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„Aderlass unserer Volkswirtschaft“

Die ersten 100 Tage von Kanzler Merz: Diese drei Dinge will er „so schnell wie möglich“ umsetzen

Deutschland steht kurz vor der Wahl. Friedrich Merz wird in den Umfragen immer noch als zukünftiger Bundeskanzler gesehen. Seine Regierungsabsichten nehmen Gestalt an.

Berlin – Als die Bürgerinnen und Bürger am Sonntag (23. Februar) ihre Stimme abgegeben haben, haben sie die Richtung des Landes mitbestimmt. Nun ist klar: Friedrich Merz (CDU) wird nach der Bundestagswahl als Kanzler hervorgehen. Und er hat versprochen, schnell Entscheidungen zu treffen, um die Wirtschaft voranzubringen. Im Gespräch mit Focus Online hat er drei Themen skizziert, die in den ersten 100 Tagen nach der Wahl angegangen werden sollen.

Statt Bürgergeld kommt die Neue Grundsicherung: Merz stehen rechtliche Hürden bevor

So kommen die Themen Bürgergeld, Rente und Steuern ganz oben auf die Agenda. „Wir werden so schnell wie möglich dieses sogenannte Bürgergeld ersetzen durch eine neue Grundsicherung“, kündigt Merz an. Ob es ihm tatsächlich gelingen wird, die neue Grundsicherung so schnell auf den Weg zu bringen, ist alles andere als sicher. Zum Vergleich: Die Einführung des Bürgergeldes hat nach der Bundestagswahl 2021 noch zwei Jahre gedauert. Allerdings hat die Invasion der Ukraine sicher dazu beigetragen, dass es erstmal auf der Prioritätenliste nach unten gerückt ist.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz liegt derzeit in allen Umfragen vorne.

Auch gibt es rechtliche Hürden bei der Neuen Grundsicherung. Die Union will Erwerbslosen den Regelsatz vollständig streichen, wenn diese Stellenangebote ausschlagen oder mehrfach Termine im Jobcenter verpassen. Das ist verfassungsrechtlich aber nicht so einfach möglich. 2019 hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der Staat Menschen nicht mehr als 30 Prozent der Leistungen kürzen darf – auch, wenn jemand Jobs bewusst ablehnt. Das ist auch der Grund, warum Jobcenter weniger Sanktionen aussprechen, als noch vor zehn Jahren.

Die Union will auch den sogenannten Vermittlungsvorrang wieder einführen, der eine schnelle Wiederaufnahme der Arbeit statt Maßnahmen wie einer Qualifizierung vorsieht. Zudem plant sie eine Reform der Hinzuverdienstgrenzen und Transferentzugsraten. Das Vermögen der Betroffenen soll zusätzlich schneller geprüft werden. Auch eine Arbeitspflicht ist im Gespräch.

Mehr Geld für Rentner, die arbeiten gehen: CDU plant steuerfreien Zuverdienst

Zu Focus Online sagt Merz auch, dass Rentner und Rentnerinnen einen steuerfreien Zuverdienst in Höhe von 2000 Euro erhalten sollen. Auch dieser Plan ist Teil seines 100-Tage-Programms. „Wir wollen für die über 67-Jährigen eine sogenannte Aktivrente einführen, das heißt eine Verdopplung des Grundfreibetrags.“ Diese Maßnahme könne man „relativ schnell und einfach“ umsetzen, sagt der Kanzlerkandidat. Prognosen zufolge könnte dadurch die Wertschöpfung um zwischen 3,6 und 18,2 Milliarden Euro steigen – und trotz der Steuerfreiheit bei der Einkommenssteuer insgesamt die Einnahmen des Staates (z.B. aus den Unternehmenssteuern) deutlich steigern.

Bereits jetzt gibt es die Möglichkeit, neben der Rente zu arbeiten. Das Gehalt wird zwar nicht angerechnet, muss aber gemeinsam mit der Rente versteuert werden. Es besteht dabei zudem die Möglichkeit, freiwillig in die Rentenkasse einzuzahlen. Dadurch sammeln die erwerbstätigen Rentner weiter Entgeltpunkte – die Rente erhöht sich damit jeweils zum Juli des Folgejahres.

