„Waren alle hier ein wenig verdutzt“
Fußball-Wahnsinn in Tittmoning: Kammer dreht Spitzenspiel in rekordverdächtiger Zeit
Manch einer rieb sich am Freitagabend (4. April) verwundert die Augen – und hatte allen Grund dazu. Das Spitzenspiel der A-Klasse 5 zwischen dem TSV Tittmoning und DJK Kammer nahm eine Wendung, die so niemand kommen sah.
von Rudi Mayer
Tittmoning – Am Freitagabend (4. April) um 18.30 Uhr stand auf dem Tittmoninger Sportgelände an der Salzachau der 18. Spieltag der A-Klasse 5 an, mit der Begegnung TSV Tittmoning gegen die DJK Kammer. Bei angenehmen und frühlingshaften Witterungsbedingungen entwickelte sich die Begegnung vor über 180 Zuschauern zu einem wahrhaftigen Wechselbad der Gefühle. Die Tabellenkonstellation brachte es an den Tag! Hier musste heute für die ganz in Rot gekleideten Hausherren unbedingt ein Sieg her, möchte man auch weiterhin im punktgleichen Zustand auf einer Höhe mit der DJK Kammer bleiben.
Das über Wochen und Monate im Gleichschritt geführte Duell beider Aufstiegsaspiranten war von vornherein schon ein „Klassiker“ der besonderen Art. Die bisher ungeschlagenen und ganz in Grün gekleideten Mannen um Cheftrainer Robert Schneider konnten ganz zu Beginn der Partie die in sie gesetzten Erwartungen in keinster Weise erfüllen. „War das hier wirklich der Klassenprimus?“, fragten sich zwischenzeitlich viele der angereisten Zuschauer. Benedict A. aus Kammer bestätigte uns das mit seinen eigenen Worten: „Wir waren alle hier ein wenig verdutzt, so kannten wir unsere Mannschaft bisher nicht, es sah so aus, als hätten die sich wirklich erst nach 20 Minuten gefunden.“
Fußball-Wahnsinn in Tittmoning: Kammer dreht Spitzenspiel in Rekordzeit
Der TSV Tittmoning, bei dem seit dieser Saison ein 19-jähriger Bub das Fußballmärchen neu schreibt, war in den ersten 25 Minuten deutlich im Vorteil, mit wesentlich bissigeren Aktionen, man konnte es durchaus mit einem „Schneid-Abkauf“ vergleichen. Die Folgen waren bereits nach wenigen Minuten ersichtlich, als Mannschaftskapitän Tim von Kannen in der 10. Spielminute das 1:0 für die Hausherren markierte. Der nächste Tiefschlag für die Gäste ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten, als Bernhard Mangelberger in der 24. Spielminute den zwischenzeitlichen Spielstand auf 2:0 hochschraubte. War das eine Vorentscheidung in dieser Begegnung?
NEIN! Brachialer als die angereisten Gäste aus dem Traunsteiner Vorort kann man gar nicht antworten, was jetzt folgte, haben wir in unserer langen Zeit als Sportreporter selten bestaunen dürfen. Die DJK Kammer war auf einmal da! Wie von einer Tarantel gestochen bäumten sich die „Grünen“ auf, gingen um ein Vielfaches energischer und kämpferischer in die Zweikämpfe hinein, eroberten sich die Bälle im Mittelfeld und gingen ihrerseits in den Gegenangriff über. Was war denn jetzt auf einmal los?
TSV Tittmoning gegen DJK Kammer




So kam schließlich, was kommen musste, als Alexander Richter in der 31. Spielminute den wichtigen Anschlusstreffer zum 2:1 erzielen konnte. Nur sechs Minuten später klingelte es erneut im Kasten von Heimtorhüter Nicolas Maxlmoser, als Christoph Wimmer mit einem sehenswerten Abschluss in der 37. Spielminute der Ausgleich gelang. Was geht denn hier ab? Nur 60 Sekunden später war Wimmer schon wieder am Jubeln, als er in der 38. Spielminute gar der Führungstreffer zum 3:2 für die DJK Kammer einnetzte. Die zahlreich angereisten Gästezuschauer aus dem Traunsteiner Umland wussten überhaupt nicht mehr wie ihnen geschieht, jetzt war Stimmung in der Salzachau, jetzt ging die Post ab!
