Torhüter und Spieler des Jahres
Der Mann hinter der Maske: So tickt Starbulls-Goalie und DEL2-„Spieler des Jahres“ Oskar Autio
Dem Torhüter der Starbulls Rosenheim ist eine ganz besondere Ehre zuteilgeworden: Die DEL2 kürte den 25-jährigen Finnen nicht nur zum Torhüter, sondern auch zum Spieler des Jahres! Die OVB-Sportredaktion hatte den frischgebackenen Preisträger exklusiv am Mikrofon – So tickt die finnische Wand.
Rosenheim – Oskar Autio ist der erste Torhüter seit Kaufbeurens Stefan Vajs in der Saison 2016/17, der zum Spieler des Jahres in der DEL2 gekürt worden ist. Der 25-jährige Finne von den Starbulls Rosenheim hat damit die Phalanx der Klasse-Stürmer, die sich diesen Titel in der zweithöchsten deutschen Eishockey-Spielklasse reihenweise einverleibt haben, durchbrochen. Autio, der logischerweise auch zum Torhüter des Jahres gekürt wurde, ist der zweite Rosenheimer nach Robin Weihager 2014, der diese Auszeichnung erhalten hat. Erst vor wenigen Tagen hatte die OVB-Sportredaktion den eloquenten Finnen als Gast des Podcasts „Hart gecheckt“ vor dem Mikrofon und hat ihm dabei auch viele private Einblicke entlockt. Das ist der Mann hinter der Maske.
Im zweiten Drittel des Podcasts „Hart gecheckt“ wird es immer persönlich, so auch bei Oskar Autio. Und das zweite Drittel beginnt immer mit den „60 Sekunden“, das sind Satzanfänge, die der Gast am Mikrofon vervollständigen soll.
„Ich mache gerne Steaks“
Meine erste Erfahrung auf dem Eis war... Ich kann mich ehrlich nicht mehr erinnern, ich weiß nur, dass ich fünf Jahre alt war.
Mein Idol in der Kindheit war... Meine zwei älteren Brüder.
Mein größter sportlicher Erfolg war... Für die finnische Nationalmannschaft zu spielen.
Meinen größten Schritt habe ich gemacht, als... Ich mit 17 Jahren in die USA gegangen bin.
Als ich von Rosenheim hörte, dachte ich... Was für eine coole Erfahrung!
Wenn mich Jari Pasanen „Oskari“ nennt, denke ich... Lass Jari sein Ding machen!
Auf einer langen Auswärtsfahrt... Ratsche ich mit Luki Laub und schlafe viel.
Mein Essen am Spieltag ist... Spaghetti Bolognese und ein Beilagensalat.
In der Kabine sitze ich neben... Den anderen Torhütern und Luki Laub.
Das erste bayerische Wort, das ich gelernt habe, ist... Margit (Margit Thost vom Orthozentrum, d. Red.) erklärte mir „Pfiati“. Ich sage aber jedem, dass ich erst deutsch lernen möchte, und dann bairisch.
Wie sieht ein normaler Tag im Leben von Oskar Autio aus?
Oskar Autio: Der ist gar nicht so besonders. Ich wache auf, frühstücke gut und gehe jeden Morgen zur Arbeit in die Eishalle. Und ich bin gerne ziemlich früh hier. Natürlich gibt es das Mannschaftstraining und was dann sonst noch ansteht, Videoanalyse oder noch ein Training. Wenn der Arbeitstag vorbei ist, gehe ich entweder mit einigen der Jungs zum Mittagessen oder ich gehe nach Hause und mache mir ein schönes Mittagessen. Und danach gibt es nicht wirklich viel, was ich mache. Zurzeit belege ich ein paar Online-Kurse. Ich beende einen Masterstudiengang, den ich zu Hause begonnen habe. Abends gehe ich meistens entweder mit einem der Jungs essen, oder ich gehe spazieren und rufe meine Familie zu Hause an.
Sie kochen für sich selbst? Was ist Ihre Spezialität?
Autio: Ich mache gerne Steaks. Ich würde sagen, wenn ich für jemanden Wichtiges kochen müsste, dann vielleicht ein Steak mit Kartoffeln. Aber abgesehen davon, mache ich auch gerne Salate. Ich mache so gut wie zu jeder Mahlzeit einen großen Salat. Ich würde also sagen, dass das meine Spezialität wäre.
