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Rassismus

20-Jährige erzählt, wie der Trend „braun zu sein“ ihr Leben veränderte

Jennah Schott musste sich als Kind aufgrund ihrer Hautfarbe rassistische Beleidigungen anhören. Seit sie ein Kopftuch trägt, erlebt sie doppelte Diskriminierung.

Achtung: Dieser Artikel thematisiert rassistische Beleidigungen.

Wenn Jennah Schott durch die Sicherheitsschleuse am Flughafen geht, plant sie extra viel Zeit ein. „Auch wenn es nicht piept, werde ich fast immer rausgezogen“, sagt sie BuzzFeed News Deutschland, ein Portal von Ippen.Media. Schott hat eine Vermutung, woran das liegen könnte: Sie ist Schwarz und trägt seit Kurzem ein Kopftuch.  

Um den Moment, wenn Sicherheitspersonal ihr Kopftuch speziell abtasten muss, geht es ihr nicht. Die Routine-Untersuchung findet sie völlig in Ordnung. Die 20-Jährige ist sicher, dass Polizistinnen und Polizisten und Angestellte sie mit besonderer Vorsicht behandeln – und dahinter Rassismus steckt. „Das war bei mir auch schon so, bevor ich Kopftuch getragen habe.“

Jennah Schott spricht über die Diskriminierung, die sie als Schwarze Hijabi erlebt.

TikTokerin: „Für mich ist schwer zu unterscheiden, wieso mich Menschen nicht mögen“

Für Schwarze Hijabis (arabisch: Frauen mit Kopftuch) in Deutschland gehört Diskriminierung zum Alltag. Schott erlebt ihn beim Reisen, bei Wohnungsbewerbungen oder beim Einkaufen. Darüber spricht sie in einem TikTok-Video gemeinsam mit einer Freundin, die ebenfalls Schwarze Hijabi ist – mittlerweile hat es fast 700.000 Aufrufe.

@jennahschott

ICH HEULE HAHAHAHAHAH

♬ Originalton - Jennah

Zum Beispiel erzählt sie, dass Verkäufer sie regelmäßig auf Englisch ansprechen. Dabei ist sie in Heidelberg geboren und aufgewachsen, seit der Schulzeit lebt sie in Berlin. Ihre Mutter kommt aus Russland, ihr Vater aus Nigeria. Schott geht mit solchen Situationen humorvoll um. „Wenn ich mit dem hochgestochensten, besten Deutsch, das ich kann, antworte, sind sie immer total schockiert. Ihre Reaktion amüsiert mich jedes Mal“, sagt sie.

Schott ist sich oft nicht sicher, wo der Rassismus herkommt: Liegt es an ihrer Hautfarbe oder an ihrem Hijab, also ihrem Kopftuch? „Für mich ist schwer zu unterscheiden, warum ich Diskriminierung erlebe oder wieso mich Menschen aufgrund meines Aussehens nicht mögen.“ Negative Kommentare würden jedoch zunehmen, seit sie vor zwei Monaten angefangen habe, Kopftuch zu tragen. Das kann man auch auf ihrem TikTok-Kanal (@jennahschott) beobachten. „Ich finde es schrecklich, es sollte in Deutschland verboten werden“, schreibt beispielsweise eine TikTok-Userin über ihr Kopftuch. Auch darauf reagiert Schott ironisch:

@jennahschott Antwort auf @xInkedxxX ♬ Originalton - Jennah

Mobbing in der Grundschule, „bis irgendwann die Revolution kam“

Schon als Kind muss sich Schott von Mitschülerinnen und Mitschülern Beleidigungen anhören. „Du siehst ekelhaft aus“, „Du hast eine fette Nase, fette Lippen“ sind nur Beispiele. In der Grundschule und zu Beginn im Gymnasium erfährt sie Mobbing. „Bis irgendwann die Revolution mit amerikanischen Rappern wie Nicki Minaj oder Tyga kam. Dann wurde es cool, große Lippen zu haben. Dann wurde es cool, braun zu sein.“

Die TikTokerin meint damit Mitte der 2010er-Jahren, in denen sich Promis wie Kim Kardashian einen Brazilian Buttlift (BBL) verpassten, um mehr wie Schwarze Frauen auszusehen. Sich die Lippen aufzuspritzen, wurde ein beliebter Schönheitseingriff unter jungen Menschen. Schott, damals etwa elf Jahre alt, erfährt plötzlich weniger Diskriminierung. Im Gegenteil, andere Jugendliche machen ihr Komplimente. Aber: „Am Rassismus von älteren Omas und Eltern hat das natürlich nichts geändert.“

Dass ihr Aussehen zum „Trend“ wurde, hat Vor- und Nachteile

Wie findet Schott diese Entwicklung rückblickend? „Ich finde es schade, dass es zu einem Trend werden muss, bis Menschen mein Aussehen akzeptieren oder als normal empfinden.“ Trotzdem konnte sie daraus Selbstbewusstsein ziehen, erzählt sie. Genau genommen, konnte sie es wieder zurückgewinnen. Denn schön habe sie sich schon vor der Schulzeit gefühlt. „Die Leute haben mir meine Schönheit mit ihren Worten genommen.“

Mittlerweile hat Kim Kardashian ihren BBL entfernen lassen. Der Trend Heroin Chic, der dünne Körper feiert, ist teilweise wieder zurück. Promis wie Bella Hadid lassen sich Wangenfett entfernen. Die Zeiten haben sich trotzdem zum Positiven geändert, glaubt Schott.

Es gibt zahlreiche Influencerinnen, die über Rassismus aufklären, etwa die Nigerianerin Charity Ekezie. Muslimische TikTokerinnen und TikToker machen Mut, zu ihrer Religion zu stehen. Sie geben jungen Hijabis Tipps, die sie früher nicht in der Bravo gefunden hätten. Schott hat zum Beispiel einen Ramadan-Planer herausgebracht, mit der Musliminnen und Muslime Fasten- und Gebetszeiten organisieren können.

Die Muslimin möchte kein Vorbild sein

„Ich bin früher sehr oft zu meiner Mutter gegangen und habe gesagt: Ich hasse meine Hautfarbe.“ Schott ist überzeugt, dass es ihren eigenen Kindern einmal nicht so gehen wird. „Hätte ich damals eine Person auf Social Media oder im Fernsehen gesehen, mit der ich mich identifizieren kann und die von Mobbing erzählt, hätte mir das sehr geholfen.“

Als Vorbild für junge Menschen möchte Schott persönlich nicht gelten. „Ihr könnt gerne Sachen als Vorbild nehmen, die ich mache –  zum Beispiel, dass ich bete, dass ich gut zu Menschen bin und sie respektiere. Aber versucht nicht, mein ganzes Sein nachzumachen.“ So wie sie selbst ihren eigenen Weg geht, wünscht sie sich das für ihre Followerinnen und Follower.

Rubriklistenbild: © Aziza Sassi

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