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Pete Hegseth auf den Philippinen

Nach Chat-Skandal: Trumps Verteidigungsminister besucht Hotspot im Konflikt mit China

Pete Hegseth reist auf die Philippinen. Nicht nur wegen der Chat-Affäre zweifelt man in Asien an der Zuverlässigkeit des US-Verteidigungsministers.

Es ist wieder ruhiger geworden im Südchinesischen Meer. Im vergangenen Jahr noch gerieten hier Schiffe der chinesischen und der philippinischen Küstenwache regelmäßig aneinander, rammten sich gegenseitig oder versuchten, einander mit Wasserwerfern zu vertreiben. Es war nicht nur ein Kampf mit Schiffen, sondern auch ein Propagandakrieg, ausgetragen mit verwackelten Videoaufnahmen, die beweisen sollten, dass der jeweils andere die Lage grundlos eskaliert. Der Hintergrund: Die Volksrepublik beansprucht große Teile der Region für sich, darunter mehrere Inselchen und Atolle, die unmittelbar vor den Küsten der Philippinen und anderer Anrainerstaaten liegen.

Anfang dieses Monats dann diese denkbar unspektakuläre Meldung der Agentur Reuters: Eine philippinische Versorgungsmission habe ohne Zwischenfälle die „BRP Sierra Madre“ erreicht, ein auf Grund gesetztes Weltkriegsschiff, das den Philippinen seit einem Vierteljahrhundert als rostiger Außenposten dient. Zwar habe China den Vorgang beobachtet, viel mehr aber gab es nicht zu berichten.

Donald Trump (links) und Pete Hegseth im Weißen Haus: Der US-Außenminister befindet sich derzeit auf Antrittsbesuch in Asien.

Südchinesisches Meer: wichtige Region zwischen China und Philippinen umstritten

Offenbar halten sich beide Seiten an eine Übereinkunft vom Januar, in der Peking und Manila gelobten, trotz ungelöster Gebietsansprüche ihre Meinungsverschiedenheiten diplomatisch lösen zu wollen. An den grundlegenden Positionen Chinas und der Philippinen hat sich allerdings nichts verändert. Noch immer verweist Manila auf ein Urteil des Internationalen Schiedsgerichtshof in Den Haag, der 2016 Pekings Ansprüche weitgehend zurückgewiesen hat. Und noch immer ignoriert China den Richterspruch demonstrativ.

In dem Streit geht es um mehr als ein paar unbewohnte Inselchen. In der Region liegen reiche Fischgründe, zudem werden hier große Öl- und Gasvorräte vermutet. Vor allem aber verläuft durchs Südchinesische Meer eine der Hauptschlagadern der Weltwirtschaft, rund jeder dritte Schiffscontainer, der weltweit transportiert wird, passiert die Region. Eine chinesische Blockade würde weltweit Lieferketten stören, auch in Europa oder den USA stünden viele Bänder still. Am äußersten Rand des Südchinesischen Meers liegt zudem Taiwan, der von China bedrängte Inselstaat und ein Verbündeter der USA.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

US-Verteidigungsminister Hegseth auf erster Asien-Reise

Für Washington hat die Region also oberste Priorität, weswegen Pete Hegseth am Freitag und Samstag während seiner ersten Asien-Reise als US-Verteidigungsminister auf den Philippinen Station machen wird. Es ist eigentlich ein Besuch unter Freunden: In den Biden-Jahren waren die Philippinen wieder enger an die USA herangerückt, regelmäßig fanden gemeinsame Militärübungen statt, zudem öffnete der Inselstaat weiter Militärbasen für seinen amerikanischen Verbündeten. Ein Selbstläufer dürfte Hegseths Visite dennoch kaum werden, und das liegt nicht nur daran, dass der Pentagon-Chef seit seinem Chat-Skandal von Anfang der Woche stark angeschlagen ist.

Denn auch in Manila hat man registriert, wie die neue US-Regierung mit ihren Verbündeten umspringt, wie Donald Trump und sein Vize JD Vance den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor ein paar Wochen genüsslich und vor laufenden Kameras gedemütigt haben. In Asien hat sich der Wind ebenfalls gedreht, dem Inselstaat Taiwan etwa hat Trump angedroht, ihn fallenzulassen, sollte Taipeh nicht mehr für seine Verteidigung zahlen. Es klang wie ein Erpressungsversuch aus einem schlechten Mafia-Film.

„Auch gegenüber Japan und Südkorea hat Trump bereits mehrfach angedeutet, den Schutzschirm des US-Militärs abzubrechen“, sagt Alexander Görlach, Geopolitik-Experte an der New York University. „Es wäre untypisch für Donald Trump, wenn er von den Philippinen nicht auch eine Gegenleistung für den Weiterbestand der militärischen Allianz mit Washington einfordern würde.“

Rivalität mit China: USA unterstützen die Philippinen

Die Philippinen waren einst amerikanische Kolonie, heute sind beide Länder durch einen Verteidigungspakt miteinander verbunden. „All das wird in Kraft bleiben“, sagte vor Kurzem Jose Manuel Romualdez, der philippinische Botschafter in Washington. Doch auch ihm dürfte kaum entgangen sein, dass Trump einen ähnlichen Verteidigungspakt mit Japan unlängst zur Disposition gestellt hat. Es sei unfair, dass die USA im Kriegsfall Japan verteidigen müssten, umgekehrt aber nicht, klagte Trump. Auch in Japan – wo Hegseth nach seinem Besuch auf den Philippinen hinfliegen wird –, muss der US-Verteidigungsminister also verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.

Was man in Asien aber mit Erleichterung registriert hat: Pete Hegseth gilt als großer China-Kritiker, ebenso wie der amerikanische Außenminister und überhaupt weite Teile der neuen US-Regierung. Und während Trump und Vance wenig von Allianzen halten, ist Hegseth bewusst, dass die USA vor allem in Asien auf ihre Verbündeten angewiesen sind. Zum Verteidigungspakt mit den Philippinen stünden die USA „felsenfest“, sicherte er im Februar seinem philippinischen Amtskollegen am Telefon zu. Auch ließ die US-Regierung mehr als 330 Millionen US-Dollar an Hilfen für Manila freigeben, die der Modernisierung der philippinischen Streitkräfte dienen sollen.

China kritisiert Zusammenarbeit zwischen USA und Philippinen

Es war ein klares Zeichen der Unterstützung für den US-Verbündeten und China-Rivalen Philippinen, denn generell streichen die USA ihre Auslandshilfen derzeit ja drastisch zusammen. Gleichzeitig weiß die Regierung in Manila, dass man Trump etwas geben muss, wenn man etwas von ihm bekommen will. Deswegen, so der philippinische Botschafter, wolle sein Land künftig Flüssiggas aus den USA importieren. Sicher ist sicher.

In Peking blickt man naturgemäß skeptisch auf die Allianz des Nachbarlandes mit den USA. „Jegliche Verteidigungs- oder Sicherheitskooperation zwischen den Philippinen und anderen Ländern sollte sich nicht gegen Dritte richten oder deren Interessen schaden“, erklärte in Peking Außenamtssprecher Guo Jiakun. Und er erinnerte die Philippinen daran, dass auf die USA derzeit nur wenig Verlass sei: „Diejenigen, die bereitwillig als Schachfiguren dienen, werden am Ende im Stich gelassen“, sagte Guo.

Rubriklistenbild: © Anna Moneymaker/AFP

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