Bundestagswahl 2025: Von „Tünkram“ bis zum „Tor zur Hölle“ – denkwürdige Zitate aus dem Wahlkampf

Bundestag - Vertrauensfrage
„Fritze Merz erzählt gern Tünkram“ – SPD-Kanzler Scholz am 16. Dezember zu Vorwürfen von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), der Amtsinhaber sei bei Debatten auf EU-Ebene passiv und melde sich nicht zu Wort. „Tünkram“ ist Plattdeutsch und bedeutet dummes Zeug oder Unsinn. © Michael Kappeler/dpa
Olaf Scholz, Wahlparteitag SPD
„Manch einer hat uns schon abgeschrieben. Das kann unsere sozialdemokratische Partei mit über 160 Jahren Kampferfahrung aber überhaupt nicht beeindrucken.“ – SPD-Ko-Chefin Saskia Esken (rechts) beim Parteitag am 11. Januar in Berlin zu den schwachen Umfragewerten für die Sozialdemokraten und der Hoffnung auf eine Aufholjagd bis zur Wahl. © Imago
Nach Todesfahrt auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg-Rechte Proteste
„Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration.“ – AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel beim Parteitag am 11. Januar in Riesa zur Aufnahme des umstrittenen Begriffs in das Wahlprogramm, der im rechten Spektrum für die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund steht. © dpa
AfD-Bundesparteitag in Riesa
„Wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!“ – AfD-Kanzlerkandidatin Weidel beim Parteitag am 11. Januar in Riesa. © Sebastian Kahnert/dpa
Habeck liest aus seinem neuen Buch
„Ich war nicht gut in Rechtschreibung früher und hatte einen leichten Schlag in Richtung Legasthenie.“ – Der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck räumt am 12. Januar ein, als Schüler eine Rechtschreibschwäche gehabt zu haben. Habeck thematisierte bei der „Wahlarena“ des „Mannheimer Morgen“ in Mannheim seine Schulzeit und persönliche Schwächen. © Kay Nietfeld/dpa
Wahlplakate in Wiesbaden - SPD
„Es gibt, glaube ich, keinen Kanzler in der Bundesrepublik, der sich so im Detail in Gesetze eingemischt hat, damit sie pragmatisch werden.“ – Olaf Scholz zieht am 13. Januar eine positive Bilanz seines Wirkens als Regierungschef. „Es sind unglaublich viele Entscheidungen getroffen worden, die ohne meine Intervention gar nicht zustande gekommen wären“, sagte er den NRW-Lokalradios. © Arne Dedert/dpa
Nach tödlichem Angriff in einem Park in Aschaffenburg
„Das Maß ist endgültig voll.“ – Unions-Kanzlerkandidat Merz am 23. Januar nach dem Messerangriff von Aschaffenburg auf eine Kindergartengruppe mit zwei Toten, den ein Geflüchteter aus Afghanistan begangen haben soll. © Daniel Vogl/dpa
Demo gegen Rechts - Berlin
„Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus.“ – Merz am 24. Januar bei der Ankündigung, für Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag auch eine Mehrheit mit AfD-Unterstützung zu tolerieren. Die Menschen sehen das kritisch und gehen auf die Straße. © Christophe Gateau/dpa
Demonstration zur Migrationspolitik - Berlin
„Die Brandmauer bröckelt.“ – Die AfD-Fraktion am 29. Januar im Online-Dienst X zur bisher geltenden Abgrenzung der CDU von der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften Partei, nachdem erstmals mit ihrer Hilfe ein Unionsantrag eine Mehrheit im Bundestag erhalten hat. © Sebastian Gollnow/dpa
209. Bundestagssitzung: Heidi Reichinnek, Linke
„Allen politischen Differenzen zum Trotz hätte ich mir niemals vorstellen können, dass eine christlich-demokratische Partei diesen Dammbruch vollzieht und mit Rechtsextremen paktiert.“ – Die Vorsitzende der Linken im Bundestag, Heidi Reichinnek, am 29. Januar im Bundestag in ihrer viral gegangenen Rede zum mit AfD-Stimmen verabschiedeten Unionsantrag. © Imago
Bundestag - Regierungserklärung
„Und deshalb, finde ich, kann ich ihm nicht mehr trauen.“ – Kanzler Olaf Scholz über das Verhalten von Friedrich Merz am 29. Januar 2025. Das sei „wahrscheinlich ein ganz bedeutender Tag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ gewesen, sagte Scholz in der ARD-Sendung „Maischberger“. Die Union habe einen Konsens aufgekündigt, den es die ganze Nachkriegsgeschichte über unter den Demokraten in Deutschland gegeben habe.  © Kay Nietfeld/dpa
Demonstration fuer die Brandmauer und gegen die CDU
„Für falsch halte ich es, (…) sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.“ – Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisiert am 30. Januar das Vorgehen von Merz. © Matthias Gränzdörfer/Imago
Wahlkampf Grüne - Berlin
