Ein fast meisterlicher Tag
SV Oberteisendorf mit Gedanken bei erkranktem Mitspieler und was Jupp Heynckes damit zu tun hat
Die Bedingungen für das Meisterschaftsendspiel des SV Oberteisendorf hätten nicht besser sein können: Bilderbuchwetter, ein Moral beweisender Gegner, ein bestens gelaunter Schiedsrichter und schließlich ein Schützenfest vor 330 Zuschauer. Fast: denn die Vollständigkeit des SVO-Kaders wurde durch einen schweren Schicksalsschlag vorübergehend gemindert.
Oberteisendorf – Insofern waren die Feierlichkeiten nach dem, in dieser Höhe verdienten, 7:0 Sieg gegen Fixabsteiger SV Unterwössen auch von einem traurigen Touch behaftet. Aber alles der Reihe nach.
Der SV Oberteisendorf hat sich nach acht Jahren Verbleib in der Kreisklasse 4 mit dem Meistertitel zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte in die Kreisliga befördert. Die Blau-Weißen von der Jahnstraße bestanden die Pflichtaufgabe gegen Absteiger SV Unterwössen souverän mit 7:0 und waren dabei jedem Zweifel erhaben. Die sieben Tore gegen die Fußballer aus dem Achental hatte wahrscheinlich die gesamte Fußballregion von den Kreisklassenkickern des SV Oberteisendorf erwartet. Dennoch war dieser Sieg ein ganz besonderer und nicht unbedingt in dieser Höhe ein Selbstläufer, zumindest im Kopf der Schallinger-Truppe.
SV Oberteisendorf mit Gedanken bei erkranktem Mitspieler
„Wir haben uns wie auf jedes andere Spiel vorbereitet, am Dienstag intensiv trainiert und lediglich am Donnerstag eine lockere Einheit eingelegt, alles mit relativ viel Spaß verbunden. In den vergangenen Wochen ging es hauptsächlich darum, den Spaß am Fußball hochzuhalten, um den Kopf von den Gedanken ein wenig freizubekommen“, führt Sebastian Schallinger im beinschuss.de-Interview aus. Hintergrund: am drittletzten Spieltag vor der Abfahrt nach Leobendorf mussten Mannschaft und Trainerteam von der schweren Erkrankung eines Mitspielers erfahren, der seither stationär im Krankenhaus behandelt wird.
„Da gab es viele Tränen. Und trotzdem hat unsere Truppe Moral bewiesen und die Siege und schließlich die Meisterschaft für unseren Freund geholt. Da muss man schon sagen: da ist der SVO einzigartig, wenn es um Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung geht“ ergänzt Schallinger. Deshalb setzten die Oberteisendorfer Kicker alles daran, nicht nur den Meistertitel zu holen, sondern ihren Spezl im Krankenhaus per Livestream unmittelbar daran teilhaben zu lassen. Und der, sowie offensichtlich auch weitere Zuseher, bekamen an diesem Nachmittag einiges geboten.
Aschauer Hattrick in der ersten Halbzeit
Bereits in der ersten Spielminute drang Andreas Seeböck über rechts in den Strafraum ein. Die überrumpelte SVU Abwehr, um Spielertrainer Sebastian Drax wusste sich nur mit einem Foul zu helfen, was Referee „Jonny“ Schwaighofer berechtigterweise ahndete. SVO Kapitän Daniel Aschauer ließ sich nicht lange bitten und eröffnete mit dem verwandelten Strafstoß den Torreigen. Mit der Führung im Rücken kehrte dann erstmal Ruhe ins Spiel ein. Der SV Oberteisendorf marschierte über seine beiden Außenspieler Seeböck und Tim Quentin nach vorne, kam aber zunächst zu keinen weiteren Torerfolgen. Die Gäste, die mit einer Rumpftruppe aus dem Achental angereist waren, hielten sich tapfer und konnten die drängenden Gastgeber vom eigenen Tor entfernt halten. Und wenn nicht, hatten sie mit Keeper Franz Xaver Peikert einen starken Rückhalt im Kasten.
In Minute 21 brach erneut Seeböck über rechts durch und setzte per maßgenauer Flanke Daniel Aschauer in Szene. Dieser bedankte sich per Kopfball aus sieben Meter Entfernung mit seinem zweiten Tor des Tages. Erneut Kampfgeist bewies die Gästedefensive nach einer halben Stunde. Julian Greim hatte Peikert bereits verladen, seinen Abschluss aufs leere Tor kratzte die Abwehr des SV Unterwössen jedoch gerade noch von der Linie. So war es erneut Aschauer vorbehalten, in der 33. Minute seinen Hattrick zu vollbringen, nachdem er, von Julian Greim in die Tiefe geschickt, Peikert keine Chance gab und auf 3:0 stellte.
Kurios: Schiri bedient sich des beinschuss.de Fotobeweises
Wieder ging Aschauer in der 39. Minute steil. Peikert holte ihn von den Beinen und wieder erklang die Pfeife zum Elfmeter. Nachdem der Unterwössener Goalie jedoch heftigst reklamiert hatte, bediente sich Schiri Schwaigerhofer des Fotobeweises des „beischuss.de“ Redakteurs. „Hast Du des auf der Kamera?“, lautete die Frage und nach kurzem Blick auf die Speicherkarte die Antwort „Ja“. Schwaighofer betrachtete die Situation selbst und sah sich dabei in seiner Entscheidung bestätigt. Mit dem aus dem Fernsehen bekannten „VAR-Zeichen“ deutete er unter dem Gelächter der Zuschauer auf den Punkt. Doch diesmal scheiterte SVO Kapitän Aschauer an dem glänzend aufgelegten Peikert.
