Legalisierung
„Sonst wäre es ein guter Tag für die Dealer“: Lauterbach boxt Cannabis-Gesetz durch den Bundesrat
Ende einer monatelangen Diskussion: Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland kann kommen. Der Bundesrat stimmte dem Lauterbach-Gesetz zu.
- Legalisierung von Cannabis: Bundesrat stimmt Gesetz von Lauterbach zu
- Cannabis in Deutschland: Wie sehen die Legalisierungspläne aus?
- Zum 1. April soll Cannabis für Erwachsene mit vielen Vorgaben legal werden. So hat es der Bundestag beschlossen. Nun kommt die letzte Hürde. Der Bundesrat verzichtet auf eine Verzögerung.
Update vom 22. März, 18.34 Uhr: Das neue Cannabis-Gesetz ist Theme zahlreicher Zeitungskommentare. „Glücklich kann man in keinem der 16 Bundesländer mit diesem Ergebnis sein, das allein der Parteidisziplin innerhalb der Ampel-Parteien geschuldet ist“, schreibt etwa die Nürnberger Zeitung.
„Wenn sich die über vier Millionen Menschen, die mindestens gelegentlich kiffen, ab dem 1. April ihren ersten legalen Joint anzünden, sollten sie Michael Kretschmer danken“, findet die Märkische Oderzeitung.
Und die Rheinpfalz betont dabei: „Lange sah es so aus, als würde dieser Freitag kein guter werden für Karl Lauterbach“, um dann das Fazi zu ziehen: „Es ist sein politisches Meisterstück.“
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Update vom 22. März, 16:50 Uhr: Zwischen all der Kritik gab es auch positive Stimmen, die das Cannabis-Gesetz befürworteten. Zwar hatte sich auch Rheinland-Pfalz bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten, doch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zeigte sich zuversichtlich. In einem Interview mit dem SWR lobte die 63-Jährige die Entscheidung des Bundesrats: „Insgesamt bin ich eigentlich sehr zufrieden hier im Bundesrat heute.“ Die Enthaltung begründete Dreyer mit der fehlenden Klärung bei der Amnestie. „Es war tatsächlich ein Anliegen, dass man im Bereich der Amnestie noch zu einer Lösung kommt.“
Weiter betont Dreyer: „Für uns war von Anfang an klar, dass wir das Cannabis-Gesetz nicht insgesamt angreifen, sondern wenn nur an diesem einen Punkt.“ Die aktuelle Amnestieregelung sieht vor, dass bereits rechtskräftig festgestellte Strafen im Zusammenhang mit dem Cannabis-Konsum rückwirkend annulliert werden. Somit müssen die Gerichte etwa 21.000 Urteile neu prüfen.
Update vom 22. März, 13.35 Uhr: Trotz der Zustimmung im Bundesrat zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland hält parteiübergreifend die Kritik an dem Gesetz an. So glaubt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nicht an ein Ende der Debatte. „Ich bin ziemlich sicher, das Thema Cannabis, das wird uns eine ganze Weile beschäftigen“, sagte Weil nach der Abstimmung in der Länderkammer. Die Bundesregierung sei sehr gut beraten, die vorangegangene Diskussion in der Öffentlichkeit sehr ernst zu nehmen und sich selbst zu fragen, an welchen Stellen ein solches Gesetz womöglich nachträglich noch einmal korrigiert werden müsse. Auch aus der Union gab es scharfe Worte an der Entscheidung.
Update vom 22. März, 12.43 Uhr: Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland kommt – doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Entscheidung im Bundesrat weiter kritisiert. „Unser Land ist damit auf dem Irrweg“, schrieb Söder auf der Plattform X. Bayern werde sich „an allem beteiligen, was das Gesetz stoppen oder verzögern könnte“, fügte er hinzu und kündigte eine sehr restriktive Anwendung der neuen Regeln an.
Bundesrat beschließt Legalisierung von Cannabis – diese Regeln gelten jetzt
Update vom 22. März, 11.38 Uhr: Die Entscheidung ist gefallen: Trotz vieler Streitpunkte hat der Bundesrat einer Legalisierung von Cannabis zugestimmt. Die Länderkammer ließ am Freitag (22. März) ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, mit dem Besitz und Anbau der Droge zum 1. April für Volljährige mit Vorgaben erlaubt werden. Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses war zuvor trotz intensiver Debatte gescheitert. Nun muss noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterschreiben, damit die neuen Vorschriften in Kraft treten können. Doch welche Regeln gelten dann? Hier der Überblick:
- Besitz: Für Erwachsene ab 18 Jahren ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt.