„Tun Sie es nicht, Herr Merz.“ – Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck appelliert am 28. Januar eindringlich an Unionsfraktionschef Friedrich Merz, keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen.  © Christoph Soeder/dpa
Sitzung, Bundestag, Plenum
„Das Tor zur Hölle können wir noch gemeinsam schließen.“ – SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am 31. Januar in der Bundestagsdebatte über eine angekündigte Zustimmung der AfD auch zu einem Migrationsgesetz der Union. Dieses scheiterte aber letztlich auch an fehlender Unterstützung aus der Union. © Bernd Elmenthaler/Imago
Bundestag
„Ich bin mit mir persönlich sehr im Reinen, dass wir es wenigstens versucht haben.“ – Merz am 31. Januar nach dem Scheitern seines Gesetzentwurfs zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag, obwohl auch dieser von den AfD-Abgeordneten geschlossen unterstützt wurde. © Kay Nietfeld/dpa
Nach tödlichem Angriff in Aschaffenburg - Trauerfeier
„Diese Woche hat die Union klargemacht, dass es ihr ernst ist. Und damit ist die Glaubwürdigkeit auch eines neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz enorm gestiegen.“ – CSU-Chef Markus Söder sieht am 2. Februar die Position der Union nach den umstrittenen Abstimmungen zur Migrationspolitik im Bundestag deutlich gestärkt.  © Daniel Vogl/dpa
Bundesparteitag der CDU - Friedrich Merz + Markus Söder
„Mit den Grünen ist kein Richtungswechsel und keine Koalition möglich.“ – CSU-Chef Markus Söder anlässlich des CDU-Parteitags am 3. Februar auf X. © Imago
Wahlkampf – ZDF-Livesendung "Schlagabtausch"
„Wie dumm kann man sein zu sagen, man macht Sanktionen, um Russland zu schaden. Am Ende schaden wir vor allem unserer Wirtschaft.“ – BSW-Chefin Sahra Wagenknecht am 6. Februar in einer ZDF-Wahlrunde zu ihrer Forderung nach einer Wiederaufnahme der Gaslieferungen aus Russland. © Christoph Soeder/dpa
Scholz und Merz im TV-Duell
„Wir können auf die FDP keine Rücksicht nehmen.“ – Merz am 7. Februar, nachdem er mögliche Wähler der in Umfragen weiterhin schwächelnden FDP aufgerufen hat, ihre Stimme der Union zu geben. © Kay Nietfeld/dpa
FDP Bundesparteitag
„33 oder 31 Prozent für die CDU machen keinen Unterschied, aber vier oder sechs Prozent für die FDP ändern maßgeblich das Gefüge in der Bundesrepublik.“ – FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner reagiert beim Sonderparteitag in Potsdam am 9. Februar auf die Aussage von Merz. © Michael Kappeler/dpa
Scholz und Merz im TV-Duell
„Was ist Bubatz?“ – Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kann am 9. Februar mit dem Begriff „Bubatz“ nichts anfangen. Auf dem Live-Streaming-Portal Twitch antwortete Merz nach dem TV-Duell bei ARD und ZDF mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Frage, ob „Bubatz“ legal bleibe: „Bleibt was legal?“ Daraufhin entgegnete die Moderatorin: „Bubatz“. Merz’ Replik: „Was ist Bubatz?“ Die Moderatorin: „Gras.“ Merz sagte dann: „Also wenn Sie meinen, Cannabis, dann sage ich: Nein, wir wollen das wieder korrigieren.“ © Kay Nietfeld/dpa
Kundgebung "Brandmauer statt Brandstiftung"
„Friedrich Merz tritt an, Europa zu Grabe zu tragen“ – Kanzler Scholz am 11. Februar in der letzten Plenardebatte des Bundestags vor der Wahl mit Blick auf Merz’ Pläne, Geflüchtete an den Grenzen zu den EU-Nachbarn zurückzuweisen. © Fabian Sommer/dpa
TV-Runde im Bundestagswahlkampf
„Weil ich dieses animalische Grunzen der AfD-Fraktion voraussehen konnte, möchte ich einordnen, worüber wir reden, wenn wir Klimaschutz sagen.“ – Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck reagiert in einer Rede im Bundestag am 11. Februar auf Zwischenrufe der AfD, nachdem er den Klimaschutz als drängendste Aufgabe der Zukunft bezeichnet hat. © Kay Nietfeld/dpa
Bundestag
„Wir werden möglicherweise miteinander reden müssen.“ – Unions-Kanzlerkandidat Merz wendet sich in seiner Plenarrede am 11. Februar im Bundestag an die SPD – und nimmt dabei eine mögliche Koalitionsoption für die Zeit nach der Wahl in den Blick. © Kay Nietfeld/dpa
ZDF-Sendung "Klartext"
„Wenn sich die Menschen zurückziehen, dann ist es vorbei mit Deutschland. (…) Demokratie ist kein Zuschauersport, es geht nur, wenn Menschen sich bei den Wahlen engagieren.“ – Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck am 13. Februar in der ZDF-Sendung „Klartext“ auf den Kommentar eines Zuschauers hin, der erklärt hatte, er wisse nicht mehr, was er wählen solle. © Michael Kappeler/dpa

