplomaten in Brüssel für eine Wiederbelebung der arg angeschlagenen Beziehungen zur EU. Dort befürchtet man nun allerdings, China könnte Billigwaren, die es in den USA nicht mehr loswird, nun auf den europäischen Markt werfen. China ficht das nicht an und präsentiert sich als vernunftgeleitete Alternative zu den erratischen USA. Am Sonntag erklärte Vizehandelsminister Ling Ji, China bleibe ein „sicheres und vielversprechendes“ Land für ausländische Investitionen. Anders als die USA, so die unausgesprochene Botschaft.
Dieser Text wurde ursprünglich am 7. April veröffentlicht und am 8. April mit den neuesten Entwicklungen aktualisiert.
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