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Milliardenkosten

Merz erläutert Energieversorgungs-Aussage aus Koalitionsvertrag – und lehnt „einseitige Festlegung“ ab

Bundeskanzler Friedrich Merz will das CCS-Gesetz neu angehen. Bei der Frage nach der passenden Umsetzung des Vorhabens ist er fest entschlossen.

Berlin – Mit einem Vorstoß zur Wiederbelebung der unterirdischen CO₂-Speicherung sorgt Bundeskanzler Friedrich Merz derzeit für erhebliches Aufsehen. In der ZDF-Talksendung Maybrit Illner erklärte der CDU-Vorsitzende am 15. Mai: „Das Gesetz ist fertig, das können wir relativ schnell in den Bundestag einbringen.“

Damit greift Merz einen früheren Gesetzentwurf von Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck auf, der an Widerstand innerhalb der Ampelregierung gescheitert war. Doch Merz stellt klar: Es gehe nicht um eine Festlegung auf eine einzelne Technologie, sondern um einen breiten Energiemix.

Bundeskanzler Friedrich Merz wird bei Energieversorgungs-Aussage aus Koalitionsvertrag deutlich

Der von Robert Habeck vorgelegte Entwurf für ein CO₂-Speichergesetz scheiterte in der vorherigen Legislatur an Teilen seiner eigenen Partei und der SPD. Grund war vor allem, dass Habeck die umstrittene Technik Carbon Capture and Storage (CCS) nicht nur für unvermeidbare Emissionen wie aus der Zementindustrie oder Müllverbrennung einsetzen wollte, sondern auch für Gaskraftwerke – ein für viele Klimaschützer inakzeptabler Schritt. Nun aber haben Union und SPD im Koalitionsvertrag beim Unterpunkt „Industriestandort Deutschland stärken“ in Zeile 143 festgehalten, dass CCS auch bei Gaskraftwerken zulässig sein soll.

Ein Paradigmenwechsel, den Merz nun mit konkreten Gesetzesvorhaben unterfüttern will. Die neue CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche kündigte laut sh:z an, sie werde „demnächst einen Gesetzentwurf vorlegen“, der „auf den Arbeiten unter der Vorgängerregierung aufbaut“.

Bundeskanzler Friedrich Merz will das CCS-Gesetz neu auflegen. 

Energieinfrastruktur im Wandel: Wasserstoff und Gas für Deutschland

Neben CCS spielt auch Wasserstoff in den Energieplänen der neuen Bundesregierung eine zentrale Rolle. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) unterstreicht die Bedeutung des Wasserstoffhochlaufs für eine klimaneutrale Zukunft. Laut einer Mitteilung vom 23. April 2025 könne der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur mit nur rund einem Zehntel des neuen Sondervermögens von 500 Milliarden Euro bewältigt werden. „Entscheidend ist es, die Klimaneutralität und Defossilisierung im Energiesektor zu erreichen“, sagte DVGW-Vorstandschef Prof. Dr. Gerald Linke.

Der DVGW begrüßt die Koalitionspläne zur Erhaltung und Modernisierung der Gasnetze, die später mit Wasserstoff betrieben werden sollen. Auch der geplante Bau von 20 Gigawatt Gaskraftwerksleistung – eine Verdopplung der ursprünglichen Habeck-Pläne – findet Zustimmung. Laut Zeit Online habe Reiche dieses Vorhaben kürzlich auf einer Wirtschaftskonferenz am Tegernsee vorgestellt und dabei betont haben, dass es um die Sicherstellung der Energieversorgung gehe.