DJK Kammer nach Sieg in Tittmoning schon Meister der A-Klasse 5?
„Das war schon brutal, nach zwei solch gravierenden Abwehrschnitzern und dem daraus resultierenden 0:2 Rückstand noch einmal mit so einer Leistung aufzustehen und den Gegner mit 3:2 in die Knie zu zwingen, das zeichnet uns halt aus“, gab uns Gästetrainer Schneider, der schon in der Hinrunde das Erfolgsgeheimnis seiner Truppe verraten hatte, zu verstehen. Auf unsere Frage, was denn mit seiner Mannschaft die ersten 20 Minuten los war entgegnete er uns: „Jo, des woas i a net, aber mir haben heut mit viel jungen Spielern gearbeitet, da steht halt noch viel Nervosität auf dem Platz“. Sein Mannschaftskapitän Manuel Kosak brachte es schließlich auf einen Nenner: „Dass wir so ein Top-Spiel noch umbiegen können, ich glaube, das zeigt eindeutig unser Leistungsvermögen und vor allen Dingen unseren Leistungswillen. Hier kämpft jeder für jeden, das ist für eine Mannschaft, die wie wir oben mitspielt, natürlich auch grundlegend Voraussetzung“.
Nach der Pause ordnete sich der TSV Tittmoning neu aus und begann in zunehmendem Maße die Spielanteile an sich zu reißen. Kammer dagegen gefiel durch eine konstante Abwehrarbeit mit giftig vorgetragenen Konterspielzügen, die die „Roten“ das ein und andere Mal gewaltig ins Schwitzen brachte. Letztendlich fehlte den Hausherren das notwendige Quäntchen Glück zu einem leistungsgerechten Unentschieden. Die DJK Kammer fährt mit drei fetten Punkten aus einem Sechspunktespiel als weiterhin ungeschlagener Spitzenreiter der A-Klasse 5 nach Hause.
TSV Tittmoning verliert verletzten Kapitän und gesperrten Schneider
Und was meinte der Tittmoninger Cheftrainer Bernhard Mühlbacher zum Spiel seiner „Roten“: „Wir haben eigentlich sehr gut angefangen, sind verdient mit 2:0 in Führung gegangen, danach haben wir 20 Minuten zu wenig investiert in die Gegenbewegung zum Gegner. Dann fängst du dir so drei Kisten und musst zuschauen, dass man das in Halbzeit 2 noch umbiegt, aber da hat uns heute einfach das notwendige Glück gefehlt“. Auf die Frage nach dem Saisonziel nach dieser Niederlage und sechs Punkten Rückstand auf DJK Kammer meinte Trainer Mühlbacher: „Saisonziel gibt es bei mir nicht! Wir denken von Spiel zu Spiel und wollen immer gewinnen. Den Sechspunktevorsprung von Kammer werden wir wohl nicht mehr aufholen können, zumal wir jetzt auch noch unseren Kapitän verletzt ersetzen müssen und auch in Zukunft die heutige Rote Karte von David Schneider zu verkraften haben“.
Last but not Least: Wir denken, dass wir heute den Meister der A-Klasse 5 sehen durften! Die brutale Ausgekochtheit dieser „grünen“ Truppe um Trainer Robert Schneider hat uns doch sehr beeindruckt. Auch die fanatisch agierende Cheerleader Gruppe mit ihren grün-weißen Büscheln tun ihr Übriges dazu. Wir wünschen der DJK Kammer alles Gute! Der TSV Tittmoning braucht sich nach dem heutigen Spiel wahrlich nicht verstecken, hier ist unserer Meinung nach für den Absteiger immer noch genügend Potenzial vorhanden, um den begehrten Relegationsplatz für die Aufstiegsspiele zur Kreisklasse zu erreichen. Auch dazu wünschen wir dem TSV Tittmoning alles erdenklich Gute! (rm)