- Anbau: In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal sein. Die Menge darf in der Wohnung aber nicht 50 Gramm Cannabis überschreiten.
- Beschränkungen: Kiffen im öffentlichen Raum bleibt auch an bestimmten Stellen im öffentlichen Raum verboten. Dazu zählt: In Sichtweite von Schulen oder Sportstätten darf kein Cannabis konsumiert werden. Konkret gilt ein Abstand von 100 Metern Luftlinie zum Eingang.
Bundesrat stimmt der Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu – Kritik bleibt
Vor der Abstimmung über das Cannabis-Gesetz im Bundesrat hatten mehrere Bundesländer erneut vor einer Legalisierung der Droge in Deutschland gewarnt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte in der Debatte in der Länderkammer: „Bei diesem Gesetz bei der Freigabe von Drogen kann es nicht um Parteipolitik gehen. (...) Diese Frage ist so zentral, sie ist so persönlich, dass für mich klar war, ich werde einer Legalisierung von Drogen unter keinen Umständen zustimmen, auch wenn das Ärger in meiner sächsischen Koalition gibt.“ Kretschmer regiert in Dresden mit SPD und Grünen. Seine Koalitionspartner lehnten das Gesetz dann im Bundesrat auch ab, weswegen die Stimme Sachsens als ungültig gewertet wurde.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte habe ihm kürzlich geraten, die Legalisierung zu lassen. „Es ist eine Büchse der Pandora, die Sie öffnen, die Sie nie wieder geschlossen bekommen“, zitierte Kretschmer aus dem Gespräch. Auch aus Bayern kam Kritik. So nannte Gesundheitsstaatsministerin Judith Gerlach (CSU) das Gesetz einen „Irrweg“. Es stelle die Länder vor einen massiven zusätzlichen Verwaltungs- und Vollzugsaufwand. Sie appellierte an die Länder, es in den Vermittlungsausschuss zu überweisen. Dies sei die allerletzte Chance für die Länder, in das gefährliche Vorhaben einzugreifen. „Für alle, die sich heute vielleicht enthalten mögen, die Büchse der Pandora (...) die öffnen Sie auch mit einer Enthaltung“, sagte Gerlach.
„Sonst ein guter Tag für die Dealer“: Lauterbach wirbt im Bundesrat eindringlich für Cannabis-Gesetz
Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versuchte in seinem Schlussplädoyer, die Bedenken zu zerstreuen. Die Zahl der Konsumenten und der Drogentoten habe sich stellenweise in den vergangenen Jahren verdoppelt. „Die Büchse der Pandora haben wir längst geöffnet“, sagte er und forderte ein Umdenken. Trotz der Verbote habe man nichts erreicht. Er sei auch jahrelang ein Gegner der Legalisierung gewesen, doch die Studien zeigten, dass eine Legalisierung den Schwarzmarkt austrocknen und die Justiz entlasten könne, so der Minister. Wegen der Sorgen der Länder habe er viele Zugeständnisse gemacht. „Wenn wir es nicht schaffen, dass Gesetz aus dem Vermittlungsausschuss herauszuhalten“, sagte er, „dann ist heute ein großartiger Tag für die Dealer auf dem Schwarzmarkt“. Denn dann hätten diese, so Lauterbach weiter, nach wie vor den Zugriff und die Kontrolle über das Cannabis.
Ampel-Länder wollen Cannabis-Gesetz blockieren
Update vom 22. März, 9.55 Uhr: Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat auf die Kritik an der geplanten Legalisierung von Cannabis reagiert. Den Bundesländern versprach der SPD-Politiker unter anderem, weitere Mittel zur Suchtprävention bereitzustellen. Das geht aus einer „Protokollerklärung“ vor, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Update vom 22. März, 9.21 Uhr: Selbst grüne Landesregierungen hegen Zweifel an der geplanten Legalisierung von Cannabis in Deutschland. So will Baden-Württemberg in der Debatte über das Cannabis-Gesetz im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen. Das teilte der Bevollmächtigte des Landes Baden-Württemberg beim Bund, Rudi Hoogvliet, der Nachrichtenagentur dpa mit. Man teile die grundsätzliche Zielsetzung der Entkriminalisierung, aber das Gesetz sei fehlerhaft gemacht, kritisierte er. Die Grünen in der Landesregierung befürchteten eine Überlastung der Justiz durch die Amnestie-Regelung, die CDU fordere noch weitreichendere Änderungen am Gesetz.
