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Verhindern „Münchner Kindl“ die Mini-U-Bahn?

Neue U-Bahn-Diskussion in Salzburg: „Es ist unglaublich, wie man mit dem Weltkulturerbe umgeht“

Sie wehren sich
 massiv gegen den Tunnelbau
 Hebsacker, Moritz
Schliesselberger und Dieter
 Hofer
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Sie wehren sich massiv gegen den Tunnelbau Hebsacker, Moritz Schliesselberger und Dieter Hofer

Die geplante Mini-U-Bahn in Salzburg könnte historische Gebäude gefährden. Hauseigentümer warnen vor massiven Schäden und fordern den Schutz ihrer denkmalgeschützten Häuser. Die Stadtverwaltung bleibt bisher stumm.

Salzburg – Mit insgesamt drei Gutachten wehren sich Hauseigentümer in der rechten Altstadt gegen die geplante Mini-U-Bahn, also gegen die unterirdische Verlängerung der Lokalbahn mit zwei Tunnels vom Hauptbahnhof bis Salzburg-Süd. So seien zahlreiche, zum Teil 800 Jahre alte Häuser massiv gefährdet, so auch der Münchnerhof an der Linzergasse mit zahlreichen Münchner Kindl-Figuren im Stiegenhaus. Diese Häuser seien zum Teil auf Fundamenten aus Ziegel und Bruchsteinen gebaut, vor dem Graben des Tunnels müssten alle Fundamente erneuert und dazu die Häuser jahrelang geräumt werden. Die Hauseigentümer fordern, dass ihre denkmalgeschützten Häuser vom U-Bahn-Bau verschont werden.

„Es kann immer was passieren, wenn sie ein altes Haus angreifen“, so der langjährige Baudirektor der Stadt Salzburg, Walter Hebsacker, das habe man am Montag dieser Woche bei einem Arbeitsunfall mit zwei Toten in einem Altstadthaus im oberösterreichischen Schärding erleben müssen. Auch beim Neubau des Makartstegs über die Salzach im Jahr 2000 stellte man fest, dass die Pfeiler in sich zusammenfielen, wenn sie von einem Bagger nur angestupst wurden, Grund sei der berüchtigte Seeton.  

„Müssten neue Fundamente bauen und Häuser räumen“

Nach der Initiative „Stopp U-Bahn“ und Grundstückseigentümern von Anif bis Hallein hat sich jetzt eine dritte Gruppe von Gegnern in Stellung gebracht: Hauseigentümer in der rechten Altstadt, die von den beiden Tunnelröhren der Mini-U-Bahn – offiziell S-Link – untergraben werden sollen. Die Initiatoren haben insgesamt drei Gutachten in Auftrag gegeben, Moritz Schliesselberger als Besitzer mehrerer Häuser in der Lederergassse und Dreifaltigkeitsgasse fasst die Ergebnisse so zusammen: „Der Tunnelbau unterhalb der Altstadt ist aus baupolizeilicher Sicht mit Nachdruck abzulehnen, es besteht eine akute Gefährdung der Altstadtgebäude und das Ausmaß der Schäden sei nicht vorhersehbar“. Diese möglichen, drastischen Folgen haben die Hausbesitzer überrascht, „nach einer Schrecksekunde von mehreren Wochen haben wir die Ergebnisse Mitte Juli an die zuständige Bauabteilung der Stadt geschickt“, so der Besitzer des Münchnerhofes, der aus insgesamt vier Häusern zusammengewachsen ist. Politisch zuständig ist mittlerweile die Grüne-Stadträtin Anna Schiester, eine Kopie ging auch an den Bürgermeister und die Leiterin des Bundesdenkmalamtes, „aber bisher hat niemand reagiert“. 

Weitere Aussagen in den Gutachten: Der Tunnelbau habe massive Auswirkungen auf die darüber liegenden Altstadthäuser, die Bodenverhältnisse seien durch den ‚Salzburger Seeton‘ denkbar schlecht. Das wurde vor kurzem auch beim Neubau von drei Hochhäusern im Stadtteil Liefering deutlich, der Baustart wurde deswegen immer wieder verschoben und die Bauherren mussten einräumen, dass das Erdreich nicht so war wie von den Gutachtern beschrieben.


