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Rund 100 kg Drogen mit dem Bus nach Salzburg geschmuggelt

Drogen im großen Stil von Bayern nach Österreich – Dealer-Quartett vor Gericht

Der Hauptangeklagte (1.v.r.) arbeitete das Strategiekonzept aus, der Zweitangeklagte war der technische Mastermind des groß angelegten Drogengeschäfts zwischen Bayern und Salzburg.
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Der Hauptangeklagte (1.v.r.) arbeitete das Strategiekonzept aus, der Zweitangeklagte war der technische Mastermind des groß angelegten Drogengeschäfts zwischen Bayern und Salzburg.

Vier junge Männer, darunter drei Salzburger und ein mexikanischer Student, müssen sich wegen großangelegten Drogenhandels verantworten. Sie bestellten ihre Ware im Darknet und verteilten sie über eine 'Bunkerwohnung'. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu 15 Jahre Haft.

Salzburg/Freilassing/Berchtesgaden – Ein Quartett, bestehend aus drei Salzburgern und einem Studenten aus Mexiko, muss sich seit Mittwoch wegen Suchtgifthandel im großen Stil und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor einem Schöffengericht verantworten, der Strafrahmen reicht bis zu 15 Jahren Haft. Die beiden Hauptangeklagten haben in Summe rund 100 Kilogramm Drogen im Darknet bei einem unbekannten, deutschen Lieferanten bestellt und sich die Ware an Packstationen in Freilassing und Berchtesgaden schicken lassen. Mit den öffentlichen Bussen oder mit einem Taxi haben sie dann die Waren nach Salzburg gebracht. Drei der vier Angeklagten sitzen seit acht Monaten in U-Haft, die Salzburger kommen „aus gutem Hause“, der Mexikaner ist ein Musik-Student. Geplant war auch eine „Filiale“, also eine „Bunkerwohnung“ in München. 

Staatsanwältin Sandra Lemmermayer schildert in aller Ausführlichkeit das Verbrechen des Suchtgifthandels und der Bildens einer kriminellen Vereinigung. Zwei junge Salzburger, jeweils 20 Jahre und ehemalige Tourismusschüler, haben über das Darknet über ein Jahr lang rund 100 Kilogramm Cannabis, Cannabisharz, Ecstasy und Kokain, sowie über 14.000 Stück suchtgifthaltige Tabletten bestellt und in eine Paketstation in Freilassing und Berchtesgaden schicken lassen. Die jeweiligen Boxen hatte der Zweitangeklagte, das technische Mastermind, mit gefälschten Ausweisen angemietet. Während die beiden Hauptangeklagte sich um den Vertrieb, also Einkauf und Verkauf kümmerten, diente die Wohnung eines mitangeklagten Musikstudenten aus Mexiko als Zwischenlager, als sogenannte Bunkerwohnung. Auch ein vierter, angeklagter Salzburger soll Drogen aus den BGL-Postfächern nach Deutschland gebracht haben. Der Verkauf sei „sehr professionell“ gewesen, „man merkte die touristische Ausbildung“, so die Staatsanwältin. So habe man die Drogen den Abnehmern mit einer eigenen Menükarte angeboten, aus der die Süchtigen dann ihre Waren auswählen konnten. „Außerdem haben sie mit gefälschten Ausweisen Handys gekauft und auch eine zweite Bunkerwohnung anmieten wollen“. Der Erstangeklagte räumte dann sogar ein, dass eine Expansion nach Bayern geplant und er und der Zweitangeklagte bereits in München nach einer Wohnung gesucht hätten. „Sie sind sehr professionell vorgegangen, darum auch die große Menge an Drogen und Abnehmern nur innerhalb eines Jahres“. 

Alle vier Angeklagten sind teilgeständig. Im Gegensatz zu den meisten anderen Jugendlichen vor Gericht erscheinen die Vier in einem gepflegten Outfit, lümmeln nicht vor dem Gericht, sondern beantworten alle Fragen laut und präzise. Drei von ihnen werden aus der U-Haft vorgeführt. Der Hauptangeklagte (20), vertreten durch Anwalt Stefan Rieder, ist als Einziger vollständig reumütig und geständig, er soll auch von Beginn an mit der Polizei kooperiert und alle Namen genannt haben. „Er kommt aus gutem Haus, sein Onkel betreibt ein Gasthaus, wohin er nach einer Entlassung zurückkehren kann, wenn er seiner kriminellen Karriere abschwört“. Diese „innere Umkehr“ habe bereits stattgefunden, durch seine umfassende Kooperation mit den Ermittlungsbeamten sei er im Gefängnis von anderen Insassen sogar unter Druck geraten. Von ihm verratene Läufer und ein „Haschgirl“ wurden daraufhin bereits gesondert abgeurteilt. 