Im Sommertraining mit NHL-Spielern
Oskar Autio stammt aus Espoo, der zweitgrößten Stadt in Finnland. Sie ist ein Teil der Metropole rund um die Hauptstadt Helsinki.
Wie war ihre Kindheit?
Autio: Sie war großartig. Ich habe zwei ältere Brüder, und beide haben Eishockey gespielt. Ich erzähle den Leuten immer, dass ich deshalb Torwart geworden bin, weil sie draußen im Vorgarten gespielt und einfach jemanden im Netz gebraucht haben. Also war der Jüngste derjenige, der sich in den Kasten gestellt hat. Unsere Eltern waren großartig und natürlich hatten sie alle Hände voll zu tun mit drei Jungs, die Hockey spielen. Wir haben also viel Zeit in der Eishalle verbracht. Aber ich habe es geliebt, und es war toll.
Haben Sie sich auch als Feldspieler versucht?
Autio: Das habe ich, und das hat mir auch gefallen. Am Anfang hat man irgendwie hin und her gewechselt, und ich bin immer wieder ins Tor gegangen.
Wann haben Sie bemerkt, dass das Talent zum Profi reicht?
Autio: Einer meiner Brüder ging aufs College und er hat auch an der Penn State Universität gespielt. Er war Verteidiger, und er und ich hatten einen sehr ähnlichen Karriereweg. Wir haben beide für das Juniorensystem der Espoo Blues gespielt. Aber ich habe nicht wirklich an professionelles Eishockey gedacht. Für mich war es immer das Ziel, aufs College zu gehen. Erst als ich für das finnische Nationalteam gespielt habe und Anrufe von Unis aus Nordamerika bekommen habe, wurde mir klar, dass ich das ganze ruhig ernst nehmen kann. Ich bin sehr dankbar, dass das alles geklappt hat.
Sie haben in Espoo mit einigen Spielern gespielt, die jetzt in der NHL sind. Haben Sie noch Kontakt zu ihnen?
Autio: Ja, wir haben eine Gruppe, die im Sommer in Espoo zusammen auf dem Eis ist. Das Niveau bei diesen Trainings ist unglaublich, denn wir haben NHL-Spieler und Top-Jungs aus Europa dabei. Es ist wirklich cool, weil man viele dieser Spieler schon lange kennt und sie wirklich gute Leute sind.
Bei der U18-WM haben Sie mit der finnischen Nationalmannschaft Silber geholt.
Autio: Das war eine wirklich tolle Erfahrung. Wir hatten Ukko-Pekka Luukkonen (jetzt Buffalo Sabres, NHL) und Lassi Lehtinen (MoDo Hockey, SHL), zwei unglaubliche Torhüter. Ich habe also leider nicht sehr oft gespielt, aber es war cool. Da schaut man sich in der Umkleidekabine um und spielt mit Miro Heiskanen (Dallas Stars, NHL) und solchen Typen.
Die Zeit auf der Penn State Universität
2017 sind Sie in die Vereinigten Staaten gewechselt und haben in der USHL bei Chicago Steel gespielt. Wie war diese Erfahrung?
Autio: Bei den Junioren in Finnland ist das Eishockey wirklich gut, aber in der USHL zieht jeder von zu Hause weg, um dort zu spielen. Ich hatte mit Mike Garman einen sehr, sehr guten Torwarttrainer. Er ist einer der positivsten Menschen, die ich je in meinem Leben getroffen habe.
Dann ging es aufs College, auf die Penn State.
Autio: Bei meinem letzten Jahr in Finnland habe ich mit einer Handvoll Schulen gesprochen, und ich hatte einige ziemlich gute Optionen. Es ist eine ziemlich große Verpflichtung, wenn man aufs College geht, weil man weiß, dass man dort vier Jahre lang bleiben wird. Ich habe aber von meinem Bruder gehört, dass die Penn State ein wirklich cooles Programm ist. Ich denke, das hatte definitiv einen Einfluss darauf. Ich hatte sehr, sehr viel Glück, dass sie mir die Chance gegeben haben, dorthin zu gehen.
Haben Sie Ihren Bruder dort einmal zuvor besucht?
Autio: Ja. Ich habe die Penn State tatsächlich an seinem ersten Wochenende dort besucht. Ich war damals 14 Jahre alt, und ich erinnere mich, dass ich den Cheftrainer getroffen habe und er meinte scherzhaft: „Oh, in vier Jahren wirst du auch hier spielen.“ Lustigerweise ist es dann tatsächlich so passiert.
Welchen Einfluss hatte die Zeit am College auf Ihr Leben?
