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Interview

„Für Deutschland problematisch“: Integrationsexperte sieht Schaden durch rechtsextremes Geheimtreffen

Die AfD debattiert offen über Deportationen. Der Chef vom Sachverständigenrat für Integration sagt im Interview: Das kann für manche Regionen zum Problem werden.

Berlin – Mehr Gegensatz geht kaum: Deutschland macht es Ausländern ab jetzt deutlich leichter, eingebürgert zu werden – gleichzeitig sprachen Neonazis und AfD-Mitglieder in Potsdam offen über die Deportation von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Hans Vorländer ist Vorsitzender vom Sachverständigenrat der Bundesregierung für Integration und Migration (SVR). Im Interview spricht er über die Auswirkungen des sogenannten AfD-Geheimtreffens, die Massen-Demos gegen Rechts und er erklärt, warum die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes für manche Gruppen ein Problem ist.

Der Politologe Prof. Dr. Hans Vorländer ist Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration sowie unter anderem Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden.
Wie nehmen Sie den breiten Protest gegen Rechtsextremismus und gegen die AfD wahr? Ist das nur ein Strohfeuer? 
Es gab einen Schockmoment. Das hat vielen die Augen geöffnet, wenngleich der Sachverhalt jedem, der sich mit Rechtsextremismus und der AfD auseinandergesetzt hat, bekannt war. Gut ist, dass es jetzt eine breite öffentliche Debatte gibt. Man kann durchaus von einem Aufstand der Mitte reden. Und das ist meines Erachtens das Wichtigste, weil es darum geht, die demokratische Mitte zu stabilisieren und sie von der Versuchung abzuhalten, ihren Protest, den sie vielleicht gegenüber der Ampelkoalition haben mag, in eine Stimmabgabe für die AfD umzuwandeln. Ob dieses Momentum des Engagements und der Mobilisierung von Bürgerinnen und Bürgern anhält, bleibt abzuwarten. 

AfD-Verbot und Demos gegen Rechts: „Zeichen an das Ausland“

 Derweil wird auch über ein AfD-Verbot diskutiert. Ist das sinnvoll?
Unter praktischen Gesichtspunkten führt das zu nichts. Verfahren sind lang und in ihrem Ausgang offen und wir werden auf keinen Fall ein Verbot der Partei bis zu den Europawahlen oder den Landtagswahlen in diesem Jahr erleben. Viel effektiver ist der zivilgesellschaftliche Widerstand und das Engagement der demokratischen Mitte. Darauf kommt es an. 
Glauben Sie, dass die Geheimtreffen-Affäre dem Ruf Deutschlands geschadet hat und Menschen aus dem Ausland davon abhält, hierherzukommen?
Ja, ich glaube, dass das natürlich für Deutschland und für einzelne Regionen problematisch ist, wenn es etwa darum geht, Arbeitskräfte zu gewinnen. Aber man muss auch sagen: Im Ausland hat man die Berichte nicht so sehr als Neuigkeit wahrgenommen. Gerade etwa in Frankreich ist längst bekannt, was die rechtsextreme Seite schon lange öffentlich diskutiert. Und ich glaube, diese Welle an Demonstrationen sind auch ein Zeichen an das Ausland, dass sich die Gesellschaft dagegen wehrt.
Demo gegen Rechtsextremismus in Düsseldorf.

Einbürgerung von Ausländern: Kein Anspruch für Menschen mit Behinderung

Die Bundesregierung hat zuletzt das Staatsangehörigkeitsrecht reformiert, um Einbürgerungen zu erleichtern. Angesichts des Fachkräftemangels eine überfällige Maßnahme?
Grundsätzlich ist das neue Gesetz zu begrüßen. Aber es gibt durchaus Punkte, die man kritisieren kann. 
Welche wären das? 
Es ist Voraussetzung, dass jemand seinen Lebensunterhalt selbständig sichern kann. Manche Menschen hätten dann unter Umständen keinen Anspruch auf Einbürgerung, zum Beispiel Studierende, Menschen mit Behinderung oder Alleinerziehende, die Zusatzleistungen beziehen. Die werden jetzt zu sogenannten Härtefällen gemacht, die eine Ermessenseinbürgerung durchlaufen müssen. Ein zweiter Punkt: Man muss sich sehr deutlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, und es dürfen keine rassistischen oder antisemitischen Handlungen vorliegen. Es wird schwierig für Behörden, im Einzelnen nachzuweisen, was antisemitisch und rassistisch ist. 

Abschiebegesetz „wird kaum einen großen Effekt haben“

Fast gleichzeitig zur Reform des Staatsangehörigkeitsgesetz ist das sogenannte Abschiebegesetz beschlossen worden. Rückführungen von Menschen ohne Flüchtlingsstatus sollen damit leichter durchführbar sein. Ist das aktuell das richtige Signal?
Das kann man nicht pauschal sagen, ob das ein richtiges oder falsches Signal ist. Klar ist: Das Gesetz wird kaum einen großen Effekt haben. Es werden nicht sehr viel mehr Menschen abgeschoben werden können. Denn die Probleme bei der Abschiebung liegen im Wesentlichen zumeist darin, dass Staaten ihre Bürger nicht wieder zurücknehmen oder dass ihre Identität ungeklärt ist. Überdies haben Menschen mit Duldungsstatus die Möglichkeit, über das Chancen-Aufenthaltsrecht ihren Aufenthalt zu regularisieren, soweit sie vor einem bestimmten Stichtag nach Deutschland gekommen sind. Das neue Gesetz wird deshalb kaum etwas ändern. 

Rubriklistenbild: © Peter Sieben

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