Minister unter Merz: Komplette Liste des Kabinetts – von Klingbeil bis zu „neuen Gesichtern“

17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands.
17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands. © dpa
Fritze Merz Kabinett CDU CSU Minister
Der neue Kanzler (offiziell ab dem 6. Mai): Friedrich Merz hat sein Kabinett zusammengestellt. Der 69-Jährige hat vertraute und neue Gesichter auserkoren. In dieser Fotostrecke finden Sie alle von der CDU bestimmten Minister, auch die von der CSU und SPD sind hier zu finden.  © IMAGO/Uwe Koch
Thorsten Frei Kanzleramtsminister Merz Kabinett
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (51) ist einer der engsten Vertrauten von Friedrich Merz und in der CDU angesehen.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Johann Wadephul Außenminister Merz Kabinett
Bundesminister für Auswärtiges: Johann Wadephul (CDU) heißt der neue Außenminister.  © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Katherina Reiche Wirtschaftsministerin Merz Kabinett
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie aus der CDU: Katherina Reiche ist 51 Jahre alt und wird die Nachfolge von Robert Habeck antreten. © IMAGO
Karin Prien Bildungsministerin FAmilie merz Kabinett
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien von der CDU wird Bildungs- und Familienministerin, sie ist 59 Jahre alt. © IMAGO/Jens Schicke
Nina Warken Gesundheitsministerin Kabinett Merz
Bundesministerin für Gesundheit: CDU-Ministerin Nina Warken (45) soll die Nachfolge von Karl Lauterbach antreten.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Karsten Wildberger Digitalminister Merz Kabinett
Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger ist die wohl größte Überraschung, der ehemalige MediaMarkt-Chef ist 56 Jahre alt.  © AnikkaxBauer
Wolfram Weimer Minister für Kultur
Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer, der 60-Jährige pflegt gute Kontakte in einige Verlage.  © IMAGO/Thomas Bartilla
Schnieder Vekehrsminister CDU Kabinett Merz
Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder von der CDU soll Verkehrsminister werden. © IMAGO
Dobrindt Innenminister CSU Kabinett Merz Liste
Bundesminister des Innern und für Heimat: Alexander Dobrindt. Der 54-jährige CSU-Mann ist schon zum zweiten Mal Minister. Unter Angela Merkel war er von 2013 bis 2017 Verkehrsminister © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Alois Rainer LAndwirtschaft Merz Kabinett
Landwirtschaftsminister soll der CSU-Politiker Alois Rainer werden. Der 60-Jährige ist durchaus ein überraschender Name, den Söder hier aus den CSU-Kreisen ausgewählt hat.  © IMAGO/Christian Spicker
Bär Ministerin Söder Merz KAbinett
Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (47) übernimmt das neu zusammengestellte Ministeramt. Die CSU-Politikerin galt von vorneherein als Favoritin aus Bayern.  © IMAGO/Heiko Becker
Klingbeil Kabinett Vizekanzler Finanzminister
Lars Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister. Der 47-Jährige spricht über die SPD-Minister mit den Worten: „Generationswechsel“ und „neue Gesichter und erfahrene Persönlichkeiten“. Nachfolgend sind alle SPD-Ministerinnen und SPD-Minister aufgelistet.  © IMAGO/FRANK TURETZEK