Update vom 22. März, 8.30 Uhr: Kurz vor der Beratung im Bundesrat hat die Union ihre Ablehnung zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland bekräftigt. Sollte die Länderkammer grünes Licht zu dem Vorhaben geben, so werde die Union das Gesetz nach einer möglichen Regierungsübernahme im Jahr 2025 „umgehend rückgängig machen“, kündigte CDU-Chef Friedrich Merz in einem Interview mit der Funke Mediengruppe an. Er halte den Plan von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für eine kolossale „Fehlentscheidung“.
Cannabis-Gesetz im Bundesrat: Union kündigt Widerstand gegen Legalisierung an
Update vom 22. März, 6.17 Uhr: Kurz vor der Abstimmung im Bundesrat hat Bayerns Innenminister das geplante Cannabis-Gesetz in Deutschland kritisiert. Die Pläne der Bundesregierung seien „weltfremd“ und „unpraktikabel“, sagte Joachim Herrmann (CSU). „Es ist die Frage: Was kann eigentlich wo überhaupt kontrolliert werden?“ Als Beispiele nannte der Politiker Vorgaben, wie viele Pflanzen jemand zu Hause in seinem Wohnzimmer haben dürfe, oder die Abstandsregelungen zu Schulen und Kindergärten beim Konsum. „Sollen die Polizisten jetzt den Abstand messen?“, fragte Herrmann und kündigte weiterhin die Möglichkeit einer Klage gegen die Pläne an.
Nach den Plänen der Ampel-Koalition sollen Besitz und Anbau der Droge mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum zum 1. April erlaubt werden. Auf die Frage, ob er irgendwann, etwa in seiner Jugend, schon einmal gekifft habe, sagte Herrmann im Übrigen: „Nein, ich habe nie gekifft. Ich habe auch überhaupt nie geraucht. Da habe ich nie Lust gehabt dazu.“
Cannabis-Gesetz in Deutschland: Bundesrat entscheidet heute über Legalisierung
Erstmeldung: Berlin – Friedrich Merz fand seinen ersten Cannabis-Zug „furchtbar“. Trotz der Kritik des CDU-Oppositionsführers wird über das Gesetz zur Cannabis-Teillegalisierung am Freitag (22. März) abgestimmt. Wer mit Cannabis erwischt wird, muss bisher mit einer Geldstrafe oder in schweren Fällen sogar mit Gefängnis rechnen. Das soll sich ändern.
Warum ist das Cannabis-Gesetz umstritten? Vor allem aus der Union kommt starke Kritik, verwiesen wird auf zahlreiche Gesundheitsgefahren, darunter psychische Erkrankungen. Ähnliche Warnungen kommen aus der Ärzteschaft. Mehrere Landesjustizminister, auch von SPD und Grünen, befürchten zudem eine Überforderung der Justiz: Wegen der geplanten Amnestie von Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis müssen zehntausende Urteile neu geprüft werden.
Kritik gibt es darüber hinaus auch innerhalb der Ampel-Koalition: SPD-Innenpolitiker warnen beispielsweise vor „einer Entkriminalisierung von Dealern“.
Cannabis in Deutschland: Kann das Gesetz zur Legalisierung noch aufgehalten werden?
Es handelt sich um ein sogenanntes Einspruchsgesetz: Die Länderkammer muss dem bereits vom Bundestag verabschiedeten Gesetz nicht zustimmen. Sie kann aber am Freitag den Vermittlungsausschuss anrufen, was das Inkrafttreten verzögern würde. Landespolitiker aus mehreren Bundesländern kündigten bereits an, diesen Schritt gehen zu wollen. Aktuell erscheint eine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren aber eher unwahrscheinlich.
Die Ampel-Parteien hatten sich schon in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, „die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“ zu ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verweist darauf, dass die Versuche, den Schwarzmarkt strafrechtlich zurückzudrängen, gescheitert seien. Dort werde Cannabis „häufig verunreinigt“ angeboten, was zusätzliche Gesundheitsgefahren schaffe.
Cannabis in Deutschland: Wie sehen die Legalisierungspläne aus?
Im öffentlichen Raum soll der Besitz von 25 Gramm getrocknetem Cannabis straffrei bleiben. Anbau und Abgabe soll vorerst über Anbauvereine ermöglicht werden. Im Eigenanbau zuhause sind bis zu 50 Gramm sowie drei Pflanzen erlaubt. Geplant ist ein abgestuftes Inkrafttreten der Reform. So soll das Gesetz insgesamt am 1. April in Kraft treten, die Vorschriften für die Anbauvereinigungen jedoch erst am 1. Juli. (frs/AFP)
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