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Streit um Russland-Kurs

Kiew-Besuch im SPD-Chaos: Pistorius poltert gegen Manifest – Klingbeil reagiert

Pistorius pocht beim Ukraine-Besuch auf Militärhilfen. Doch SPD-Größen wehren sich mit ihrem Manifest gegen die Aufrüstung. Vor dem Parteitag droht die Zerreißprobe.

Update, 11.44 Uhr: Mit deutlicher Kritik reagiert die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag auf die aktuellen außenpolitischen Forderungen der SPD-Linken, die eine Annäherung an Russland ins Spiel bringen. Für die CSU-Fraktion ist klar: Ein solcher Kurswechsel kommt nicht infrage. Die CSU-Fraktion forderte die SPD auf, klar Stellung zu beziehen und keine Signale der Schwäche an Moskau zu senden. Nur ein geschlossenes und starkes Europa könne den Frieden und die Sicherheit dauerhaft sichern.

Dazu erklärte der europapolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion Dr. Gerhard Hopp: „Wir stehen unerschütterlich an der Seite der Ukraine, die sich gegen den Angriffskrieg Russlands wehrt und damit auch unsere Freiheit tapfer verteidigt! Putin zeigt mit den schwersten Angriffen auf die Zivilbevölkerung in der Ukraine seit Beginn des völkerrechtswidrigen Krieges, was er unter Entspannung und Annäherung versteht. Die Realität auszublenden und unsere europäische Sicherheit nicht in die eigenen Hände zu nehmen, ist verantwortungslos gegenüber der Ukraine und der eigenen Bevölkerung. Unsere Partner sitzen in Prag, Paris und Warschau, nicht im Kreml. Putin bedroht unsere Freiheit, Sicherheit und Demokratie. Unsere Antwort muss daher weiterhin der entschlossene europäische Schulterschluss und ein Signal der Stärke sein.“

SPD-Chef Klingbeil über Ukraine-Manifest seiner Genossen: „Brauchen keine Kehrtwende“

Update, 11.17 Uhr: SPD-Chef Lars Klingbeil distanziert sich vom Grundsatzpapier mehrerer SPD-Politiker, die eine Neuausrichtung der Verteidigungspolitik und Gespräche mit Russland fordern. Zu mehreren Aussagen aus dem „Manifest“ habe er explizit eine andere Meinung, sagte der Vizekanzler nach Angaben der SPD in einer Live-Unterhaltung mit Kevin Kühnert auf Instagram. „Wir brauchen keine Kehrtwende, was die Unterstützung der Ukraine angeht.“

Deutschland müsse sich nicht entscheiden zwischen militärischer Stärke und Ukraine-Unterstützung auf der einen sowie diplomatischen Bemühungen auf der anderen Seite. „Das ist nicht ‚entweder oder‘, sondern es sind zwei Seiten einer Medaille“, sagte Klingbeil am Mittwochabend. Zugleich betonte der Parteichef, die SPD und auch die Gesellschaft müssten solche Debatten aushalten. Es müsse möglich sein, kritisch darüber zu diskutieren, wie man die Ukraine am besten unterstützen könne. „Das muss eine Partei aushalten, dass es solche Diskussionen gibt.“

Minister unter Merz: Komplette Liste des Kabinetts – von Klingbeil bis zu „neuen Gesichtern“

