Wieder einmal: Zu viele Touristen?
Overtourism in Salzburg – Autos raus aus der Stadt? „Wir müssen Grenzen ziehen“
Die Sommersaison in Salzburg endet mit einer Debatte über 'Overtourism'. Während die Tourismusbranche eine positive Bilanz zieht, fordern die Grünen strengere Regulierungen. In ersten Umfragen zeigen sich die Einwohner zunehmend unzufrieden. Was jetzt passieren soll.
Salzburg – Die Sommersaison in der Stadt geht zu Ende und während Hotels und Gastronomen jubeln werden Stimmen laut, denen das alles wieder zu viel ist, Schlagwort ‚Overtourism‘. Besonders an den wenigen, verregneten Tagen sei die Innenstadt mit Urlaubern aus dem Umland mit ihren Pkw verstaut gewesen, die Grünen fordern – wieder einmal – ein „Aus“ für Urlauber-Pkw in der Innenstadt und viel weniger Reisebusse, die in die Stadt fahren dürfen. Ein Politiker einer One-Man-Partei fordert gar, dass Reisebusse 1500 Euro zahlen sollen, um die Innenstadt fahren zu dürfen, wobei mit Innenstadt der Bereich Mirabellplatz gemeint ist, wo sich derzeit einer der beiden Busterminals befindet.
Die Bilanz der Touristiker in der Stadt Salzburg fällt positiv aus, viele sprechen von einer sehr guten Auslastung, auch die deutschen Gäste seien in der zweiten Hälfte des Sommers doch wieder gekommen, Festspiele sei Dank. Für die Bevölkerung zeige sich nach Ansicht der Stadt-Grünen allerdings wieder einmal die Schattenseite dieser Entwicklung. „Die Stadt ist voll, oftmals heißt es: kein Durchkommen. Wer zur Arbeit fährt, braucht gute Nerven, auch mit dem Fahrrad“, so der Tourismussprecher der Grünen, Markus Grüner-Musil.
Salzburg und der Overtourism - Umfrage: „Mehr Nachteile“
Wie gering die Akzeptanz der Bevölkerung zum Tourismus geworden ist, würden auch erste Zahlen der Befragung der städtischen Tourismusgesellschaft zeigen. „Für die Mehrheit der Bevölkerung überwiegen mittlerweile die Nachteile, besonders in den Bereichen Mobilität und Wohnen“, so Grüner-Musil. Eine Sprecherin des Stadttourismus entgegnet, dass es noch keine Auswertung der Umfrage gebe, sondern am Mittwoch dieser Woche im Rahmen eines Workshops nur der Stand des Prozesses für das neue Tourismusleitbild vorgestellt worden sei. Die Grünen ficht das nicht an, sie haben eine „offensichtliche Bruchstelle“ entdeckt, die man „politisch ernst nehmen muss“, kosmetische Maßnahmen würden nicht mehr reichen. „So hart es klingt, aber wir müssen Grenzen ziehen und neue Regeln für den Tourismus aufstellen, wir müssen gegensteuern“, so Grüner-Musil.
An der Online-Umfrage, also nicht repräsentativ, haben sich knapp über 700 Stadtbewohner beteiligt, 70 Prozent hätten darin sogar negative Auswirkung auf den sozialen Zusammenhalt in der Stadt gesehen, vor allem durch vermeintlich hohe Preise bei Dienstleistungen und Immobilien.
Touristen-Pkw raus aus der Stadt
Den größten Handlungsbedarf sehe die Bevölkerung bei der Verkehrsfrage, hier würden die Teilnehmer der Umfrage klare Regeln erwarten, die sich interessanterweise mit jahrelangen Forderungen der Stadt-Grünen decken: „Das Ziel muss sein: Keine privaten Gäste-Pkw mehr in die Innenstadt, das Angebot für Gästeparkplätze in der Innenstadt weiter reduzieren, die Reisebusse zahlenmäßig weiter begrenzen und das P+R Angebot wesentlich verbessern“. Hier müssten bereits im nächsten Sommer die ersten Schritte gesetzt werden, die Grünen im Gemeinderat seien bereit dafür.
Einen „Innenstadt-Sperre“ für Touristen gab es übrigens bereits einmal, im Sommer 2012, sie fand allerdings im Jahr darauf keine Fortsetzung, da das Chaos, auch wegen der vielen Ausnahmen, größer war als ohne Sperre und das Fahrverbot ohne massive Polizeipräsenz nicht durchsetzbar war.
Liberale Neos: 1500 Euro pro Reisebus
Eine noch drastischere Forderung gegenüber den Reisebus-Touristen hat der einzig verbliebene Gemeinderat der Neos, eine Art österreichischer FDP. Er will die Gebühr für Reisebusse, die sie für das Aus- und Einsteigen ihrer Gäste an zwei Busterminals zahlen müssen, von derzeit 70 Euro auf 1500 Euro erhöhen. Unmöglich, sagen Insider, denn die Strafe für den Fall, dass die Reisebusse dann ihre Passagiere einfach irgendwo an einer Bushaltestelle in der Innenstadt aussteigen lassen, betrage österreichweit 90 Euro.
Ein Vorschlag der Stadtpolitik ist auch, dass eine Messebahn, also eine Art Lokalbahn, vom Messezentrum in Richtung Mirabellplatz führen soll und die Reisebusse dann am Großparkplatz Messe bleiben müssten. Die Reisebusse wären dann zwar nicht mehr in der Innenstadt, die „störenden“ Touristen allerdings nach wie vor. (hud)