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Steuerentlastungen verpuffen

Pflegeversicherung vor dem Ende: Für Steuerzahler kommt es bald noch schlimmer

In allen Segmenten der Sozialversicherung - Rente, Krankenkasse, Pflege - sind in den folgenden Jahren höhere Beiträge zu befürchten. Die Unternehmen geben Warnsignale. Ist ihre Sorge berechtigt?

Berlin – In dieser Woche vermeldete die Ampel-Koalition eine tiefe Krise in der Pflege: Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) aus Koalitionskreisen erfuhr, steht die Pflegeversicherung vor der Zahlungsunfähigkeit. Es würden Gespräche geführt, um die bevorstehende Pleite im Februar zu verhindern. Nach Rechnungen der Pflegeversicherung müssten dazu die Beiträge um bis zu 0,3 Prozent ansteigen, um den Bedarf zu decken.

Nicht nur die Pflegeversicherung braucht mehr Geld: Auch die Krankenkassen haben steigende Beiträge für 2025 angekündigt – sowohl bei den privaten als auch den gesetzlichen Kassen drückt der Schuh. Und gerade versucht die Ampel-Koalition mit ihrem Rentenpaket II eine Erhöhung der Rentenbeiträge ab 2028 zu beschließen. Die Abgabenlast würde damit auf ein Hoch steigen, das es in den vergangenen 30 Jahren nicht gegeben hat.

Deutschland zahlt vergleichsweise viel für Soziales: Im Ranking auf Platz 5

Für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bedeuten höhere Beiträge im Wesentlichen: Sie werden weniger Geld im Monat zur Verfügung haben. Und auch die Unternehmen schlagen Alarm, denn auch sie sind von den Beitragserhöhungen betroffen. In der Regel zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge.

Steuererklärung 2024: Welche Kosten lassen sich absetzen?