17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands.
17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands. © dpa
Fritze Merz Kabinett CDU CSU Minister
Der neue Kanzler (offiziell ab dem 6. Mai): Friedrich Merz hat sein Kabinett zusammengestellt. Der 69-Jährige hat vertraute und neue Gesichter auserkoren. In dieser Fotostrecke finden Sie alle von der CDU bestimmten Minister, auch die von der CSU und SPD sind hier zu finden.  © IMAGO/Uwe Koch
Thorsten Frei Kanzleramtsminister Merz Kabinett
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (51) ist einer der engsten Vertrauten von Friedrich Merz und in der CDU angesehen.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Johann Wadephul Außenminister Merz Kabinett
Bundesminister für Auswärtiges: Johann Wadephul (CDU) heißt der neue Außenminister.  © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Katherina Reiche Wirtschaftsministerin Merz Kabinett
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie aus der CDU: Katherina Reiche ist 51 Jahre alt und wird die Nachfolge von Robert Habeck antreten. © IMAGO
Karin Prien Bildungsministerin FAmilie merz Kabinett
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien von der CDU wird Bildungs- und Familienministerin, sie ist 59 Jahre alt. © IMAGO/Jens Schicke
Nina Warken Gesundheitsministerin Kabinett Merz
Bundesministerin für Gesundheit: CDU-Ministerin Nina Warken (45) soll die Nachfolge von Karl Lauterbach antreten.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Karsten Wildberger Digitalminister Merz Kabinett
Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger ist die wohl größte Überraschung, der ehemalige MediaMarkt-Chef ist 56 Jahre alt.  © AnikkaxBauer
Wolfram Weimer Minister für Kultur
Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer, der 60-Jährige pflegt gute Kontakte in einige Verlage.  © IMAGO/Thomas Bartilla
Schnieder Vekehrsminister CDU Kabinett Merz
Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder von der CDU soll Verkehrsminister werden. © IMAGO
Dobrindt Innenminister CSU Kabinett Merz Liste
Bundesminister des Innern und für Heimat: Alexander Dobrindt. Der 54-jährige CSU-Mann ist schon zum zweiten Mal Minister. Unter Angela Merkel war er von 2013 bis 2017 Verkehrsminister © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Alois Rainer LAndwirtschaft Merz Kabinett
Landwirtschaftsminister soll der CSU-Politiker Alois Rainer werden. Der 60-Jährige ist durchaus ein überraschender Name, den Söder hier aus den CSU-Kreisen ausgewählt hat.  © IMAGO/Christian Spicker
Bär Ministerin Söder Merz KAbinett
Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (47) übernimmt das neu zusammengestellte Ministeramt. Die CSU-Politikerin galt von vorneherein als Favoritin aus Bayern.  © IMAGO/Heiko Becker
Klingbeil Kabinett Vizekanzler Finanzminister
Lars Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister. Der 47-Jährige spricht über die SPD-Minister mit den Worten: „Generationswechsel“ und „neue Gesichter und erfahrene Persönlichkeiten“. Nachfolgend sind alle SPD-Ministerinnen und SPD-Minister aufgelistet.  © IMAGO/FRANK TURETZEK
Boris Pistorius Verteidigunsminister SPD Merz Klingbgeil
Verteidigungsminister bleibt Boris Pistorius, 65 Jahre alt. Er ist eines der prominentesten SPD-Mitglieder des Kabinetts. © IMAGO/Noah Wedel
Der bisherige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gilt im Merz-Kabinett als gesetzt, wenn es mit schwarz-rot klappt. Er könnte allerdings das Ministerium wechseln und sogar Vizekanzler werden.
Pistorius ist der einzige Minister der einstigen Ampel-Koalition unter Olaf Scholz, der auch unter dessen Nachfolger Friedrich Merz einen Platz im Kabinett gefunden hat. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Bas Ministerin Arbeit Kabinett
Bärbel Bas, die 57-Jährige wird Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Von 2021 bis 2025 war die SPD-Politikerin Präsidentin des Deutschen Bundestags.  © IMAGO
Hubig, Justiz 56 SPD MErz Kabinett
Dr. Stefanie Hubig ist 56 Jahre alt. Sie wird Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. DIe SPD-Politikerin ist schon in Rheinland-Pfalz Ministerin für Bildung gewesen.  © IMAGO/Jürgen Heinrich
Reem Alabali-Radovan Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die jüngste Person aus der SPD-Riege. Reem Alabali-Radovan ist 35 Jahre alt und kümmert sich um „Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“. © IMAGO/Jürgen Heinrich
Hubertz wohnen, Bauministerin SPD KAbinett Merz Klingbeiil
Auch nicht viel älter, auch von der SPD: Verena Hubertz, 37 Jahre, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.  © IMAGO
Carsten Schneider SPD Umweltminister Merz Klingbeil Kabinett
Carsten Schneider von der SPD (49), nicht zu verwechseln mit Patrick Schnieder, wird Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD, galt lange Zeit als aussichtsreiche Kandidatin für einen Kabinettsposten in der Regierung von Friedrich Merz. © Christophe Gateau/dpa
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 werden ihm Außenseiter-Chancen auf ein Amt unter Merz ausgerechnet.
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 galt er zumindest als Außenseiter-Kandidat für einen Posten im Kabinett von Friedrich Merz. Daraus wurde letztlich nichts. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Kultursenator Joe Chialo
Kultursenator Joe Chialo war für die Berliner CDU bei den Koalitionsverhandlungen dabei (Archivbild). Fachleute spekulierten daraufhin Chialo könnte von Friedrich Merz als Kultusminister in sein Kabinett berufen werden. Doch der Posten ging letztlich an den Merz-Vertrauten Wolfram Weimer. © Jörg Carstensen/dpa
Jens Spahn als neuer und alter Minister? Dahinter steht ein Fragezeichen, auch wenn Spahn gewiss Ambitionen hat. Der frühere Gesundheitsminister stand wegen der Maskenaffäre in der Kritik. Andererseits verfügt er über große Regierungserfahrung, die Merz selbst bekanntermaßen fehlt.
Auch Jens Spahn hatte sich Hoffnungen auf einen Kabinettsposten unter Kanzler Friedrich Merz gemacht. Der ehemalige Gesundheitsminister ging in Sachen Kabinett zwar leer aus, kann sich aber dennoch über eine Beförderung im neuen Bundestag freuen: Spahn wird die CDU-Abgeordneten im Bundestag künftig als Fraktionsvorsitzender anführen. © IMAGO/Jens Schicke

