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„Unternehmen in den Startlöchern“
Reiche passt Forderung nach Gaskraftwerken an – wie viele brauchen wir wirklich?
Die Merz-Regierung plant neue Gaskraftwerke: Wie notwendig sind diese? Kritiker bringen Alternativen ins Spiel.
Berlin – Deutschland benötigt eventuell doch wieder mehr Gaskraftwerke. Das hatte die Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) schon kurz nach ihrem Amtsantritt angegeben. Im Koalitionsvertrag sind hierzu neue Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von 20 Gigawatt festgeschrieben. Jetzt könnten es doch mehr werden: Im Rahmen eines Gipfels am Tegernsee sprach Reiche nun von „mindestens 20 Gigawatt“ an Leistung. Diese müsse Deutschland „schnell“ bauen, möglichst bald sollten Ausschreibungen dazu folgen. Dabei stellt sich die Frage: Braucht das Land so viele neue Gaskraftwerke?
20 Gigawatt durch neue Gaskraftwerke – „Unternehmen stehen in den Startlöchern“
Es ist kein neuer Plan. Schon Robert Habeck (Grüne) hatte einen solchen Plan vorangetrieben, wenn auch reichlich spät eingebracht. Rein von den Zahlen her scheint es fast unumgänglich, dass die Bundesrepublik tatsächlich neue Gaskraftwerke baut. Wenn wirklich 2038 das letzte Braunkohlekraftwerk vom Netz geht, wie es derzeit geplant ist, dann klafft eine Lücke in der Stromversorgung – auch dann, wenn Deutschland die Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien erreicht. Photovoltaik und Windkraft haben den Nachteil, dass sie auf das Wetter und die Tageszeit angewiesen sind, um zu funktionieren. Um Dunkelflauten zu verhindern, sind Kraftwerke notwendig, die ohne Schwankungen zuverlässig Strom liefern.
Katherina Reiche beim Tag des Familienunternehmens 2025 (Symbolfoto). Die Merz-Regierung will neue Gaskraftwerke bauen. Wie notwendig sind die? Kritiker führen dabei Alternativen dafür ins Feld.
Das große Problem dabei ist, dass sich die vergangenen Bundesregierungen nicht ausreichend mit Alternativen auseinandergesetzt haben. Jetzt wird die Zeit knapp, und, um die gewünschten Kapazitäten zu erreichen, müssten (je nach Größe der Anlagen) rund 40 neue Kraftwerke entstehen. Und das ist das Minimum – wir erinnern uns, Reiche sprach von mindestens 20 Gigawatt Mehrleistung.
Die Bundesnetzagentur hatte hier einen ähnlichen Bedarf angegeben. „Wir brauchen unbedingt Anreize für Investitionen in flexible und steuerbare Kraftwerke“, zitierte die Zeit den Bundesnetzagenturchef Klaus Müller. Er bewertet es als positiv, dass die Ministerin das Thema Versorgungssicherheit schnell angehe. „Die Unternehmen stehen in den Startlöchern, und wenn es einen klaren gesetzlichen Rahmen gibt, können die Kapazitäten zügig geschaffen werden“ Eine Berechnung der Zeit kommt auf rund 20 Milliarden Euro Kosten bei einem Zubau von 20 Gigawatt in Gaskraftwerken. Und das ohne die entsprechende Infrastruktur.
Klimaziele oder Gaskraftwerke? – Vorteile der fossilen Energien
Allerdings würde sich ein solcher Aufbau an den Klimazielen der Bundesregierung stoßen. Diese besagen, dass die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 sinken müssen. Für 2045 steht die Netto-Treibhausgasneutralität auf dem Papier. Und nach 2050 sollen negative Treibhausgas-Emissionen erzielt werden.
Neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche: Hinter den Kulissen war sie die ganze Zeit dabei
Für die Gaskraftwerke spricht immerhin, dass sie niedrigere Treibhausgasemissionen ausstoßen als etwa Kohlekraftwerke. Das Umweltbundesamt führt für Gaskraftwerke außerdem mehrere Vorteile auf: Zum Beispiel verfügen sie über eine hohe Regelbarkeit und eine hohe räumliche Verfügbarkeit. Zwar können sie die erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung ergänzen – jedoch warnte die Behörde, dass die „gesamte“ Stromerzeugung dekarbonisiert werden müsse, will Deutschland die Klimaziele erreichen.
Kritik an Gaskraftwerken – Ökonomin fordert nachhaltige Alternativen
Die Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sieht einen anderen Weg. Aktuell übersehe die Bundesregierung Möglichkeiten, wie sie Wind- und Solarstrom mit zusätzlichen Maßnahmen ergänzen könnte. Hierbei spielen Industrie und Verbraucher eine besondere Rolle: Diese müssten dazu animiert werden, Strom verstärkt dann zu nutzen, wenn viel davon im Netz ist. Dann wäre er automatisch billiger.
In einer solchen Kombination wären neue Gaskraftwerke hinfällig. Das habe der Sachverständigenrat für Umweltfragen durchgerechnet. Außerdem seien Gaskraftwerke nicht die einzige Art Kraftwerk, die sich nach Belieben an- und abschalten lasse. Als Alternativen nennt Kemfert nachhaltige Biomassekraftwerke, Wasserkraft oder Geothermie. Diese könnten „die ganze Zeit genau das leisten, was man bei der Regierung nur mit fossilen Kraftwerken will“, zitierte die Tagesschau die Expertin.
Problematisch an einer von Kemfert erwarteten Incentivierung ist jedoch, dass vor allem Strom aus Photovoltaik eher zum Mittag bis Nachmittag seinen Hochlauf hat. Dann ist viel Strom im Netz, dementsprechend wird er billiger – allerdings ist dann ein Großteil der Deutschen entweder auf der Arbeit oder in der Schule. Die Industrie fährt ihre Werke frühmorgens hoch, die arbeitende Bevölkerung schaltet Waschmaschine und Fernseher eher abends an, wenn sie wieder zu Hause ist.