Zweite Rosenheimer Meisterschaft
Zeitreise in die SBR-Meister-Saison 1984/85: „Liga hat Angst vor Traumpaar Höfner/Reindl“
Im März vor 40 Jahren haben die Rosenheimer Eishockeyspieler ihre zweite deutsche Meisterschaft gefeiert. Im Sturm: Das Traumpaar Höfner und Reindl, das in der ganze Liga gefürchtet war. Die OVB-Sportredaktion blickt zurück auf die Saison 84/85.
Rosenheim – Wie sich die Zeiten ändern: Im deutschen Eishockey läuft die Saison 1984/85, als beim FC Bayern München ein Neuzugang Lothar Matthäus herzlich willkommen war, Franz Beckenbauer sein Amt als Teamchef der Fußball-Nationalmannschaft antrat und zwei Jungstars, ein 17-Jähriger Leimener namens Boris Becker und die zwei Jahre jüngere Steffi Graf, die internationale Tennis-Szene aufhorchen ließen.
Und in Rosenheim marschiert eine Eishockey-Mannschaft zum zweiten deutschen Meistertitel in der Vereinsgeschichte, die von ihrem eher schweigsamen Trainer in unerwarteten Superlativen geadelt wird: Dr. Pavel Wohl spricht vom „besten SBR, den es bisher gab“. Die Rosenheimer haben sich mit Franz Reindl, Robin Laycock, Jochen Mörz und Franz-Xaver Ibelherr sinnvoll verstärkt und frühere Erfolgsduos wieder vereint: Das Riesserseer Traumpaar Ernst Höfner und Franz Reindl spielt nun für den Sportbund, ebenso die ehemalige Landshuter Top-Besetzung Michael Betz und Robin Laycock. Dr. Wohl und sein neuer Co-Trainer Hans Zach (betreute gleichzeitig die Juniorenmannschaft) konnten also auf eine ausgeglichene und hochkarätig besetzte Truppe zurückgreifen.
Fotostrecke: Ehrung der Rosenheimer Eishockey-Meistermannschaft 1985




„Liga hat Angst vor Traumpaar Höfner/Reindl“
Nach Siegen in Düsseldorf und gegen Meister Köln titelte die Presse: „Favorit Rosenheim kommt in Schwung: Liga hat Angst vor Traumpaar Höfner/Reindl“. Als man beim SC Riessersee mit 2:4 unterlag, jubelte Riessersees damaliger Präsident Kraus: „Den Bonzen haben wir‘s diesmal aber gezeigt.“ Doch Rosenheim marschierte unaufhaltsam weiter, erzielte in 36 Vorrundenspielen 211 Tore und lag am Ende mit zwei Punkten vor dem Kölner EC. Es gab sieben zweistellige Erfolge, unter anderem ein 10:1 gegen den EV Landshut, ein 14:3 gegen Essen-West, ein 13:4 gegen Iserlohn und ein 15:6 gegen Riessersee.
„Es war unglaublich, was der Hund alles gehalten hat“
Vor allem Torhüter Karl Friesen faszinierte die Fans und Mannheims Trainer Ladislav Olejnik, der inzwischen als Nachfolger von Dr. Wohl bestätigt wurde: „Es war unglaublich, was der Hund alles gehalten hat.“ Im Januar 1985 teilte Friesen mit, dass er den SBR im Sommer verlassen werde. „Ich will wissen, ob ich in der besten Liga der Welt bestehen kann“, sagt er und erklärt, dass er sich von Rosenheim „mit gemischten Gefühlen und schweren Herzens“ verabschiede. Friesen nahm ein Angebot der New Jersey Devils aus der nordamerikanischen Profiliga NHL an.
Bundestrainer schwärmt vom Rosenheimer Sturm
In die Playoffs ging Rosenheim als Titelfavorit – zumindest nach Bundestrainer Xaver Unsinn. „Rosenheim kann nur an den eigenen Nerven scheitern“, meint er im Vorfeld. Rosenheim marschierte ohne Niederlage bis ins Finale und Bundestrainer Unsinn jubilierte: „Den Sturm mit Reindl, Höfner und Franz werde ich komplett bei der WM in Prag bringen.“ Das Viertelfinale gewann der SBR gegen den ECD Iserlohn mit 3:0 Siegen, im Halbfinale wurde der ESV Kaufbeuren mit 3:0 Siegen eliminiert.
„Wir haben uns einfach blind verstanden“
Rosenheim war elektrisiert, eine ganze Stadt und ihre Umgebung nach dem Finaleinzug im Eishockey-Fieber. Innerhalb von 90 Minuten waren die Tickets für das erste Finalspiel vergriffen. Dieses Duell entschied Ernst Höfner in der 57. Minute mit seinem Treffer zum 4:3 für Rosenheim. Vor 10 000 Zuschauer demontierten die Rosenheimer im zweiten Spiel Gastgeber Mannheim mit 7:2 und am Dienstag, 19. März 1985, holte der SBR im eigenen Stadion vor 8000 Zuschauern mit einem 2:1-Sieg nach Verlängerung den Titel. Peter Obresa brachte die Gäste in Führung, Axel Kammerer sorgte aber postwendend für den Ausgleich. Das Spiel ging in die Verlängerung. Die dauerte ganze 58 Sekunden und dann explodierte die Stimmung im Rosenheimer Eisstadion. Wer anders als Ernst Höfner, der zum Eishockeyspieler des Jahres gewählt wurde, sollte das Siegtor erzielen. „Ich zog von rechts nach innen auf das Tor in der Mangfallkurve, Schuss, Nachschuss und der Puck lag im Tor und wir waren Meister. Unglaublich“, erinnert sich Höfner noch heute genau an diese Szene. Mit Franz Reindl bildete er das Traumduo der Liga. „Wir haben uns einfach blind verstanden. Ich wusste, wohin er läuft, er wusste, wohin ich die Scheibe spiele. Bei Franz musste ich nicht mehr genau auf den Schläger spielen, nur in den Raum. Und dann zog er direkt ab, das konnten damals nicht viele Spieler“, erklärte Höfner, der die Ausgeglichenheit der Mannschaft hervorhob: „Wir hatten keine Schwachpunkte, dafür aber sehr viele Spieler, die gewusst hatten, was sie wollten. Wir hatten viele tragende Säulen.“
Der Meisterkader 1984/85
Torhüter: Karl Friesen (43 Spiele), Karl Huber (45), Fabian Dahlem (2).
Verteidiger: Rainer Blum (43 Spiele/15 Tore + 19 Vorlagen), Josef Klaus (39/8 + 7), Horst-Peter Kretschmer (45/10 + 11), Anton Maidl (45/3 + 9), Jamie Masters (45/7 + 18), Peter Scharf (45/8 + 17).
Stürmer: Manfred Ahne (26/14 + 18), Markus Berwanger (44/16 + 22), Michael Betz (45/25 + 10), Georg Franz (42/27 + 17), Raimond Hilger (3), Ernst Höfner (45/33 + 56), Franz-Xaver Ibelherr (45/7 + 12), Axel Kammerer (45/20 + 20), Robin Laycock (45/19 + 35), Jochen Mörz (45/17 + 27), Franz Reindl (45/33 + 45), Ralf Schlosser (9).