Erstmeldung: Berlin/Kiew – Überraschungsbesuch trotz Partei-Chaos: Während Verteidigungsminister Boris Pistorius am Donnerstag (12. Juni) in Kiew eintraf, um über weitere Militärhilfe für die Ukraine zu verhandeln, tobt in seiner eigenen Partei zeitgleich weiterhin ein erbitterter Streit über die Russland-Politik. Ein von prominenten SPD-Politikern unterzeichnetes „Manifest“ stellt die Sicherheitspolitik der schwarz-roten Bundesregierung grundsätzlich infrage – und macht Pistorius‘ Mission zu einem Symbol für die tiefe Spaltung der Sozialdemokraten.

Ungeachtet des umstrittenen Manifests will Verteidigungsminister Boris Pistorius die Militärhilfe für die Ukraine jedenfalls weiter ausbauen. Bei der Ankunft zu Gesprächen mit der Regierung in Kiew verurteilte der SPD-Politiker die verstärkten russischen Luftangriffe auf das Land, die „außerordentlich heftig und bedrohlich mit der großen Zahl von Marschflugkörpern und Drohnenangriffen“ seien, sagte Pistorius laut der Nachrichtenagentur dpa

Pistorius in Kiew: Verteidigungsminister verurteilt russische Angriffe auf die Ukraine scharf

„Das setzt ein klares Zeichen aus Moskau: Es gibt kein Interesse an einer friedlichen Lösung derzeit, sondern es werden mit unverminderter Härte und vor allen Dingen auch wieder zunehmend zivile Bereiche in der Ukraine angegriffen“, stellte der Verteidigungsminister auf dem Bahnhof in Kiew klar. Seine Reise zeige, dass auch die neue Bundesregierung weiter an der Seite der Ukraine stehe. Pistorius sagte: „Natürlich wird es darum gehen, wie die Unterstützung Deutschlands und auch der anderen Europäer in Zukunft aussehen wird. Was wir tun können, beispielsweise im Bereich der Industriekooperation, aber auch der sonstigen Unterstützung.“