Boris Pistorius Verteidigunsminister SPD Merz Klingbgeil
Verteidigungsminister bleibt Boris Pistorius, 65 Jahre alt. Er ist eines der prominentesten SPD-Mitglieder des Kabinetts. © IMAGO/Noah Wedel
Der bisherige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gilt im Merz-Kabinett als gesetzt, wenn es mit schwarz-rot klappt. Er könnte allerdings das Ministerium wechseln und sogar Vizekanzler werden.
Pistorius ist der einzige Minister der einstigen Ampel-Koalition unter Olaf Scholz, der auch unter dessen Nachfolger Friedrich Merz einen Platz im Kabinett gefunden hat. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Bas Ministerin Arbeit Kabinett
Bärbel Bas, die 57-Jährige wird Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Von 2021 bis 2025 war die SPD-Politikerin Präsidentin des Deutschen Bundestags.  © IMAGO
Hubig, Justiz 56 SPD MErz Kabinett
Dr. Stefanie Hubig ist 56 Jahre alt. Sie wird Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. DIe SPD-Politikerin ist schon in Rheinland-Pfalz Ministerin für Bildung gewesen.  © IMAGO/Jürgen Heinrich
Reem Alabali-Radovan Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die jüngste Person aus der SPD-Riege. Reem Alabali-Radovan ist 35 Jahre alt und kümmert sich um „Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“. © IMAGO/Jürgen Heinrich
Hubertz wohnen, Bauministerin SPD KAbinett Merz Klingbeiil
Auch nicht viel älter, auch von der SPD: Verena Hubertz, 37 Jahre, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.  © IMAGO
Carsten Schneider SPD Umweltminister Merz Klingbeil Kabinett
Carsten Schneider von der SPD (49), nicht zu verwechseln mit Patrick Schnieder, wird Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD, galt lange Zeit als aussichtsreiche Kandidatin für einen Kabinettsposten in der Regierung von Friedrich Merz. © Christophe Gateau/dpa
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 werden ihm Außenseiter-Chancen auf ein Amt unter Merz ausgerechnet.
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 galt er zumindest als Außenseiter-Kandidat für einen Posten im Kabinett von Friedrich Merz. Daraus wurde letztlich nichts. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Kultursenator Joe Chialo
Kultursenator Joe Chialo war für die Berliner CDU bei den Koalitionsverhandlungen dabei (Archivbild). Fachleute spekulierten daraufhin Chialo könnte von Friedrich Merz als Kultusminister in sein Kabinett berufen werden. Doch der Posten ging letztlich an den Merz-Vertrauten Wolfram Weimer. © Jörg Carstensen/dpa
Jens Spahn als neuer und alter Minister? Dahinter steht ein Fragezeichen, auch wenn Spahn gewiss Ambitionen hat. Der frühere Gesundheitsminister stand wegen der Maskenaffäre in der Kritik. Andererseits verfügt er über große Regierungserfahrung, die Merz selbst bekanntermaßen fehlt.
Auch Jens Spahn hatte sich Hoffnungen auf einen Kabinettsposten unter Kanzler Friedrich Merz gemacht. Der ehemalige Gesundheitsminister ging in Sachen Kabinett zwar leer aus, kann sich aber dennoch über eine Beförderung im neuen Bundestag freuen: Spahn wird die CDU-Abgeordneten im Bundestag künftig als Fraktionsvorsitzender anführen. © IMAGO/Jens Schicke