Autio: Wie gesagt, man verbringt dort vier Jahre und ich fand, dass unser Trainer und unser Trainerstab an der Penn State immer sehr, sehr wählerisch waren, was die Leute anging, die sie hierher brachten. Man ist vier Jahre lang jeden Tag von 30 wirklich guten Menschen umgeben, und ich glaube, das hat mich zu einem besseren Menschen und zu dem gemacht, der ich heute bin, weil man fast gezwungen war, ein besserer Mensch zu sein, weil alle um einen herum klug waren und wirklich gute Werte hatten.
Wie ist es für einen Spieler, in das letzte Jahr an der Uni zu gehen?
Autio: Es ist sehr emotional, und an der Penn State hatten wir sogar ein Abschlusswochenende. Nach dem Spiel werden die Banden im Heimbereich abgebaut, und es sind dann eine Menge Leute auf dem Eis. Die Abschlussjahrgänge gehen dann auf die Bühne und halten eine Rede. Ich weiß noch, dass ich beim Schreiben meiner Rede nicht so recht wusste, was ich sagen sollte, weil in vier Jahren so viel passiert ist und man so viel lernt und so viel erlebt. Du kommst als 18-Jähriger und bist einfach nur glücklich, dort zu sein. Am Ende stellt man dann fest, dass man nach diesen vier Jahren auch bereit ist für die reale Welt.
Sie haben dort Wirtschaftspsychologie als Hauptfach studiert, ist das richtig?
Autio: Ja, ich habe Wirtschaftspsychologie studiert. Meinen Eltern war Bildung immer sehr wichtig. Ehrlich gesagt war ich noch nicht ganz dieser Meinung, als ich aufs College ging. Aber man geht ja nicht nur aufs College, um Eishockey zu spielen, sondern um eine gute Ausbildung zu bekommen. Unser Trainer verlangte, dass man gute Noten hat. Es ist cool, ein guter Schüler zu sein – und das war etwas, das ich vorher noch nie gesehen hatte und das vielleicht nicht sehr stereotyp für Eishockeyspieler ist.
Dann ging es für eine weitere Saison an die Universität von Vermont. Was war der Grund für diesen Wechsel?
Autio: Das war hauptsächlich wegen des Eishockeys. Ich wollte noch ein paar Spiele absolvieren, bevor ich Profi werde. Ich habe mit Todd Woodcroft gesprochen, der jetzt der Cheftrainer von den Kassel Huskies ist, und er hat mich überzeugt, nach Vermont zu kommen. Ich habe ihm gesagt, dass ich ein Jahr brauche, um mich auf das professionelle Eishockey vorzubereiten, und er hat mir versprochen, dass ich genau das bekommen würde. Er hat mich sozusagen auf die reale Welt vorbereitet.
Der Weg nach Rosenheim
Die ersten Spiele als Profi haben sie in der East Coast Hockey League (ECHL) gemacht. Wie war diese Erfahrung?
Autio: Ich wusste nicht, worauf ich mich einlasse. Unsere Saison in Vermont war früh beendet und „Woody“ drängte die Alteren, die Saison in der ECHL oder der AHL zu beenden, um ein paar Profi-Erfahrungen zu sammeln. Ich habe nur ein paar Spiele gemacht, aber die ECHL ist eine harte Liga. Es gibt eine Menge guter Spieler, und nichts ist garantiert. Man kann jeden Tag unter Vertrag genommen werden, man kann jeden Tag entlassen werden, und es ist ein hartes Umfeld. Das öffnete mir die Augen, auch wenn ich nur ein paar Wochen dort war.
Dann ging es zurück nach Finnland zu TPS, einem in der Eishockeywelt sehr bekannten Verein. Was hat das für Sie bedeutet?
Autio: Ich habe damals nicht daran gedacht, nach Europa zu kommen. Mein Ziel war es, in den USA zu spielen, aber als sich dann die Gelegenheit bot, konnte ich nicht Nein sagen. Wenn man so eine Chance bekommt, muss man sie nutzen. Zu der Zeit gab es nicht viele Torhüter auf dem Markt, und ich war verfügbar.
Bei Turku und Kookoo haben Sie einige Spiele bestritten, und dann kam der Anruf aus Rosenheim. Was haben Sie sich da gedacht?
