„Sozialer Druck“
„Müssen ehrlich sein“: Islam-Expertin fordert, ihre Religion offener zu kritisieren
Als Religion wird der Islam in Deutschland wichtiger. Zwischen ihm und dem Christentum gibt es jedoch einen großen Unterschied, den wir überwinden müssen.
In Deutschland leben etwa 5,5 Millionen Muslime und Musliminnen. Tendenz langsam steigend, zeigt die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ aus dem Jahr 2020. „Vor allem die Gen Z wächst in einem Deutschland auf, in dem der Migrationsanteil bei 40 bis 50 Prozent liegt. Schüler heute haben ganz andere Berührungspunkte mit muslimischem Leben“, sagt Sineb El Masrar BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.
Deswegen braucht es eine „offenere Diskussion“ über den Islam, sagt die Autorin und Islam-Expertin, deren neustes Buch „Heult leise, Habibis!“ im März 2024 erschienen ist.
Expertin nennt „drei große Tabus“ im Islam
Was meint sie damit? „Noch heute gibt es in muslimischen Gemeinschaften drei große Tabus: Familie, Islam und Sexualität. Mit diesen Tabus sollten wir unbedingt brechen“, fordert El Masrar, die selbst praktizierende Muslimin ist. Es könne nicht sein, dass Muslime, die das gleiche Geschlecht lieben, nicht heiraten oder sich von ihrer Religion abwenden, „so hohen sozialen Druck“ erleben, kritisiert sie. In muslimischen Ländern ziehe es sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich.
„Im Christentum gibt es diesen sozialen Druck seit den 80ern nicht mehr. Im Grunde genommen ist es ein Schulterzucken“, sagt die Islam-Expertin BuzzFeed News Deutschland. Die Kirchen würden keine Sanktionen erheben, sondern ihr Angebot eher noch für LGBTQIA+-Menschen öffnen. „Ein bedeutender Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum, den wir überwinden müssen.“
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Islam in Deutschland: „Da müssen wir Muslime ehrlich mit uns sein"
Es sei „gefährlich“ zu denken, man müsse nur abwarten, sagt El Masrar. „Dass der soziale Druck von Religion im Westen geringer wurde, war kein natürlicher Prozess.“ Damit der Islam in Deutschland die Rolle einnehme, die die christliche Religion einnimmt, brauche es ehrliche Diskussionen darüber, wie sich Muslime oder konvertierte Musliminnen „in den Bereichen Familie, Islam und Sexualität frei entfalten“ können.
In einer deutschen Gesellschaft, die nicht muslimisch geprägt sei, entstehe „schnell die Tendenz, Kritik als Islamophobie“ abzutun. „Unsere undifferenzierte Islamkritik-Debatte hat zu einer undifferenzierten Debatte über antimuslimischen Rassismus geführt“, sagt die Muslimin. „Da müssen wir Muslime ehrlich mit uns selbst sein.“
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