„Kontraintuitiv“
„Im eigenen Land aufräumen“: Junge Muslima unterstützt Wagenknecht auf TikTok
Eine junge Frau auf TikTok feiert das Bündnis Sahra Wagenknecht – auch wegen der Vorsitzenden Amira Mohamed Ali. Welche Chancen hat das BSW bei dieser Zielgruppe?
Amira Mohamed Ali war die erste Muslimin an der Spitze einer Bundestagsfraktion. Im Januar 2024 verließ sie die Linken und gründete gemeinsam mit Sahra Wagenknecht das gleichnamige Bündnis (BSW). Eines ihrer Kernthemen: Der Gaza-Krieg und die vom Internationalen Gerichtshof untersuchten mutmaßlichen Verstöße Israels gegen das Völkerrecht.
Bei einigen scheint die ehemalige Linken-Politikerin mit solchen Themen gut anzukommen. Kurz vor den Europawahlen erklärt die junge Muslima @camillcka in mehreren TikTok-Videos, warum man „als Muslima auf jeden Fall BSW wählen“ sollte. Nämlich deswegen, weil Amira Mohamed Ali selbst Muslima sei. Mehrere Hunderttausend Nutzer schauen ihr dabei zu.
@camillcka Replying to @beccynspiration #bsw #sarahwagenknecht #europawahl #afd #wahlen #fy #fypviralシ ♬ original sound - camillcka
Dass das BSW Migration begrenzen will, stört @camillcka nicht: „Sie setzen sich dafür ein, dass mehr Integration stattfindet, weil wir erst im eigenen Land aufräumen müssen.“ Sie ruft ihre muslimische Community dazu auf, ihr Fragen zu schicken, die sie bei einer Fragerunde mit Sahra Wagenknecht zum BSW stellen soll.
In den Kommentaren unter den TikTok-Videos äußern viele weitere aus der muslimischen Community ihre Unterstützung: „Ich wähle BSW“, schreibt einer. „Für mich kommt nur BSW infrage“, ein anderer.
„Nähe von Muslimen zu Bündnis Sahra Wagenknecht ist eigentlich kontraintuitiv“
Den Professor für Moderne Türkeistudien an der Universität Duisburg-Essen, Haci-Halil Uslucan, überraschen die TikTok-Videos. „Eine Nähe von Muslimen zu BSW ist eigentlich kontraintuitiv, denn viele Punkte des Parteiprogramms sind ja gegen den Mainstream-Islam“, sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Zum Beispiel, dass sich das BSW nicht religiös und gegen Traditionen positioniere, die aber jungen Frauen, die zum Islam konvertieren, so wichtig sind.
„Allenfalls bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit ließe sich eine Nähe zu islamischen Positionen finden“, sagt er. Natürlich könnte es sein, dass Sahra Wagenknecht oder Amira Mohamed Ali die Partei für einige Perser, Ägypter und/oder Menschen mit muslimischer Religionszugehörigkeit attraktiv mache. „Doch Kandidatenorientierung ist nur ein Kriterium der Parteineigung“, sagt er.
Landtagswahlen im Osten: Kaum wahlberechtigte Musliminnen und Muslime
Den jungen Muslimen auf TikTok scheint die Distanz des BSW zu Religion egal. Sie hat Mohamed Ali offenbar schon durch ihren Glauben überzeugt. Welchen Einfluss hat das auf die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen? Die Zahl an Muslime und Musliminnen, die wahlberechtigt sind, sei im Osten verschwindend gering und in Umfragen „kaum messbar“, weiß Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen.
Es dürfen also viele der Menschen, die „über die muslimische Dimension erreichbar sind“, gar nicht wählen gehen. Und das gelte „besonders im Osten, wo der Anteil der muslimischen Bevölkerung extrem gering ist“, sagt Jung BuzzFeed News Deutschland.
Rubriklistenbild: © Screenshot TikTok @camillcka