Es ist ein Laptop und eine Tasse Kaffee zu sehen.
Das Finanzamt berücksichtigt im Jahr 2024 von sich aus als Werbungskosten einen Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 Euro – ganz ohne Nachweise, wie Finanztip.de informierte. © Johner Images/Imago
Es sind Geldscheine und ein Autoschlüssel zu sehen.
Die Pendlerpauschale zum Beispiel fällt in der Steuererklärung unter die Werbungskosten. Arbeitnehmer sollten bei den Werbungskosten der Anlage N die korrekte Entfernung von der eigenen Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte angeben – egal, ob sie mit dem Auto, dem ÖPNV, dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit kommen. Für den einfachen Arbeitsweg berücksichtigt das Finanzamt die sogenannte Entfernungspauschale von 30 Cent je Kilometer. Ab dem 21. Kilometer gibt es sogar 38 Cent je Kilometer, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete. (Symbolbild)  © Zoonar/Imago
Ein Mann und eine Frau arbeiten an einem Laptop.
Eine rückwirkende Steuererleichterung hat der Bundesrat Ende November 2024 bewilligt: Der sogenannte Grundfreibetrag – sprich der Teil des Einkommens, der nicht besteuert wird – wurde zum 1. Januar 2024 um 180 Euro auf nun 11.784 Euro für Alleinstehende angehoben, wie die Vereinigte Lohnsteuerhilfe informierte. Für zusammenveranlagte Ehepaare gilt genau der doppelte Betrag von 23.568 Euro. (Symbolbild)  © HalfPoint Images/Imago
Ein Mann arbeitet an einem Laptop.
Wer seine Tätigkeit ganz oder teilweise in den eigenen vier Wänden verrichtet, kann für bis zu 210 Tage im Jahr die Homeoffice-Pauschale von sechs Euro pro Tag geltend machen, erinnerte die Deutsche Presse-Agentur. Beschäftigte können die Angaben dazu in der Anlage N der Steuererklärung machen. (Symbolbild) © Johner Images/Imago
Es ist eine Mutter mit ihren zwei Kindern zu sehen.
Für das Steuerjahr 2024 beläuft sich der Kinderfreibetrag auf 6.612 Euro, beziehungsweise 3.306 Euro pro Elternteil, wie die Vereinigte Lohnsteuerhilfe informierte. Dazu kommt der Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (BEA) in Höhe von 2.928 Euro, beziehungsweise 1.464 Euro pro Elternteil. „Somit wirken sich insgesamt 9.540 Euro steuermindernd bei der Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2024 aus“, hieß es. Hinweis: Der Kinderfreibetrag wurde Ende November 2024 rückwirkend auf 6.612 Euro für 2024 erhöht. Zuvor lag er für 2024 bei 6.384 Euro, erklärt die Vereinigte Lohnsteuerhilfe. (Symbolbild) © Monkeybusiness/Imago
Hand an einem Rasenmäher im Gras
Wer sich mit der Einkommensteuererklärung beschäftigt, sollte auch an die sogenannten haushaltsnahen Dienstleistungen denken. „Wenn jemand für Sie Arbeiten in Ihrem privaten Haushalt erledigt, dann können Sie die dazugehörigen Rechnungen in Ihre Steuererklärung eintragen“, informierte die VLH (Stand: 29. Februar 2024). „Es gilt dabei aber eine Maximalsumme von 20.000 Euro. Das Finanzamt berechnet davon 20 Prozent, sodass Sie am Ende maximal 4.000 Euro im Jahr steuerlich als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend machen können.“ (Symbolbild)  © Fotosearch LBRF ocskaymark/agefotostock/Imago
Haushaltshilfe wischt mit einem Tuch über eine Arbeitsplatte in einer Küche.
Zudem können geringfügig angestellte Beschäftigte, die im Haushalt tätig werden, die Steuerlast ebenfalls senken. Hier berücksichtigen die Finanzämter 20 Prozent der Ausgaben, jedoch höchstens 510 Euro pro Jahr, wie die Deutsche Presse-Agentur zum Thema berichtete. (Symbolbild) © Zoonar.com/gopixa/Imago
Jemand bewegt etwas mit einem Küchenhandschuh an einer Dunstabzugshaube.
Daheim muss etwas repariert oder erneuert werden? Für manche Arbeiten beauftragen Wohnungsbesitzer einen Handwerker – zum Beispiel, wenn Renovierungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen in den eigenen vier Wänden erledigt werden müssen. Hier sind ebenfalls 20 Prozent der Arbeits- und Fahrtkosten absetzbar, der Höchstbetrag ist jedoch schon bei 1.200 Euro erreicht. Die Aufwendungen gehören ebenfalls in die Anlage „Haushaltsnahe Aufwendungen“. (Symbolbild)  © gmstockstudio/Panthermedia/Imago
Holzleiter in Raum bei Malerarbeiten beim Hausbau
Bei Maßnahmen zur Wärmedämmung, Fenster-, Türen- oder beispielsweise einem Heizungstausch könnten Eigenheimbesitzer „nicht nur Arbeitskosten in der Steuererklärung geltend machen, sondern auch die Materialkosten“, informierte die Lohnsteuerhilfe Bayern zudem. „Das ist ein riesiger Vorteil gegenüber den normalen Handwerkerleistungen. Bis zu einer gesamten Investitionssumme von 200.000 Euro können 20 Prozent als steuerliche Förderung über drei Jahre verteilt eingeheimst werden.“ Die Voraussetzung sei hier, „dass ein Fachbetrieb die Sanierungsmaßnahmen übernimmt und eine spezielle Bescheinigung erstellt, dass die energetischen Mindestanforderungen erfüllt sind“. (Symbolbild) © Zoonar.com/Robert Kneschke/Imago
Frau am Schreibtisch mit Teetasse und Laptop
Bei den Gesundheitskosten kommen übers Jahr verteilt schnell mal größere Summen zusammen. Einen Teil müssen Steuerzahler selbst tragen. Doch bestimmte Kosten lassen sich als „außergewöhnliche Belastungen“ in der Steuererklärung angeben. Mussten Steuerzahler in einem Jahr besonders viele Krankheitskosten selbst tragen, kann sich das gegebenenfalls steuermindernd auswirken, so der Hinweis. (Symbolbild)  ©  Westend61/Imago

Deutschland ist dabei eines der Länder mit den höchsten Aufwendungen für Sozialversicherungen weltweit. Ein Vergleich der größten Industrienationen zeigt, dass Deutschland im Jahr 2022 etwa 14,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Sozialversicherungsleistungen ausgegeben hat. Damit war Deutschland auf Rang fünf im weltweiten Ranking – hinter Frankreich und Österreich, aber noch vor Polen, Italien, Belgien, die Niederlande und Spanien.

Deutsche zahlen besonders viele Steuern und Abgaben: Familien werden stark entlastet

Blickt man jedoch nur auf den Anteil dessen, was einem Arbeitnehmer nach Abzug aller Steuern und Beiträge übrig bleibt, führt Deutschland nach Belgien das Ranking an. Nach Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) hat ein Single-Haushalt in Deutschland im Jahr 2022 rund 47,8 Prozent seines Lohns für Soziales und Steuern abgeben müssen. In Belgien sind die Arbeitskosten höher, bei 53 Prozent - in allen anderen Nationen allerdings niedriger.

Für Paare mit Kindern ist es allerdings nicht ganz so übel. In Deutschland werden Familien stark entlastet, sodass der Anteil der Abgaben bei dieser Gruppe lediglich 32,9 Prozent beträgt - in vielen Ländern, wie Belgien, Italien, Finnland, der Türkei, Griechenland, Spanien und Norwegen werden Familien weniger stark entlastet.

