Fehlende Infos zum CO₂-Preis
Dringende Bitte an die Ampel: Klimageld sofort - bevor der Energiepreis-Schock kommt
In der nahen Zukunft werden die Energiekosten unvorhersehbar ansteigen. Dies ist auf den Preis für CO₂ und die mangelnde Vorbereitung Deutschlands zurückzuführen. Ein Klimageld könnte vor sozialen Konflikten schützen.
Berlin – Die Deutschen sind schlecht über die Folgen des CO₂-Preises informiert und wissen daher nicht, wie sich ihre Energiekosten in den nächsten Jahren entwickeln können. Das belegt eine neue Untersuchung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Demnach überschätzen die Bürgerinnen und Bürger ihre Belastung durch den aktuellen CO₂-Preis, unterschätzen aber, wie sehr sie in Zukunft durch ihn belastet werden.
Kosten für Energie werden deutlich steigen: Deutsche sind schlecht über CO₂-Preis informiert
„Nach einer Modellrechnung des IMK beträgt die Belastung eines Durchschnittshaushalts durch die CO₂-Bepreisung derzeit 192 Euro im Jahr. In der Bevölkerung wird die Belastung allerdings deutlich überschätzt: Befragte taxieren die Kosten im Schnitt auf knapp 400 Euro jährlich“, schreiben die Autoren in einer Zusammenfassung der Untersuchung. Die IMK-Autoren haben 9.600 Menschen online zum Thema befragt. Dabei wurden die Befragten vorher informiert, dass der CO₂-Preis aktuell bei 45 Euro pro Tonne liegt - danach sollten sie schätzen, wie sich das wohl auf ihre Energiekosten niederschlägt.
Der CO₂-Preis
Der CO₂-Preis ist der umgangssprachliche Begriff für den Emissionshandel. Innerhalb der EU hat man sich 2005 auf einen Pfad für den Emissionshandel geeinigt, um die Klimaziele zu erreichen. Ab 2027 steigen die Bereiche Gebäude und Verkehr in den Emissionshandel ein. Das bedeutet, dass der CO₂-Preis nicht mehr politisch bestimmt wird, sondern anhand von Angebot und Nachfrage am freien Markt gebildet wird.
Um die Menschen in Deutschland auf den EU-Emissionshandel vorzubereiten, wurde ein Bundesmodell eingerichtet. Der CO₂-Preis wird hierzulande seit 2021 von der Politik vorgegeben und steigt schrittweise an. 2024 liegt der Preis bei 45 Euro pro Tonne CO₂, 2025 steigt er auf 55 Euro/Tonne und wird 2026 bis zu 65 Euro/t kosten.
Wie hoch der CO₂-Preis ab 2027 sein wird, hängt maßgeblich davon ab, wie viel Treibhausgase jeder Einzelne ausstößt. Denn je mehr Emissionszertifikate man braucht, desto höher steigt der Preis. Unterschiedliche Studien gehen von CO₂-Preisen ab 2027 von über 100 bis gar 300 Euro/t aus.
Während die Befragten die Folgen des CO₂-Preises heute also deutlich überschätzten, haben dieselben Teilnehmer die zukünftigen Kosten deutlich unterschätzt. Sie sollten schätzen, wie sich ein CO₂-Preis von 200 Euro pro Tonne (ein ab 2027 als realistisch eingeschätzter Wert) auswirken würde. Demnach gaben die Teilnehmenden im Schnitt eine Kostenbelastung von 564 Euro. Tatsächlich liegen die errechneten Kosten eher bei 853 Euro pro Jahr, so das IMK.
Energiekosten gehen durch die Decke: CO₂-Preis wird vor allem für Ärmere zur Belastung
Wie deutlich die Energiekosten ab 2027 steigen könnten, hat in dieser Woche auch eine Studie des Münchner Forschungsinstituts für Wärmeschutz e.V. (FIW) im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle e.V errechnet. Die Heizkosten für Gas und Öl hat der Studienautor errechnet, je nachdem wie sich der CO₂-Preis entwickelt:
| CO2-Preis (brutto) | CO2-Preis inkl. Mehrwertsteuer | Mehrkosten für Gas | Mehrkosten für Heizöl |
|---|---|---|---|
| 45 Euro/Tonne | 53,55 Euro/Tonne | 1,08 Cent/kWh | 0,14 Euro/Liter |
| 55 Euro/Tonne | 59,50 Euro/Tonne | 1,20 Cent/kWh | 0,16 Euro/Liter |
| 65 Euro/Tonne | 77,35 Euro/Tonne | 1,55 Cent/kWh | 0,20 Euro/Liter |
| 100 Euro/Tonne | 119,00 Euro/Tonne | 2,39 Cent/kWh | 0,31 Euro/Liter |
| 150 Euro/Tonne | 178,50 Euro/Tonne | 3,59 Cent/kWh | 0,47 Euro/Liter |
| 200 Euro/Tonne | 238,00 Euro/Tonne | 4,78 Cent/kWh | 0,62 Euro/Liter |
| 300 Euro/Tonne | 357,00 Euro/Tonne | 7,17 Cent/kWh | 0,93 Euro/Liter |
Unweigerlich werden diese Mehrkosten diejenigen härter treffen, die ohnehin knapp bei Kasse sind. Das sind auch diejenigen, die es sich nicht unbedingt leisten können, ihr Haus oder ihre Wohnung umfangreich zu sanieren, um den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Deshalb sollte eigentlich auch das Klimageld eingeführt werden, um besonders Menschen mit kleinem Einkommen mit dieser Mehrbelastung zu helfen. Die Ampel-Koalition hat sich allerdings nicht auf eine Ausschüttung einigen können.
Klimageld kann Folgen durch den CO₂-Preis abmildern
Die Autoren der neuen IMK-Studie halten das für einen Fehler. Schon jetzt zeige sich, dass die Akzeptanz für den CO₂-Preis in der Bevölkerung sehr gering ist und mit sinkendem Einkommen noch weiter abnimmt. Der Studie zufolge finden 32 Prozent der Befragten den CO₂-Preis „sehr inakzeptabel“, weitere 21 Prozent sehen ihn als „eher inakzeptabel“ an. „Die Akzeptanz steigt mit dem Einkommen. Und: Wer sich große Sorgen um die wirtschaftliche Situation macht, lehnt den CO₂-Preis häufiger ab als Menschen ohne finanzielle Sorgen. Menschen auf dem Land sind skeptischer als solche in der Stadt“, so die Autoren.
Sie appellieren daher für eine soziale Komponente - zum Beispiel in Form eines Klimageldes -, um die Akzeptanz zu steigern und die Menschen besser über den CO₂-Preis und ihre Wirkung zu informieren. Das würden die Befragten auch mehrheitlich unterstützen: Eine Pro-Kopf-Auszahlung, die nach Einkommen gestaffelt an die Haushalte ausgeschüttet wird.
Eine mangelnde soziale Flankierung berge „die Gefahr, dass die Umsetzung der Klimapolitik von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfunden wird und die gesellschaftliche Akzeptanz der CO₂-Bepreisung schwindet“, warnt das IMK.
Rubriklistenbild: © Britta Pedersen/dpa