Pistorius reagierte damit indirekt auch auf die Debatte innerhalb seiner Partei und ließ keinen Zweifel an seinem Kurs aufkommen. Bereits wenige Stunden zuvor hatte er mit ungewöhnlicher Schärfe auf das Positionspapier seiner Parteikollegen reagiert, die in einem Manifest weniger Waffenhilfe für die Ukraine und mehr Dialog mit Russland gefordert hatten. „Dieses Papier ist Realitätsverweigerung. Es missbraucht den Wunsch der Menschen in unserem Land nach Ende des furchtbaren Krieges in der Ukraine. Nach Frieden“, hatte der Verteidigungsminister der Nachrichtenagentur dpa gesagt.

SPD-Manifest stiftet Chaos in der Partei: Abkehr vom bisherigen Pistorius-Kurs

Zu den Unterzeichnern des umstrittenen Manifests gehören Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich, Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans und der Außenpolitiker Ralf Stegner. Sie fordern eine Abkehr von der aktuellen Aufrüstungspolitik und direkte Gespräche mit Russland – eine Position, die der offiziellen Linie der SPD in der Bundesregierung diametral entgegensteht.

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) distanzierte sich bereits von dem Papier. Sie teile dessen Vorschläge nicht, sagte sie im Playbook-Podcast von Politico. Allerdings räumte sie ein: „Dass Ralf Stegner oder Rolf Mützenich diese Position vertreten, ist nicht wahnsinnig überraschend.“

Auch Juso-Chef Philipp Türmer äußerte Kritik. Das Papier bleibe „eine zentrale Antwort schuldig: Wie geht man mit einem Russland um, das keine Gespräche führen will? Wie soll eine Entspannungspolitik mit Putin möglich sein?“, zitierte ihn die Berliner Zeitung.

Ukraine, Kiew: Boris Pistorius (SPD, r), Bundesminister der Verteidigung, kommt am Morgen mit einem Sonderzug auf dem Hauptbahnhof an und wird von Martin Jäger, deutscher Botschafter in der Ukraine begrüßt. Der Minister ist zu Gesprächen über weitere Militärhilfen in der Ukraine.

Scharfe Worte von Stegner nach Manifest: „Jeder Trottel“ kann über Waffen reden

Ralf Stegner verteidigte das Manifest jedoch im konservativen Magazin Cicero: „Über Waffen kann öffentlich jeder Trottel reden. Selbst jemand, der ein Gewehr nicht von einem Regenschirm unterscheiden kann. Aber die Diplomatie, die hinter verschlossenen Türen stattfindet, das ist die wirkliche Kunst.“

Ex-Parteichef Walter-Borjans warnte ebenfalls erneut vor einem „Rüstungsrausch“ und beklagte „den Glauben, dass man einem Ende des Blutvergießens näher kommt, wenn man Abrüstungsverhandlungen für nicht mehr zeitgemäß erklärt.“

Gut zwei Wochen vor dem SPD-Bundesparteitag stellt das Manifest die Parteiführung vor eine schwierige Situation. Trotz der Wahlschlappe bei der Bundestagswahl war Parteichef Lars Klingbeil als Vizekanzler und Finanzminister zum neuen starken Mann in der SPD aufgestiegen. Co-Chefin Saskia Esken musste indes ihren Hut nehmen und war auch nicht im Kabinett von Kanzler Friedrich Merz (CDU) berücksichtigt worden. An ihre Stelle soll nun Arbeitsministerin Bärbel Bas rücken. Doch auffällig ist: Die beiden designierten Vorsitzenden schweigen bislang zu der tobenden Manifest-Debatte innerhalb der SPD. (jek)

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld/dpa

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