Single-Haushalte zahlen die Sozialversicherungen: Rente, Krankenkasse und Pflege werden teurer

Es sind also insbesondere Singles, die in Deutschland die Last tragen müssen. Diese Last soll nun weiter steigen, vor allem für sie Sozialversicherungen. Erst kürzlich berichtete der Verband der Privaten Krankenversicherungen in der Süddeutschen Zeitung von einer Erhöhung von durchschnittlich 18 Prozent im neuen Jahr. Im Frühjahr hatten die gesetzlichen Krankenkassen auch Alarm geschlagen: Einer Untersuchung der DAK Gesundheit zufolge müssten bis 2035 die Beiträge auf 20,6 Prozent steigen. Aktuell liegt der Beitragssatz bei 16,3 Prozent im Schnitt (variiert leicht je nach Kasse). Hinzu kommen steigende Beiträge für die Rentenversicherung (bis 22,3 Prozent in 2035) und höhere Pflegebeiträge (4,7 Prozent bis 2035).

Damit würden die Beiträge in die Sozialversicherungen – ohne die Steuern hinzugerechnet – im Jahr 2035 bei 48,6 Prozent des Bruttolohns liegen, so die DAK in ihrer Studie. Aktuell beträgt der Anteil des Bruttoentgelts, das ein Arbeitnehmer nur an die Sozialversicherungen abgeben muss, 40,9 Prozent (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerteil zusammen).

In den 2000er Jahren haben Arbeitnehmer mehr gezahlt: besonders für Arbeitslose

Das wäre der höchste Anteil, der seit den 1990er Jahren jemals gezahlt werden musste. Die aktuelle Abgabenlast von 40,9 Prozent ist aber keinesfalls einzigartig. Wie aus Daten des Portals sozialpolitik-aktuell.de hervorgeht, lag die Abgabenlast für Sozialversicherungen vor 2006 nochmal höher als heute. Zwischen 1996 und 2005 schossen die Beiträge für Soziales auf über 41 Prozent des Lohns hoch, zeitweilig lag die Last sogar bei über 42 Prozent.

Die Pflegeversicherung steht finanziell schlecht da.

Das hatte zwei wesentliche Gründe: Zum einen lagen die Beiträge in die Arbeitslosenversicherung deutlich höher als heute, zum anderen waren auch die Rentenbeiträge höher. Von 1995 bis 2006 lag der Arbeitslosenbeitrag bei 6,5 Prozent des Lohns - heute liegt der Beitrag bei nur 2,6 Prozent. Das liegt natürlich an der niedrigeren Arbeitslosenquote (knapp 6 Prozent); in den Nachwendejahren waren bis zu 20 Prozent der Bevölkerung ohne Arbeit. Bei der Rente wurde bis 2011 fast 20 Prozent des Lohns eingefordert, heute liegt der Beitragssatz bei 18,6 Prozent.

Pflege- und Krankenversicherung waren früher jedoch günstiger. In den frühen 2000er Jahren wurden 1,7 Prozent des Lohns für die Pflege aufgewendet - heute sind es 3,4 Prozent bzw. für Kinderlose sogar 4,0 Prozent. Die durchschnittlichen Beiträge zur Krankenversicherung lagen damals zwischen 13,6 und 14,8 Prozent.

Höhere Beiträge fressen das Gehalt auf: Steuerentlastungen der Ampel verpuffen

Auch wenn die Beitragslast aktuell im historischen Vergleich nicht so übel ist: Ein Sprung auf 48 Prozent des Bruttolohns wäre eine ganz andere Hausnummer - schließlich kommen da noch die Steuern drauf. Weiter steigende Beiträge bedeuten für die arbeitende Bevölkerung immer weniger Geld. Die steuerlichen Entlastungen, die durch den Abbau der „kalten Progression“ in den vergangenen zwei Jahren realisiert wurden, würden damit verpuffen.

Davor warnt im Handelsblatt nun auch Finanzwissenschaftler Frank Hechtner: „Sollten 2025 der Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung oder die Pflegeversicherung steigen, ist zu befürchten, dass von den angedachten Steuerentlastungen wenig bis gar nichts mehr bei den Bürgern ankommt“.

Und bei noch weiter steigenden Arbeitskosten wird der Standort Deutschland im Zweifel noch unattraktiver. Die hohen Lohnnebenkosten werden nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer von über der Hälfte der Unternehmen schon jetzt als Standortrisiko wahrgenommen. Und das in einer Zeit, in der die Wirtschaft ohnehin vor einer Rezession steht.

Rubriklistenbild: © IMAGO

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