800 Millionen für Gesundheitsfonds
„Massive Erhöhung“ der Beiträge für Krankenkasse und Pflege soll kommen: „Es braucht jetzt eine Akuttherapie“
Angesichts des Milliardenlochs warnt der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen vor massiven Beitragserhöhungen: Der Druck auf die neue Gesundheitsministerin Nina Warken wächst.
Berlin – Die Erwartungen sind groß, der Druck wächst – seit Jahren spitzt sich die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland zu. Allein im Jahr 2024 verzeichnete die Branche ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro. Angesichts der prekären Situation fordert der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung Sofortmaßnahmen von der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). „Es braucht jetzt eine Akuttherapie, denn sonst gehen zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke“, warnte die GKV-Vorsitzende Doris Pfeiffer im Interview mit der Rheinischen Post.
„Akuttherapie statt Abwarten“: GKV fordert von Regierung Moratorium und sofortige Ausgabensperre
Dabei verwies sie auf den jüngsten Anstieg der Zusatzbeiträge – allein in den vergangenen drei Monaten haben acht Krankenkassen ihre Beiträge erhöht. Im Schnitt liegt der Zusatzbeitrag derzeit bei 2,5 Prozent – zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Manche Krankenkassen fordern gar bis zu vier Prozent. Bereits zuvor hatte der DAK-Chef Andreas Storm kassenübergreifend einen „Beitragstsunami“ prognostiziert, sollte sich die neue Regierung nur auf die Reformen im Koalitionsvertrag beschränken.
In der Pflegeversicherung sei bereits in diesem Jahr mit steigenden Beiträgen zu rechnen, die Krankenversicherung drohe zum Jahreswechsel eine „massive Erhöhung“, so Storm zur Augsburger Allgemeinen.
Konkrete Schritte vor Sommerpause: GKV begrüßt Warkens Mittel, fordert aber mehr Tempo
Pfeiffer fordert noch vor der Sommerpause konkrete Schritte von Warken: Etwa ein Ausgabenmoratorium in allen Leistungsbereichen, sodass die Beitragssätze vorerst stabil bleiben. „Keine Preis- oder Honorarerhöhungen mehr, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen“, erklärt die Vorstandschefin. Dieses Vorschaltgesetz solle so lang gelten, bis die Bundesregierung mit neuen Reformen das massive Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben in den Griff bekomme.
Warken scheint sich der brenzligen Lage durchaus bewusst zu sein. Bereits in ihren ersten Amtstagen hatte sie die GKV als „Notfallpatienten“ bezeichnet und vor den Konsequenzen aus den „tiefroten Zahlen“ gewarnt. Auch deshalb wolle sie nicht auf die Vorschläge der Reformkommission zur Krankenversicherung warten, auf die sich CDU und SPD im Koalitionsvertrag bis zum Jahr 2027 geeinigt haben. Stattdessen kündigte sie „kurzfristige Maßnahmen“ an: Rund 800 Millionen Euro stellte das Gesundheitsministerium zur Stabilisierung der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bereit. Obwohl der GKV diesen Schritt begrüßte, forderte er weitergehende Maßnahmen.
Leistungskürzungen oder Steuerzuschüsse? Warken bleibt vage und schließt Beitragsanstieg nicht aus
Unklar bleibt zudem, ob Warken die Finanzierungslücke mit Steuergeldern schließen wolle – oder ob Leistungskürzungen geplant sind. Im Gespräch mit ntv schloss sie sogar Beitragserhöhungen nicht gänzlich aus – darüber entscheiden ohnehin die Krankenkassen, nicht die Regierung. Sie verwies auf die geplante Krankenhausreform sowie die Neuordnung des Notfall- und Rettungsdienstes: „Es wird zu Verbesserungen im System kommen, die die Bürgerinnen und Bürger spüren werden“, versprach Warken.
Dennoch sei das Ziel von allen Beteiligten, dass es am Ende nicht zu Beitragserhöhungen komme. Warkens Vorgänger Karl Lauterbach (SPD) hatte hingegen bereits Mitte 2024 gesagt, dass die Beitragssätze 2025 wohl weiter steigen würden.
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