Bau von neuen Gaskraftwerken: Rückendeckung und Kritik für Merz-Pläne

Während Wirtschaftsvertreter den Vorstoß der CDU-Politikerin mit Applaus quittierten, kommt scharfe Kritik von Klimaschützern. Luisa Neubauer von Fridays for Future warf der Regierung vor, durch den massiven Ausbau der Gasinfrastruktur die Klimaziele zu unterwandern. „Milliarden in überdimensionierte Gasinfrastrukturen zu stecken, ist kontraproduktiv“, sagte sie laut Zeit Online.
Auch Ökonom Mathias Mier vom ifo Institut sieht in den Plänen eine „extreme Verzerrung, fern vom Markt“. Gaskraftwerke seien teuer und würden nur mit hohen staatlichen Subventionen rentabel. Die Baukosten pro Gigawatt liegen seinen Berechnungen zufolge zwischen einer und 1,5 Milliarden Euro. Das bedeutet für das Reiche’sche 20-Gigawatt-Ziel Investitionen von über 20 Milliarden Euro – Tendenz steigend, wenn Infrastrukturkosten mitgerechnet werden.

Reiche weist derartige Kritik zurück. Ein zentrales Problem bleibt dennoch: Ohne klare gesetzliche Rahmenbedingungen lässt sich weder CCS noch der Ausbau von H2-fähigen Gaskraftwerken zügig umsetzen. Zwar hatte Habeck in Brüssel bereits Vorarbeit geleistet, um die Vereinbarkeit mit EU-Recht zu klären. Doch ob die neue Bundesregierung auf dieser Grundlage aufbauen kann, bleibt abzuwarten. Die Förderung fossiler Kraftwerke könnte als unzulässige Beihilfe gewertet werden. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission die Pläne erneut prüft.

500 Milliarden Euro umfasst das von Union, SPD und Grünen eilig verabschiedete Sondervermögen für Infrastruktur- und Klimaschutzprojekte. 100 Milliarden Euro davon fließen in den Klima- und Transformationsfonds. Genug, um Reiche’sches 20-Gigawatt-Ziel umzusetzen.

Schleswig-Holstein im Fokus der Energiewende: Sicherheitsbedenken und Bürgerprotest

Besondere Bedeutung erhält das neue CO₂-Gesetz für das Bundesland Schleswig-Holstein. Der Zementhersteller Holcim plant in Lägerdorf das weltweit erste klimaneutrale Zementwerk, bei dem CO₂ abgeschieden und über Pipelines weiterverwertet werden soll. Doch ohne rechtliche Grundlagen ist dieses Vorhaben bislang nicht umsetzbar. Geologisch besonders geeignet scheint laut einem Forschungsverbund um das Kieler Geomar-Institut der sogenannte „Westschleswig-Block“ in der Nordsee. Hier ließen sich große Mengen CO₂ unterirdisch speichern – sofern keine militärischen, ökologischen oder infrastrukturellen Nutzungskonflikte entgegenstehen. Schon heute sind viele Flächen in der Region belegt, unter anderem mit Windparks und Schutzgebieten.

Trotz technologischer Fortschritte bleibt CCS umstritten. Die Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V. in Schleswig-Holstein warnt vor „unsicheren Lagerstätten“, durch die CO₂ über undichte Deckschichten oder alte Bohrlöcher entweichen könne. Die Folge: Zerstörung maritimer Ökosysteme, etwa durch das Versauern des Wassers in der Umgebung von Leckagen, das Muscheln, Algen und Austern schädigt. Wissenschaftler des Geomar-Instituts fordern deshalb, dass „dass nur unvermeidbare oder schwer vermeidbare CO₂-Emissionen gespeichert werden sollen“. Und auch in Hessen stieß die neue Klimapolitik auf Widerstand. Der politische Druck jedoch, CCS auch auf Gaskraftwerke auszuweiten, nimmt zu – nicht zuletzt, weil diese Kraftwerke ein zentrales Element in der Strategie zur Netzstabilität sind.

Die Energieversorgung Deutschlands: Vielschichtige Herausforderungen

Merz erklärte Mitte April in einem Interview mit dem Handelsblatt: „Wir wollen [...] schnell Gaskraftwerke mit CCS-Technologie bauen, also der Abscheidung und Speicherung von CO₂. [...] Die einseitige Festlegung auf Wasserstoff, den wir noch gar nicht haben, geben wir auf.“ Mit anderen Worten: Wasserstoff, CCS und Gaskraftwerke sollen nicht gegeneinander ausgespielt, sondern koordiniert eingesetzt werden.

Wie genau, dies aussehen wird, wird sich zeigen. Derzeit gibt es in Deutschland eine bedenkliche Lücke: Die Abschaltung von Atom- und Kohlekraftwerken wurde beschlossen, doch ein gleichwertiger Ersatz fehlt vielerorts. „Wir brauchen unbedingt Anreize für Investitionen in flexible und steuerbare Kraftwerke“, sagte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller gegenüber Zeit Online. Der aktuelle Monitoringbericht der Behörde beziffert den kurzfristigen Bedarf bis 2031 auf 17 bis 21 Gigawatt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. (ls)

Rubriklistenbild: ©  IMAGO / Jochen Tack

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