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Russland und USA bereiten Sorge
Litauens Konzept gegen Putins Bedrohung: „Geht um gesamte Gesellschaft“
Litauen will die Verteidigungsausgaben massiv erhöhen. Aber das Land hat einen breiteren Ansatz, wie ein Minister der FR erklärt.
München – Donald Trumps USA scheinen die Lager zu wechseln, Wladimir Putin hat Oberwasser. Kein Wunder, dass die Delegationen beim „Litauisch-Deutschen Forum“ in München vor allem ein Thema hatten: die Sicherheit zu sichern. Gerade die Litauer sprachen beim Termin am Freitag Klartext.
Mit dabei war auch der Vize-Verteidigungsminister in Vilnius, Tomas Godliauskas. Auf dem Podium verwies der langjährige Soldat und frühere Nationale Sicherheitsberater auf die Bedeutung der Arbeit gegen Desinformation, ganz gezielt mit anfälligen Gruppen. Im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau erläutert Godliauskas das schon vor Trump massiv ausgebaute litauische Verteidigungskonzept. Dabei geht es zwar auch um massive Investitionen ins Militär – aber eben nicht nur.
Herr Godliauskas, die jüngsten Signale aus Donald Trumps USA haben Europa erschüttert – und ganz sicher die deutsche Verteidigungspolitik verändert. Haben sie Litauens Strategie auch durchgerüttelt oder eher bestärkt?
Wir haben tatsächlich schon vergangenes Jahr Entscheidungen getroffen, um unsere Verteidigung spürbar zu stärken: zunächst mit Ausgaben von mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und mit dem Regierungswechsel haben wir zum Jahresanfang nachgelegt. Wir wollen die Verteidigungsausgaben über die nächsten vier bis fünf Jahre auf bis zu sechs Prozent steigern. 2030 wird ein Meilenstein auf dem Weg zu glaubwürdiger Verteidigungs-Kampfbereitschaft sein. Litauen nimmt das zweifelsohne sehr ernst. Und da geht es nicht nur um Investitionen ins Militär, sondern in die Widerstandsfähigkeit der gesamten Gesellschaft.
Litauen: Vize-Minister setzt auf EU – und den Partner Deutschland
Was heißt das konkret?
Es geht auch um Investitionen in Industrien, die im Falle eines Konflikts entscheidend sein könnten. Angesichts der geopolitischen Lage haben wir auch stark für größere Ausgaben und eine stärkere Rolle der EU geworben. Genau jetzt hat Europa historische Entscheidungen getroffen, mit einer enormen Finanzspritze für die Verteidigung. Und natürlich haben wir auch von Deutschlands neuen Plänen für die Verteidigung gehört. Wir haben eine strategische Partnerschaft mit Deutschland; wir hoffen, in drei Jahren mehr als 5000 deutsche Soldatinnen und Soldaten in Litauen zu haben. Wir haben gemeinsame Pläne, Aktivitäten, Übungen – und das wird einen Unterschied für die gesamte Verteidigung der EU machen.
Darauf gibt es eine zweiteilige Antwort. Die eine Seite ist: Die Nato, unsere strategischen Partner und wir selbst sind mobil und können schnell reagieren. Insofern müssten wir gar nicht Truppen vor Ort aufbauen. Wir haben ein glaubwürdiges und effizientes System der Reaktion.
Und die andere?
Wie schnell es mit der deutschen Brigade gehen wird, hängt stark davon ab, wie schnell wir und Deutschland unsere Hausaufgaben erledigen werden. Wir müssen Dienstleistungen für mehr als 5000 Soldatinnen und Soldaten aufbauen – denken Sie an die Familien, die Kinder, Schulen, medizinische Versorgung. Wir wollen das so schnell wie möglich schaffen. 2027 ist dabei ein wichtiger Meilenstein; aber es werden natürlich nicht alle auf einmal ankommen. Und schon dieses Jahr werden wir einen signifikanten Zuwachs bei den deutschen Truppen als Teil der Brigade haben.
Gegen Putins Gefahr: Litauens Verteidigungsstrategie und das „große Ganze“
Der Ansatz, die gesamte Gesellschaft mitzunehmen, ist sehr wichtig. Denn um das Militär handlungsfähig zu machen, brauchen wir eine starke Bereitschaft in der Gesellschaft, in der Industrie, in den Institutionen – wir brauchen einen voll funktionsfähigen Staat! Wir brauchen zum Beispiel Medikamentenvorräte. Auch Lebensmittel- und Elektrizitätsversorgung müssen vorbereitet sein. Wir müssen das große Ganze in den Blick nehmen. Denn wenn man die Zivilbevölkerung vergisst, die Gesundheits- oder Energieversorgung, dann wird das Militär vor großen Problemen stehen. Am Wichtigsten ist, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, was sie im Krisenfall zu tun haben. Das gilt auch für NGOs und Unternehmen. Deshalb müssen sie wissen, wie sie eingebunden sind und wer ihre Ansprechpartner sind.
Hat Deutschland hier Nachhilfe nötig?
Deutsche Medienleute haben mir bereits gesagt, dass das ein Bereich ist, in dem Litauen seine Erkenntnisse teilen könnte. Es gibt den Eindruck, dass Deutschland noch viel zu tun hat, um die Gesellschaft zum Nachdenken anzuregen. Nicht unbedingt über eine Gefahr. Sondern über Widerstandsfähigkeit, über Kompetenzen, die jeder und jede Einzelne haben sollte: um für die eigene Familie und sich selbst Sorge tragen zu können, um Desinformation erkennen oder Erste Hilfe leisten zu können. (Interview: Florian Naumann)