„Wollen auch so cool sein“, so der Erstangeklagter

Der Hauptangeklagte selbst war der Vertriebskopf des Trios. Zusammen mit dem Zweitangeklagten – einem Mitschüler – habe er im Alter von 15 bis 16 Jahren, das erst mal Gras geraucht. Dabei habe man gemeinsame Interessen festgestellt, später unter anderem, dass man mit dem Handel mit Drogen sehr schnell sehr viel Geld machen könne. „Dann haben wir Leute kennengelernt, die schon im Geschäft waren, von ihnen haben wir uns blenden lassen und entschieden, dass wir da auch dabei sein wollen, dass wir auch so cool sein wollen“. Begonnen habe der Handel mit 50 Gramm Cannabis, dann sei es schnell mehr geworden – auch wegen der immer steigenden Nachfrage. Mit 200 Euro Startgeld und einem „Strategieplan“ habe man dann das Geschäft begonnen. Am Ende hätten die Beiden rund 15.000 Euro im Monat verdient und damit nicht nur ihren eigenen Drogenkonsum finanzieren können, sondern auch einen luxuriösen Lebensstil, unter anderem einen Urlaub in Amsterdam, „wir haben echt nicht schlecht gelebt“. Die Eltern des Erstangeklagten hätten zwar vom Cannabis-Konsum gewusst – „da stinkt ja die ganze Wohnung, wenn man da heim kommt“ – vom Drogenhandel hatten sie allerdings keine Ahnung, „jetzt ist mir aber klar, dass die Drogen mein ganzes Leben zerstört haben“. Der Hauptangeklagte nahm den Viertangeklagten immer wieder in Schutz, dieser habe „keine Rolle gespielt“, sondern habe nur hin und wieder Stoff verteilt, in der Regel hat er einfach mit uns mitgeraucht. 

Stoff mit Bus oder Taxi nach Salzburg

Etwas genauer wollte die Vorsitzende Richterin auch wissen, wie die insgesamt 100 Kilogramm Suchtgift nach Österreich kamen. Diese „technischen Fragen“ seien vom Zweitangeklagten, dem „Techniker“ gelöst worden. Dieser habe sich im Darknet Ausweise mit falschen Identitäten besorgt und damit in Paketstationen in Berchtesgaden und Freilassing Fächer angemietet. Bestellt wurden die Drogen im Darknet, die Waren sollen aus Leipzig gekommen sein. „Wir haben uns die Ware deshalb nach Berchtesgaden und Freilassing schicken lassen, weil wir wussten, dass innerhalb Deutschlands der Zoll keine Pakete untersucht“. Von Freilassing oder Berchtesgaden aus sei man dann mit einem Linienbus nach Salzburg gefahren, „wenn ich den Bus verpasst habe, bin ich mit dem Taxi gefahren“, so der Erstangeklagte. Das Geschäft lief ein Jahr wie geschmiert, beide überlegten schon, eine „Filiale“ in München aufzumachen, also in der bayerischen Landeshauptstadt eine Bunkerwohnung anzumieten und einen Verteiler anzuheuern wie in Salzburg den Mexikaner (31). 


Fast ein wenig stolz schildert der Erstangeklagte ihre „Marketingstrategie“, die zum Beispiel aus einem „Menüplan“ bestand, aus dem sich die Abnehmer ihren Drogencocktail zusammenstellen konnten, „das hat sonst niemand“. Außerdem sei man so dezent wie möglich vorgegangen, „also ein unauffälliges Auftreten, keine Preisverhandlungen und das Benutzen von Handschuhen, um Fingerabdrücke und DNA-Spuren zu vermeiden“. 

„Es ging ihnen um Sozialprestige“, so Anwalt Kurt Jelinek

Der Anwalt der mittlerweile ebenfalls 20-jährigen Zweitangeklagten, Kurt Jelinek, meinte, sein Mandant sei ebenfalls geständig. Allerdings seien die Mengen in der Anklageschrift zu hoch, „sie haben einfach die Dimension ihres Handels nicht mehr mitbekommen, es ging ihnen nur um das Sozialprestige“. Wie der Verteidiger des Erstangeklagten wolle auch er ein schnelles Ende des Verfahrens, auch er werde daher keine Zeugen laden oder Beweisanträge einbringen. 

Der angeklagte Mexikaner, ein Musiker, zeigte sich ebenfalls geständig. Er habe ein halbes Jahr lang seine Wohnung im Andräviertel als Bunker für die Drogen zur Verfügung gestellt und zum Teil auch beim Verteilen als Läufer geholfen. „Bezahlt“ worden sei er mit Drogen für seinen Eigenkonsum. Der Viertangeklagte will nur untergeordnet beteiligt gewesen sein, er sei nur ein Freund des Erstangeklagten gewesen, so Rechtsanwalt Franz Essl, „aber wie heißt es so schön: Mitgehangen, mitgefangen“. Er habe einmal bestellt, aber mit Abholungen in Freilassing oder Berchtesgaden nichts zu tun, „er ist kein Macher und kein Rädelsführer“. 

Der Prozess ist für zwei Tage anberaumt, gut möglich, dass aber doch schon am ersten Verhandlungstag die Urteile verkündet werden. (hud)

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