Kurz vor der Pause übersegelte eine missglückte Flanke von Winterneuzugang Ludwig „Lui“ Tannhäuser den überraschten Peikert. Der Ball landete zum 4:0 Halbzeitstand im langen Eck. Drei Minuten nach Wiederbeginn brachte Aschauer die Kugel von links außen flach vor das Gästegehäuse, wo Markus Rechenauer verlassen auftauchte und zum 5:0 erhöhte. Sein Jubel mit dem Trikot des erkrankten Mitspielers in Richtung der Livestream Kamera wird in der Historie des Sportvereins Oberteisendorf unvergessen, aber hoffentlich auch einmalig bleiben. Mit einer feinen Einzelaktion und seinem zweiten Tor des Tages erhöhte „Lui“ Tannhäuser in der 58. Minute auf 6:0. Den 7:0 Endstand besorgte Christian Spiegelsberger in der 85. Minute. Mit dem Schlusspfiff brachen dann natürlich die Bänne und auch dabei hielten die SVO Kicker den Stream ins Krankenhaus, um wenigstens einigermaßen gemeinsam feiern zu können.
Trainer bleibt dem SV Oberteisendorf auch in der Kreisliga erhalten
Nach dem Spiel wollte beinschuss.de von SVO Coach Schallinger wissen, ob es im Saisonverlauf einen Schlüsselmoment gab, an dem er merkte „da geht heuer was!“. „Ja, den gab es. Nach dem Auswärtssieg in Vachendorf (Anm. Red. 6:0). Da ist die Mannschaft so richtig explodiert, worauf ich die ganze Saison immer ein wenig gehofft hatte. Wir sind defensiv über die ganze Saison sehr gut gestanden, offensiv hat es immer noch ein wenig gehapert. Die Leistung in Vachendorf war über 90 Minuten einfach unglaublich gut und da hat die Mannschaft selbst gemerkt, welchen Power wir entwickeln können.“ Zu seiner eigenen Zukunft ließ Schallinger wissen, dass er noch ein Jahr Vertrag beim SV Oberteisendorf habe. Enorm wichtig sei ihm jedoch, dass er dabei den Segen und den Rückhalt seiner Familie genieße.
Goalgetter Aschauer und Keeper Krammer gewähren Einblicke in die SVO-Familie
Als bester Torschütze mit 15 Saisontreffern tat sich Kapitän Aschauer im gesamten Saisonverlauf hervor. Mit seinem relativ jungen Alter beweist der 24-Jährige bereits enorme Führungsqualitäten. beinschuss.de wollte von ihm seine Gefühle im Moment des Meistertitels wissen. „In den zwei Jahren, in denen ich die Mannschaft nun führen darf, ist echt gemeinsam was entstanden bei uns. Wir waren damals im Tabellenkeller, keiner hätte mit uns gerechnet. Dann sind wir letztes Jahr dritter geworden und jetzt die Krönung, unfassbar!“
„Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr die Meisterschaft!“ Mit diesem Zitat von Jupp Heynckes lobt der Spielführer seine Abwehr, insbesondere den jungen Bernd Prantler. „Wahnsinn, wie sich der entwickelt hat. Vor zwei Jahren vielleicht ansatzweise im Kader, dann spielt der zwei Saisons durch und hält gemeinsam mit den anderen da hinten den Laden dicht. Insgesamt 14 Zu-Null-Spiele suchen seinesgleichen in der Kreisklasse.“
Der ebenfalls erst 23-jährige Keeper Florian Krammer, der großen Anteil am Gewinn der „Auer Bräu Weiße Weste 2023/24“ mit nur 17 SVO-Gegentoren hat, spielt den Ball sinngemäß seinem Captain im Sturm zu. „Das Verteidigen beginnt im Sturm. Und deshalb ist es ganz klar ein Erfolg des ganzen Teams, dass wir so wenig Tore kassiert haben.“ Übrigens: sieben der siebzehn Gegentore von SV Oberteisendorf gehen auf das Konto des zweitplatzierten TSV Waging (6:1 im Hinspiel, 1:1 im Rückspiel). Auf seinen Aussetzer in der 96. Minute im Spiel gegen den TSV Bergen (beinschuss.de berichtete) drei Wochen vor Saisonschluss angesprochen, reagiert Krammer: „Das gehört zum Torwartspiel dazu. Ab und zu ist es einfach grausam, dafür ist es heute umso schöner.“
SV Oberteisendorf widmet dem schwer Erkrankten die Meisterschaft
Bevor die leicht gedämpfte Party richtig losging, ließ Captain Aschauer beinschuss.de noch wissen, dass die Meisterschaft natürlich dem derzeit fehlenden Spieler gewidmet ist und der Meisterpokal vorübergehend im Krankenhaus seinen Platz finden wird. Allerdings nur vorübergehend, denn: „Der wird gemeinsam mit dem Pokal zurückkommen, da sind wir uns 100-prozentig sicher. Wir als Einheit werden ihn auf alle Fälle bestmöglich dabei unterstützen, damit er stärker als zuvor zurückkehren kann.“
mme