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Interview
„China betrachtet ganz Südasien als seinen Hinterhof“
Satellitenbilder belegen: Chinas Seestreitkräfte erweitern ihre Präsenz in Asien. „Für mich ist das eine neue Form des Kolonialismus“, meint Fachmann Sophal Ear.
Anfang Dezember 2023 machten zwei Korvetten der chinesischen Marine an einem Pier der Marinebasis Ream im Südwesten Kambodschas fest. Die Schiffe seien zu einer Militärübung mit dem südostasiatischen Land gekommen, hieß es seinerzeit. Ein Routinevorgang, eigentlich. Doch die beiden Schiffe blieben in Kambodscha. Bis heute. Zu sehen ist das unter anderem auf Satellitenbildern, die die New York Times ausgewertet hat. Das US-Verteidigungsministerium fürchtet, dass China in Ream eine dauerhafte Präsenz betreiben will. Es wäre Pekings zweite Militärbasis im Ausland. Auch Sophal Ear, kambodschanisch-amerikanischer Politikwissenschaftler an der Arizona State University, hat sich die Satellitenbilder angesehen. „Die einfachste Erklärung ist die wahrscheinlichste“, sagt er im Interview.
China betreibt bislang eine einzige Militärbasis im Ausland, im ostafrikanischen Dschibuti. Satellitenbilder legen nahe, dass das Land auch auf eine Marinebasis in Kambodscha Zugriff hat. Peking und Phnom Penh streiten das ab. Wie schätzen Sie das ein?
Auf den Satellitenbildern sieht man chinesische Schiffe an einem neu gebauten Pier. Die Schiffe sind dort monatelang und bewegen sich kaum. Die kambodschanische Regierung behauptet, sie habe nichts zu verbergen, wenn dann aber jemand Fragen zu den Schiffen stellt, wird sie ungehalten und sagt, das gehe niemanden etwas an. Das ist schizophren. Gleichzeitig behauptet die Regierung, jedes andere Land könne die Basis nutzen. Außer China tut das aber niemand. Ich denke, in diesem Fall sind die Dinge so, wie sie scheinen. Die einfachste Erklärung ist die wahrscheinlichste.
Und zwar?
Es ist vielleicht keine dauerhafte Basis der Chinesen. Aber dass sie dort sind, vielleicht für Monate oder Jahre, ist offensichtlich. Wo sonst, außer in Dschibuti, liegen chinesische Schiffe derart lange?
Zur Person
Sophal Ear ist ein kambodschanisch-amerikanischer Politikwissenschaftler. Als Zehnjähriger verließ er mit seiner Mutter und seinen vier Geschwistern Kambodscha, um dem Völkermord von Pol Pot zu entgehen. Heute unterrichtet Ear als Professor an der Arizona State University und gilt als einer der prominentesten Kritiker der kambodschanischen Regierung.
Chinas Präsenz in Kambodscha: „Eine neue Form des Kolonialismus“
Warum sollte die kambodschanische Regierung der chinesischen Marine erlauben, eine ihrer Marinebasen zu nutzen?
Anders als etwa im Südchinesischen Meer, wo sich China mit Gewalt Zugriff auf fremdes Territorium verschafft, wurden die Chinesen hier von Kambodscha eingeladen, die Basis zu nutzen. Für mich ist das eine neue Form des Kolonialismus: Man fällt nicht in ein anderes Land ein, um es zu übernehmen. Sondern man wird eingeladen, in das Land zu kommen, und übernimmt es dann. In diesem Fall bringt das Vorteile für beide Seiten – nicht unbedingt für die Menschen in Kambodscha, aber für die Anführer.
Was erhofft sich die Regierung in Phnom Penh von dem Deal mit China?
Und warum ist die Basis in Kambodscha für China so wichtig?
China besitzt die größte Marine der Welt. Deswegen braucht China Möglichkeiten, seine Schiffe aufzutanken, wenn sie weit weg sind von ihren Heimathäfen. Außerdem kann China von einer Basis wie der in Kambodscha Militäroperationen starten. Schiffe können von dort auslaufen, möglicherweise eines Tages auch Flugzeuge starten.
Vor allem aus den USA hört man besorgte Stimmen wegen der chinesischen Präsenz in Kambodscha. Dabei betreibt Washington selbst Dutzende Militärbasen im Ausland.
Natürlich kann man sagen: Wenn die USA hundert oder mehr Basen auf der ganzen Welt betreiben, was kümmert uns dann eine zweite chinesische Basis? Problematisch wäre eine chinesische Basis nur unter der Annahme, dass China damit böse Absichten verfolgt, und die USA umgekehrt mit ihren Basen niemals böse Absichten verfolgen. Aber so einfach ist das natürlich nicht. Was China betrifft, muss man jedoch klar sagen, dass es im Südchinesischen Meer, also ganz in der Nähe von Kambodscha, handfeste Interessen verfolgt.
China betrachtet das Südchinesische Meer und ganz Südasien als seinen Hinterhof. So wie das die USA einst mit Lateinamerika getan haben: Das ist unser Einflussgebiet, und niemand sonst hat hier etwas zu suchen. Damit sind Länder wie die Philippinen, Vietnam, Malaysia oder Singapur natürlich überhaupt nicht einverstanden. Sie wollen nicht unter der Knute Pekings stehen.
Beschränken sich Chinas Ambitionen auf seinen „Hinterhof“?
Schwer zu sagen. Klar ist, dass Chinas Neue Seidenstraße große Teile der Welt umfasst, bis hinein nach Lateinamerika. Und vor Kurzem erst wurden chinesische Kampfjets, zusammen mit russischen Flugzeugen, vor Alaska gesichtet. All das und noch viel mehr führt natürlich zu der Annahme, dass China als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt auch geopolitisch einen Platz anstrebt, der diesem Status entspricht. Das Problem dabei ist, dass sich China oftmals nicht an die Regeln hält, die sich die internationale Gemeinschaft gegeben hat. Peking will vielmehr seine eigenen Normen etablieren. Wozu das führen kann, sehen wir im Südchinesischen Meer, wo Peking die Ansprüche der anderen Anrainer schlichtweg ignoriert.
Gleichzeitig scheint Peking sehr einsam. Zwar arbeitet China mit Russland zusammen oder mit Kambodscha. Echte Verbündete hat das Land aber nicht.
Nun, China hat Freunde, so wie Kambodscha. Und für Nordkorea ist es so etwas wie ein Schutzpatron. Aber eine wirklich tiefe, auf geteilten Werten basierende Partnerschaft, wie sie etwa die USA und Großbritannien pflegen, hat China mit anderen Ländern nicht. Auch eine chinesische Nato gibt es nicht. Wer würde da schon Mitglied werden wollen?