Zudem können Arbeitnehmer ihre Rente auch über die eigentliche Regelaltersgrenze hinaus verschieben. Beschäftigte können also weiterarbeiten und Rentenbeiträge zahlen. Das bietet einen doppelten Vorteil. Einerseits erhöht sich der Rentenanspruch für jeden Monat um 0,5 Prozent. Zudem sammeln sie weiter Rentenpunkte.

Merz will große Steuerreform anstoßen: Diese Punkte geben allen mehr Geld

Der letzte Punkt, den die CDU laut Merz innerhalb von 100 Tagen umsetzen will, ist eine große Steuerreform. Hier gibt er gegenüber Focus Online zu, dass nicht alles sofort umsetzbar sein wird. Es soll daher in vier Schritten gehen und das Ziel verfolgen, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhöhen und den „Aderlass unserer Volkswirtschaft“ zu stoppen. „Ich werde alle Entscheidungen, die wir dann in einer neuen Regierung zu treffen haben, unter eine Frage stellen: Dienen sie der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie? Ja oder nein? Wenn sie der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit dienen, werden wir sie machen. Wenn sie der Wettbewerbsfähigkeit nicht dienen, werden wir es lassen.“

Aus dem Parteiprogramm geht hervor, welche zentralen Schritte bei der Steuerreform zum Tragen kommen sollen:

  1. Anpassung der Einkommenssteuer an die Inflation und Erhöhung des Grundfreibetrags
  2. Spitzensteuersatz soll später greifen
  3. Höhere Pendlerpauschale einführen
  4. Überstunden sollen steuerfrei sein
  5. Unternehmenssteuer auf 25 Prozent reduzieren
  6. Soli komplett abschaffen
  7. Umsatzsteuer in der Gastronomie wird von 19 auf 7 Prozent abgesenkt
  8. Rentner sollen keine Steuererklärung abgeben müssen

Wie schnell all diese Punkte umsetzbar wären, kann nicht sicher gesagt werden. Am einfachsten umzusetzen dürften die steuerfreien Überstunden und die Anpassung der Grundfreibeträge sein.

Rubriklistenbild: © IMAGO / Future Image/Frederic Kern

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