Antriebstechnologien
Elektro-Offensive auf der Bremse: VW und Audi rudern zurück
Bald nur noch Elektroautos? Diese Pläne stehen bei Volkswagen offenbar auf der Kippe. Welche Bestseller jetzt doch ein längeres Leben bekommen könnten.
Wolfsburg/Ingolstadt – Die deutsche Autoindustrie lernt gerade auf finanziell schmerzhafte Weise, dass man nicht verfrüht auf eine Strategie umschwenken sollte, die maßgeblich vom bisherigen erfolgreichen Geschäftsmodell abweicht.
Denn nach Jahren der Elektro-Hochstimmung ist unlängst die Ernüchterung eingekehrt: Die Nachfrage nach E-Autos stockt, während der Verbrenner sich als widerstandsfähiger erweist als gedacht. Das führt offenbar auch bei Volkswagen dazu, dass die traditionelle Antriebstechnik noch deutlich länger eine Zukunft hat, als ursprünglich geplant.
Wende in Wolfsburg? Volkswagen haucht Verbrennern neues Leben ein
VW hatte ursprünglich angekündigt, ab 2033 in Europa nur noch Elektroautos zu verkaufen. Doch laut dem Handelsblatt mit Verweis auf Konzernkreise wackelt dieses Datum: Besonders volumenstarke Modelle wie VW Golf, Passat, T-Roc und Tiguan könnten länger als geplant mit Benzin- oder Dieselmotoren gebaut werden.
Diesbezüglich stehe eine zweite Modellpflege im Rahmen eines Facelifts im Raum, was die Lebensdauer einzelner Baureihen auf mehr als ein Jahrzehnt strecken würde. Dem Bericht zufolge wird auch bei Audi die Strategie neu bewertet. Bislang galt der Plan, 2030 das letzte Modell mit Verbrennungsmotor in Ingolstadt zu produzieren.
Frisches Geld für Verbrenner: Audi könnte Porsche-Modell folgen
Doch nun prüfen die Ingolstädter offenbar, ob sich ihre Werke nicht doch flexibler aufstellen lassen – sodass sie neben Elektroautos auch weiterhin Verbrenner und Hybride bauen können. Aus Sicht der Kosten soll eine derartige Lösung attraktiver sein, als frühere Planspiele. Dabei drehen sich hierbei auch Gedankenspiele um den kompakten Bestseller A3.
Bereits deutlich positionierte sich Porsche: Die Sportwagenmarke hat jüngst bestätigt, dass viel Geld in die Entwicklung und Produktion neuer Verbrenner gesteckt wird. Damit könnte auch einhergehen, dass Porsche ein neues Modell mit Benziner einführt. Anbieten würde sich hierfür der kompakte Macan, den es aktuell nur mehr als Elektroauto gibt.
Volkswagen verzögert Elektrifizierung: Die Gründe für den Kurswechsel
Ein Blick auf die Zulassungszahlen erklärt, warum Volkswagen & Co. ins Grübeln geraten: Der Marktanteil von Elektroautos in ganz Europa ist 2024 zum ersten Mal seit Jahren gesunken – von 14,6 auf 13,6 Prozent. Viele Kunden zögern wegen hoher Preise, mangelnder Ladeinfrastruktur und ungewisser Förderpolitik.
Mercedes-Benz hat seine „Electric only“-Strategie schon länger verworfen und setzt auf „taktische Flexibilität“. Premiumrivale BMW hatte sich von Anfang an ein Ausstiegsdatum für den Verbrenner offengelassen. Volkswagen folgt nun offenbar dieser pragmatischeren Linie – wenngleich die Elektrifizierung damit nicht gestoppt, sondern zunächst verlangsamt wird. „Eine komplett neue Generation von Verbrennungsmotoren ist nicht vorgesehen“, zitiert das Handelsblatt einen VW-Sprecher.
Verbrenner-Zukunft: Politischer Druck und neue Chancen
Auch politisch bewegt sich etwas: Die EU könnte ihre harte Haltung zum Verbrennerverbot ab 2035 aufweichen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen signalisierte zuletzt Zugeständnisse bei der Zulassung von E-Fuels. Sollte sich die Tür für synthetische Kraftstoffe weiter öffnen, würde das den Herstellern zusätzliche Argumente liefern, um den Verbrenner länger am Leben zu halten.
Die Entwicklung zeigt, dass die deutsche Autoindustrie nicht mehr so entschlossen Richtung Elektro-Zukunft marschiert, wie es lange schien. Volkswagen, Audi und Porsche passen ihre Strategien an – und reihen sich damit in eine Bewegung ein, die Mercedes und BMW längst angestoßen haben. (PF)
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