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„Balikatan“

XXL-Manöver von USA und Philippinen erzürnt China – Deutschland entsendet Beobachter

Die USA und die Philippinen starten die jährliche Militärübung „Balikatan“ – mit Tausenden Soldaten und zwei Premieren. Auch Deutschland zeigt Präsenz.

Vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen mit China haben die Philippinen und die USA ihre jährliche Militärübung „Balikatan“ gestartet. Seit dem 22. April üben mehr als 16.000 Soldatinnen und Soldaten im Norden und Westen der Philippinen unter anderem die Rückeroberung feindlich besetzter Inseln, wie Oberst Michael Logico in der vergangenen Woche mitteilte. Logico beaufsichtigt für die Philippinen das Militärmanöver, dessen Titel auf Deutsch „Schulter an Schulter“ bedeutet.

Erstmals findet die Übung in diesem Jahr außerhalb der Territorialgewässer der Philippinen statt, zudem nimmt zum ersten Mal die philippinische Küstenwache an dem knapp drei Wochen dauernden Manöver teil. Auf einer Pressekonferenz in Manila benannte Logico die Mission der Übung: „Es gibt nichts zu beschönigen: Der Zweck der Streitkräfte, der Grund, warum wir existieren, ist die Vorbereitung auf den Krieg.“ Konkret soll unter anderem die Interoperabilität zwischen der US-amerikanischen und der philippinischen Armee geübt werden.

„Balikatan“-Übung im Jahr 2016: In diesem Jahr wollen die USA und die Philippinen unter anderem die Rückeroberung einer besetzten Insel proben.

Beteiligt an dem Manöver sind rund 11.000 US-amerikanische Soldaten, 5000 Soldaten der Philippinen sowie einige hundert Teilnehmer aus Frankreich und Australien. Mehrere andere Länder nehmen als Beobachter an der Übung teil, darunter auch Deutschland, wie das Verteidigungsministerium auf Anfrage mitteilte. Der Indopazifik sehe sich „mit Konfliktlinien konfrontiert, die von globaler Bedeutung sind und nicht zuletzt Deutschland sowie Europa direkt betreffen können“, sagte ein Sprecher unserer Redaktion. Von Mai bis Dezember werde die Bundeswehr „Flagge in der Region zeigen. Schwerpunkt der Fahrt einer Fregatte und eines Einsatzgruppenversorgers der deutschen Marine ist es, auf internationalen Schifffahrtsrouten Präsenz zu zeigen.“

China kritisiert geplanten Militärmanöver

Gerichtet sei das Manöver nicht gegen ein bestimmtes Land, betonten die Philippinen im Vorfeld. Es dürfte allerdings kein Zufall sein, dass das nördliche Manövergebiet der Übung in der Nähe von Taiwan liegt, der demokratisch regierten Insel, die Peking als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet und notfalls mit Gewalt mit dem Festland vereinen will. Das westliche Manövergebiet liegt zudem im Südchinesischen Meer, einer Region, die zwischen China, den Philippinen und anderen Anrainerstaaten umstritten ist. China beansprucht fast die gesamte Region für sich, immer wieder kommt es dort zu Zusammenstößen mit Schiffen der philippinischen Küstenwache. „Es ist vorstellbar, dass jemand in unser Manövergebiet eindringt“, sagte Oberst Logico. „Aber das ist mehr ein Problem für die Eindringlinge als für uns.“

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

Peking verurteilte im Vorfeld die Übung. „Die Philippinen müssen sich darüber im Klaren sein, dass sich die Spannungen verschärfen könnten, wenn Länder von außerhalb der Region in das Südchinesische Meer eindringen, um ihre Muskeln spielen zu lassen und Konfrontationen zu schüren, und dass die Region dadurch nur an Stabilität verliert“, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenamts vergangene Woche. „Wir werden weiterhin die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unsere territoriale Souveränität und unsere maritimen Rechte und Interessen zu schützen.“

Philippinen verurteilen „Chinas aggressives Verhalten“

Das philippinische Außenministerium wies die chinesischen Bedenken zurück. „Die Quelle der Spannungen in unserer Region ist allen bekannt“, hieß es in einer Erklärung. „Es sind Chinas exzessive maritime Ansprüche und sein aggressives Verhalten, einschließlich seiner Militarisierung der beanspruchten Gebiete, die den Frieden und die Stabilität in der Region untergraben und die Spannungen erhöhen.“

Die Philippinen, eine ehemalige amerikanische Kolonie, sind einer der engsten Verbündeten der USA in Asien. Anfang April hatte US-Präsident Joe Biden den philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. zusammen mit Japans Premierminister Fumio Kishida zu einem als „historisch“ bezeichneten Dreiergipfel in Washington empfangen. In einer gemeinsamen Stellungnahme warfen die drei Staaten China ein „gefährliches und aggressives Verhalten“ im Südchinesischen Meer vor. „Jeder Angriff auf philippinische Flugzeuge, Schiffe oder Streitkräfte“ in der Region würde eine Vereinbarung zur gegenseitigen Verteidigung aktivieren, sagte Biden.

Rubriklistenbild: © AFP

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