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‚Made in Germany‘ in Gefahr?

Traditionsunternehmen ist insolvent: „Fehlbetrag in einem hohen zweistelligen Millionenbereich“

Nach seiner Insolvenz übt der Matratzenhersteller Breckle Northeim scharfe Kritik an der Politik. Das Traditionsunternehmen beschäftigte 350 Mitarbeiter.

Update vom 27. Juni 2024, 15:15 Uhr: Nun hat sich nach Veröffentlichung dieses Artikels einer der beiden Ex-Eigentümer des Unternehmens bei IPPEN.MEDIA zu Wort gemeldet. Die ehemaligen Eigentümer des nun insolventen Matratzen- und Bettenherstellers Breckle Northeim, Michael und Andreas Breckle, bedauern den Untergang des Unternehmens und fühlen mit den früheren Mitarbeitern mit, schreiben sie an die Redaktion. Die Firma wurde im Jahr 2020 verkauft, da es keinen Nachfolger innerhalb der Familie gab. Auf Rat der Commerzbank wandten sie sich damals an Dr. Florian Cramer.

Traditionsunternehmen insolvent: „Fehlbetrag in einem hohen zweistelligen Millionenbereich“ auf

Die Breckle-Gruppe wurde schuldenfrei übergeben, weise jedoch heute einen „nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in einem hohen zweistelligen Millionenbereich“ auf. Die Breckle-Brüder stellten ein langfristiges Verkäuferdarlehen im zweistelligen Millionenbereich an Cramer bzw. dessen PB Holding zur Verfügung, in der Hoffnung auf eine positive Entwicklung der Unternehmensgruppe. Als größter Einzelgläubiger setzten sie darauf, dass das Insolvenzverfahren den operativen Gesellschaften zu einer stabilen Basis verhelfen wird. Nach ihrem Ausscheiden gab es mehrere Geschäftsführungswechsel, in dieser Zeit wurde auch das Softwaresystem eingeführt, welches laut der aktuellen Geschäftsführung zur Schieflage beigetragen habe.

Traditionsunternehmen ist insolvent: Was passiert mit bereits bestellten Matratzen von Kunden?

Erstmeldung vom 26. Juni 2024, 10:15 Uhr: Northeim – Jeden Tag liest man von einer weiteren Insolvenz, die Nachrichten überschlagen sich. Auch langjährig etablierte Traditionsunternehmen sind darunter. So auch der Matratzenhersteller Breckle Northeim. Insgesamt 350 Angestellte arbeiteten im 80.000 Quadratmeter großen Werk in Northeim. Die Gründe für die Insolvenz sind vielfältig, die Geschäftsführung sieht jedoch auch die Politik in der Verantwortung, von der man sich in dieser schwierigen Phase Unterstützung erwartet hätte.

Nach einer ersten Kündigungswelle vor ein paar Monaten verlieren die noch verbliebenen 250 Mitarbeiter ebenfalls ihren Job. An einer Lösung für bereits bestellte Matratzen werde aktuell gearbeitet. Kunden werden auf ihren Bestellungen jedoch nicht sitzen bleiben müssen, verspricht die Geschäftsführung.

Hat Insolvenz angemeldet: Matratzenhersteller Breckle in Northeim. Hier der Haupteingang. Der Betrieb läuft vorerst weiter.

„1800 Matratzen haben wir hier täglich produziert. Es wird noch alles ausgeliefert, was im Bestand ist“, so Breckle Northeim-Geschäftsführer Christian Paar, der noch nicht ganz zwei Jahre im Unternehmen ist und eingestellt wurde, um es zu retten – leider habe dafür die Zeit gefehlt. Zuvor wurde das Unternehmen von den Söhnen im Jahr 2020 an eine Hamburger Unternehmerfamilie verkauft.

Breckle Northeim meldet Insolvenz an: Investor springt wegen „Lage in Deutschland“ kurzfristig ab

Seit dem Jahr 1932 produziert das von Emil Breckle gegründete Traditionsunternehmen Breckle Northeim in Niedersachsen Matratzen. Doch in rund einem Monat muss das Unternehmen nach über 90 Jahren schließen. Am 25. März 2024 wurde die Insolvenz angemeldet. Kürzliche Gespräche mit einem osteuropäischen Investor blieben erfolglos, weswegen das Werk nun endgültig schließen muss.

Dieser sei „wegen der allgemeinen Lage in Deutschland“ abgesprungen, berichtete auch die HNA. Bis 1. August muss der Matratzenhersteller seinen Standort in Northeim schließen, insgesamt 350 Angestellte sind davon betroffen. Breckle Northeim zählte zuvor zu den größten Matratzen- und Polsterwerken Europas.

„Ich hätte Subventionen erwartet. Ich hätte Unterstützung erwartet. Eine wirtschaftlichere Politik aus Berlin, anstatt die Unternehmen nur pleitegehen zu lassen. Ich hätte auch weniger Bürokratie erwartet. Deutschland schafft sich ab“, kommentiert Paar im Gespräch mit IPPEN.Media die Insolvenz. Und er warnt davor, dass weitere Traditionsunternehmen folgen werden, sofern „Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Habeck nicht zurücktreten“ und eine „vernünftige Regierung” nachkomme. 

Geschäftsführer vom insolventen Breckle Northeim warnt – „Made in Germany in Gefahr“

Seit Jahresbeginn gab es in Deutschland bereits 11.000 Insolvenzen, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Zuletzt hatten ein Apotheken-Lieferdienst, der in über 70 Städten aktiv war, ein großer Hersteller für Partyartikel und ein Elektrofachbetrieb, der bereits 1875 gegründet wurde, Insolvenz angemeldet.

Die Pleitewelle verwundert Christian Paar nicht, echtes ‚Made in Germany‘ sei hierzulande in Gefahr, wenn sich nichts ändere. Aussicht auf Rettung für Breckle Northeim gäbe es nicht wirklich, der größte Teil werde liquidiert. „Das tut mir auch sehr leid für die 350 Leute, die es mal waren“, so Paar. Einen sehr kleinen Hoffnungsschimmer für den Traditionsbetrieb selbst gibt es dennoch. Durch eine „Teilrettung“, an der Paar im Moment arbeitet, könnte vielleicht ein Teil des Unternehmens bestehen bleiben. 

Rubriklistenbild: © picture alliance/dpa | Michael Kappeler

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