Solarförderung in der Kritik
Kehrseite des Solarbooms: Bundesnetzagentur will Blackouts verhindern – und fordert neues Gesetz
Der Chef der Bundesnetzagentur fordert, dass Netzbetreiber die Kontrolle über Solaranlagen haben sollten, um die Netzstabilität zu sichern – und Blackouts zu verhindern.
Frankfurt – Die Energiewende läuft im Bereich des Solarstroms an. Der Photovoltaik-Ausbau erlebt einen regelrechten Boom. Was einerseits positiv ist, bringt die Stromnetze derzeit jedoch noch an ihre Kapazitätsgrenzen. Befürchtungen um sogenannte „Blackouts“ wegen überlasteter Netze werden deshalb laut. Die Bundesnetzagentur sieht ebenfalls Handlungsbedarf. „Es führt kein Weg daran vorbei, neue Solaranlagen steuerbar zu machen“, sagte deren Präsident Klaus Müller.
Bundesnetzagentur-Chef fordert: Solar-Einpeisung stoppen, „wenn niemand für den Strom bezahlen will“
Die Verteilnetzbetreiber müssen „in die Lage versetzt werden, bei kritischen Netzsituationen Solaranlagen zu steuern, um die Netze stabil zu halten“, erklärte Müller im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). Die Einspeisung sollte sich künftig am Marktpreis und damit am Verbrauch orientieren. „Die Flexibilität, die wir von der Industrie haben möchten, wollen wir auch den Einspeisern der Erneuerbaren abverlangen“, sagte der Chef der Bundesnetzagentur. Bisher besteht die Möglichkeit lediglich bei größeren Solarparks.
Die Solaranlagen sollen künftig auch die „Einspeisung stoppen, wenn niemand für den Strom bezahlen will“, erklärte Müller. Bisher gibt es eine Preisgarantie. Diese gilt auch bei negativen Preisen auf dem Strommarkt. Diese Praxis zur Förderung der Energiewende hatte auch Eon-Chef Leonhard Birnbaum als sozial ungerecht kritisiert. „Für diese Subvention kommen letztendlich andere Stromkunden auf“, sagte Birnbaum der FAZ.
Der Bundestag müsse das Gesetz ab diesem Herbst verabschieden. „Es geht nicht darum, den Solarausbau zu bremsen“, sagte Müller der NOZ. „Es gilt aber, die technischen Möglichkeiten auszureizen, etwa wenn Solaranlagen um Speicher ergänzt sind, dann kann überschüssiger Strom gespeichert und nicht abgeregelt werden.“ Die „Interessen der Investoren und des Systems“ müssten besser als bisher aufeinander abgestimmt werden.
Bundesnetzagentur will Kosten im Rahmen halten – und Ausbau des Stromnetzes staffeln
Beim Ausbau der Stromnetze sieht Bundesnetzagentur-Chef Müller einen enormen Investitionsbedarf. Das nötige Volumen für den Ausbau der Übertragungsnetze liegt nach früheren Angaben bis 2045 bei etwa 320 Milliarden Euro. Laut Bundeswirtschaftsministerium müssen etwa 18.000 Kilometer an Netz verstärkt oder ausgebaut werden.
Angesichts der hohen Kosten will Müller den Netzausbau staffeln. Dadurch könnten „kostspielige Spitzen bei den erforderlichen Ressourcen von Mensch und Material vermieden werden“, sagte er im NOZ-Interview. Bis 2037, dem Zieljahr der bisherigen Ausbauplanungen, sei ausreichend Zeit für eine solche Staffelung.
Bundesnetzagentur-Chef will flexiblen Strompreis für die Industrie: „Führt kein Weg vorbei“
Um die Kosten für den Netzausbau fairer zu verteilen, hat die Bundesnetzagentur eine Reform der Netzentgelte zum 1. Januar 2025 angekündigt. Im Stufenmodell soll ermittelt werden, ob die Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung durch den Ausbau erneuerbarer Energien betroffen sind. Diese hängt von der angeschlossenen Leistung im Vergleich zum Verbrauch ab. Für die Mehrbelastung erhalten sie anschließend einen Ausgleich, deren Kosten bundesweit gleichmäßig verteilt werden sollen.
Zudem hatte Müller gefordert, einen flexiblen Stromtarif für die energieintensive Industrie einzuführen. „An einer Reform führt kein Weg vorbei“, sagte er der NOZ. Die Bundesnetzagentur will dabei die Netzentgelte bei einer hohen Verfügbarkeit von Strom senken, bei einem knappen Angebot jedoch zu erhöhen. Dadurch sollen Anreize geschaffen werden, die Produktion an das Angebot von erneuerbarem Strom anzupassen.
Rubriklistenbild: © Westend61/wolterfoto/Imago