Autio: Mein Plan war es, für den Rest der Saison bei KooKoo zu bleiben. Unser Stammtorwart sollte am Knie operiert werden. Am Ende hat er sich dann doch nicht operieren lassen. Und so kam er zwei Monate früher zurück, als alle dachten. Und dann war da die Situation, dass drei Torhüter unter Vertrag waren. Obwohl ich ziemlich gut gespielt habe, wusste ich, dass ich nicht viel zum Einsatz kommen würde. Wir haben angefangen, uns nach anderen Möglichkeiten umzusehen. Rosenheim hat angerufen, und ich habe gehört, dass es eine wirklich coole Stadt ist, ein cooler Ort zum Spielen, und dass sie ein bisschen zu kämpfen hatten. Ich habe natürlich vorher mit Jari Pasanen gesprochen, und er hat mir gesagt, dass das oberste Ziel ist, in der Liga zu bleiben. Und so war es eine coole Herausforderung für mich.
Ein bisschen Liebe auf den ersten Blick?
Sie wussten nichts über Rosenheim?
Autio: Ich wusste nur ein bisschen was. Es war für mich ein Schritt ins Unbekannte. Aber ich hatte nur für den Rest der Saison unterschrieben, also habe ich mir gedacht: Was kann schon passieren? Es ist ja nur für ein paar Monate. Kurz nach meiner Ankunft habe ich dann mit meiner Mutter gesprochen und sie hat mich gefragt, was ich denke und wie alles läuft, und ich erinnere mich, dass ich ihr gesagt habe: „Weißt du, das scheint ein Ort zu sein, an dem ich gerne länger bleiben würde.“ Und ich weiß noch, dass sie etwas überrascht war, dass ich das gesagt habe, weil ich in dem Jahr für drei verschiedene Teams gespielt hatte. Aber es war ein besonderer Ort, und als ich hierher kam, gefiel mir alles daran.
Ein bisschen Liebe auf den ersten Blick?
Autio: Ja, das kann man wohl sagen. Jeder hat mich so gut behandelt, seit ich hier bin. Es ist wirklich ein besonderer Ort. Die Eishalle, die Fans, die Stadt, alles ist wirklich cool, und das habe ich letztes Jahr sehr, sehr schnell gemerkt.
Wenige Tage nach seiner Ankunft hatte Autio dann seinen ersten Auftritt. Ein Heimspiel gegen Regensburg. Es war die Rückkehr von Mike Glemser nach Rosenheim. Autio hielt prächtig und bescherte den Starbulls einen 1:0-Erfolg.
Können Sie sich an Ihr erstes Spiel für Rosenheim erinnern?
Autio: Ja, das tue ich. Ganz sicher. Das war ein ganz besonderer Abend, natürlich nicht wegen mir, aber es war ein sehr, sehr denkwürdiges Spiel und etwas, das ich sicher nie vergessen werde. Ich wusste, dass Rosenheim wirklich gute Fans hat, und ich wusste, dass das Stadion laut ist. Aber ich bin in die Eishalle gekommen, und direkt vor dem Spiel habe ich mit Lukas Laub gesprochen. Er hat mir gesagt: „Hey, hör mal, heute wird es sehr laut sein, und es wrd ein ausverkauftes Spiel.“ Natürlich wusste ich nicht wirklich, was los war und was passiert war, ich war ja erst ein paar Tage zuvor nach Rosenheim gekommen, aber es war das Glemser-Spiel, und das war offensichtlich auch einer dieser Abende, an denen es nicht um Eishockey geht, sondern um etwas viel Größeres. Zu sehen, wie die ganze Rosenheimer Gemeinschaft ihn und natürlich auch die Mannschaft unterstützt hat, war einfach richtig, richtig cool.
Ein Jahr später haben Sie Ihren Vertrag bis 2027 verlängert. Mussten Sie lange darüber nachdenken?
Autio: Nein, eigentlich nicht. Zu Beginn des Jahres habe ich mit dem Management gesprochen und ihnen gesagt, dass ich gerne verlängern würde. Es war eine sehr einfache Entscheidung für mich.
Wo findet man Oskar Autio in Rosenheim?
Autio: Die einfachste Antwort darauf wäre natürlich das Eisstadion. Die Fans sind unglaublich, ich liebe das Stadion und unsere Gruppe – aber das wäre einfach. Ich mag die Mangfall und den Blick auf die Berge. Ich habe noch nie in einem Ort gelebt und gespielt, wo man so einen Blick auf die Berge hat. Wenn ich morgens zum Stadion gehe oder herumfahre und die Berge oder den Fluss sehe – das ist für mich der coolste Teil von Rosenheim.