Zurück zur Altstadt: Die zum Teil 800 Jahre alten Häuser haben kein stabiles Fundament wie man es heute kennt, sie sind großteils aus Ziegel und Bruchsteinen gebaut, teilweise auch ohne Mörtel. „Der Tunnelbau wird daher unweigerlich zu massiven Rissen und Schiefstellungen von mehreren Zentimetern an Wänden, Gewölben und Decken führen, und das über alle Stockwerke“, so das Gutachten von Wolfgang Zipperer. Vor einem Tunnelbau müssten daher alle betroffenen Häuser auf neue Fundamente gestellt werden, was Jahre dauern könnte und eine Räumung der Häuser zur Folge hätte. 

U-Bahn-Diskussion in Salzburg: Stürzt Münchnerhof ein?

Allein im Münchnerhof aus dem Jahr 1374 mit Münchner Kindl-Figuren im imposanten Stiegenhaus wären von einer Räumung fünf Geschäfte, fünf Gastro-Betriebe, 42 Büros und 41 Wohnungen betroffen. „Wenn nicht alle ausziehen und es passiert wegen des Tunnelbaus etwas, stehen wir als Hausbesitzer vor Gericht, weil wir von den Gefahren wussten und nichts unternommen haben“, warnt Dieter Hofer, Steuerberater und Mitglied der Besitzerfamilie. 

Gegen Tunnels unterhalb der denkmalgeschützten Altstadthäuser spricht sich auch Geologe Hermann Brandecker aus, „der Untergrund der Stadt Salzburg ist für einen Tunnelbau denkbar ungünstig“, er empfiehlt den Verantwortlichen, das Projekt noch einmal zu überdenken, „noch ist es nicht zu spät“, so der Geologe, der seine 50-jährige Berufserfahrung in den Ring wirft.

Tunnel-Bau bereits zweimal verworfen – wie geht es jetzt weiter?

Auch der langjährige Baudirektor der Stadt, Walter Hebsacker, findet ausreichend Argumente gegen die U-Bahn unter der Altstadt, in seiner Zeit als Baudirektor habe er schon zweimal entsprechende Pläne auf dem Tisch gehabt, 1997 und 2016, „und jedes Mal wurden die Pläne verworfen, weil man in Salzburg einfach keine Tunnels bauen kann wegen des Seetons“. Er sieht ein zu großes Risiko nicht nur für die Altstadthäuser in der Dreifaltigkeitsgasse, sondern für die gesamte, unterirdische Trassenführung in der Altstadt. „Die beiden Röhren für die U-Bahn sollen unter der Hochschule Mozarteum und der Dreifaltigkeitskirche durch, dann unter den Fundamenten der Staatsbrücke, ein 120 Meter langer U-Bahnhof ist dann direkt unter dem Mozartplatz geplant, genau vor der alten Stadtmauer gebaut werden“. Vor einigen Jahren habe das Denkmalamt sogar das Aufstellen von Radständern an der Stadtmauer untersagt, zu den Tunnelbauplänen und den Gefahren für die Stadtmauer sei jetzt kein Wort zu hören. „Es ist unglaublich, wie man mit dem Weltkulturerbe umgeht“, so Hebsacker.

Dass eine Prüfung der Umweltverträglichkeit diese Risiken nicht benannt hat, wundert den ehemaligen Baudirektor nicht, erstens sei das Verfahren nur für den ersten Bauabschnitt durchgeführt worden, also nur bis zum Mirabellplatz, außerdem sei über Bedenken im Verfahren „einfach drübergefahren worden“.

Bürgerbefragung am 10. November – Stadt weiter dagegen? 

Am 10. November wird es in der Stadt Salzburg, sowie im Flachgau und im Tennengau eine Bürgerbefragung geben. Das Land will die U-Bahn unbedingt, auch nach dem Motto „Sonst bekommt das Geld aus Wien wer anderer“, ist aber mittlerweile von der Bezeichnung S-Link ebenfalls abgerückt und will nun eine neue „Mobilitätslösung“ verkaufen. Immer mit der bildlichen Frage, ob man einen Stau will oder lieber mehr Radverkehr, mehr Grünflächen, mehr öffentlichen Verkehr und damit auch die U-Bahn. In der Stadt sind Bürgermeister Bernhard Auinger und seine SPÖ als einzige nach wie vor strikt dagegen, die Stadt will zur Befragung auch ein neutrales Abstimmungsbüchlein nach Schweizer Vorbild an alle Haushalte schicken. Bei einer ersten Befragung über die Mini-U-Bahn in der Stadt alleine im November 2023 sprachen sich 58 Prozent dagegen aus. (hud)

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