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Fragwürdige Partner an Bord
„Das ist der ganz, ganz rechte Rand“: AfD sucht neue Freunde in Europa – und erschreckt offenbar selbst
Die AfD ist auf Brautschau in Brüssel. Das Projekt kommt unerwartet doch noch ins Stocken – ein Experte ordnet die möglichen Partner ein.
Lieber gehen als rausgeworfen werden: Das dürfte der Plan der AfD in Europa sein. Schon im Mai hatte die Rechtsaußen-Fraktion ID der AfD im Europaparlament den Laufpass gegeben. Bevor das auch die gesamte zugehörige Parteienfamilie tut, wollen Alice Weidel und Co. wohl selbst abspringen – und in Brüssel neue Freunde finden.
AfD und die „Souveränisten“: Plötzlich Sorge vor noch gröberen Rechtsaußen?
Wie es um diese Pläne aktuell steht, ist ein wenig unklar. Der Spiegel hatte am Samstag (22. Juni) berichtet, noch diese Woche könne eine Fraktionsgründung auf den Weg gebracht werden. Parteikreise bestätigten zumindest das der dpa nicht. Wenig später folgte dann auch tatsächlich die (vorläufige) Notbremse: Die Gespräche liegen mindestens auf Eis – nach Informationen des Portals Euractiv will die AfD die potenziellen Partner noch einmal genau überprüfen. Wohl aus Sorge vor einer Zusammenarbeit mit Extremisten der übelsten Sorte.
Das klingt in Zusammenhang mit der gerade auf EU-Ebene radikal auftretenden AfD zwar überraschend – könnte inhaltlich aber berechtigt sein: „Das ist sozusagen der ganz, ganz rechte Rand der europäischen Parteienlandschaft“, sagt EU-Experte Nicolai von Ondarza im Gespräch mit IPPEN.MEDIA über die kolportierten möglichen Fraktionspartner der AfD im Europaparlament.
AfD sucht Freunde in der EU: „Größtenteils Parteien, die selbst bei Rechtsaußen nicht anschlussfähig waren“
Heißen sollte die geplante Fraktion der AfD dem Spiegel zufolge „Die Souveränisten“. Als mögliche weitere Mitglieder firmierten in dem Bericht etwa die polnische „Konfederacja“ und „Mi Hazánk“ aus Ungarn – sie stützten in ihren Heimatländern als noch schärfer rechtsgerichtete Koalitionspartner zeitweise die populistischen Regierungen von PiS beziehungsweise Viktor Orbán. Auch „SOS Rumänien“ und „Se Acabó La Fiesta“ aus Spanien eilt ein recht eindeutiger Ruf voraus.
„Das sind größtenteils die Parteien, die bisher selbst bei den anderen Rechtsaußenfraktionen nicht anschlussfähig waren“, sagt von Ondarza, Forschungsgruppenleiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, über den Kandidatenkreis der „Souveränisten“. Er fügt an: „So, wie es jetzt auch die AfD durch den Rauswurf aus der ID ist.“ Die ungarischen Vertreter könne man „relativ klar im rechtsextremen Spektrum einordnen“. Auch die Konfederacja komme dem „relativ nahe, wenn man sich so die wissenschaftlichen Einschätzungen anguckt“.
Interessant ist der mutmaßliche Rückzieher der AfD auch, weil die angedachte Fraktionsgründung den kalten Fakten nach gelingen könnte, wie Euractiv mehrere AfD-Quellen zitierte – die formalen Hürden hätte man wohl genommen. Insgesamt müssten die AfD und ihre hart rechten Mitstreiter mindestens 23 Mitglieder aus sieben Ländern versammeln, um eine Fraktion bilden zu können. Das war dem Vernehmen nach eigentlich gelungen.
AfD in Sorge über potenzielle neue EU-Partner: „Unkontrollierbar“?
Allerdings hat es bei der AfD wohl mit Blick auf mindestens drei mögliche Fraktionspartner Bedenken gegeben. Im Fokus stehen nach Informationen von Euractiv die potenziellen neuen Kollegen aus Ungarn, aus Rumänien und aus der Slowakei („Hnutie Republika“) – diese könnten „unkontrollierbar“ sein, laute eine Warnung aus AfD-Kreisen. Die Webseite t-online.de verwies auch auf Bedenken wegen schrill antisemitischer Töne etwa aus der Konfederacja. An dieser Stelle könnte für die AfD eine rote Linie überschritten sein. Nicht zu vergessen: Die Partei wird selbst vom Verfassungsschutz beobachtet, Verbots-Debatten kochen immer wieder einmal hoch. Die Chefin der Partei SOS Rumänien, Diana Șoșoacă, fiel ebenfalls bereits mit antisemitischen Verschwörungstheorien zum Ukraine-Krieg auf.
Das weitere Vorgehen könnte nun Thema beim AfD-Parteitag am Wochenende werden. Denn die Lage ist durchaus heikel: Sich einer Fraktion anzuschließen, bringt finanzielle Vorteile und auch Mitwirkungsoptionen im EU-Betrieb. Andererseits könnten allzu offensichtliche braune Partner auch an den Wahlurnen schnell zur Belastung werden. Die Suche nach fraktionslosen Partnern führe in „völlig wahnsinniges“ Terrain, zitierte t-online parteiinterne Mahner. Auf ein bis zwei der möglichen Parteien könnte eine „Souveränisten“-Fraktion theoretisch auch verzichten. Auf mehr nicht – vor allem, weil die Fraktionsmitglieder aus sieben Ländern stammen müssen. Das sei „eine gewisse Hürde“, sagt von Ondarza.
Neue AfD-Fraktion im Europaparlament? „Die wird vermutlich ihre Fundamentalopposition betreiben“
Sollte die Fraktion aber doch zustande kommen, könnte das auch zumindest eine kleine Weichenstellung im Europaparlament sein. Von Ondarza sähe eine Entwicklung gestärkt: Die nationalkonservative EKR-Fraktion werde wohl als stärkste Rechtsaußen-Fraktion aus der Neusortierung des Europaparlaments hervorgehen. Die weiter am Rand verortete ID dürfte das Nachsehen haben.
Die AfD-Spitze im Wandel der Zeit: von Bernd Lucke bis Alice Weidel
„Recht klar“ sei mittlerweile auch, dass es zumindest vorerst keinen „Gesamtzusammenschluss aller Rechtsaußenparteien“ geben wird. „Viktor Orbán war am Montag in Rom und hat zusammen mit Giorgia Meloni betont, dass sie zwar miteinander sprechen, aber noch keine gemeinsame Fraktion bilden werden“, sagt der Politikwissenschaftler. „So wie sich das alles schüttelt und rüttelt, läuft es noch mal stärker darauf hinaus, dass es eine gestärkte EKR, eine eher geschwächte ID-Fraktion mit einem dominanten französischen Teil der Rassemblement National und dann vermutlich diese sehr kleine Rechtsaußen-Fraktion rund um die AfD geben wird.“
Und was würde der Plan einer möglichen neuen Fraktion um die AfD sein? „Die wird vermutlich im Europaparlament ihre Fundamentalopposition betreiben“, meint von Ondarza – Recherchen von IPPEN.MEDIA in Zusammenarbeit mit Abgeordnetenwatch hatten diese Blockadehaltung vor der Europawahl veranschaulicht. Der Einfluss auf die Parlamentsarbeit werde wohl eher gering bleiben: Die Fraktion würde, „was die eigentlichen Mehrheitsverhältnisse angeht, dadurch auch keine großen Auswirkungen haben“. (fn)