Neues Wohnviertel für Waldkraiburg
Wohnquartier auf dem Netzsch-Gelände: Diese Steine müssen noch aus dem Weg geräumt werden
Bis Mitte nächsten Jahres könnten in Waldkraiburg die Bauarbeiten für das geplante Wohnviertel auf dem ehemaligen Netzsch-Gelände beginnen. Doch einige Details sind noch unklar. Diese Probleme müssen aus dem Weg geräumt werden.
Waldkraiburg – Die Produktionshallen sind fast alle abgerissen, die schweren Maschinen arbeiten sich Meter für Meter an den alten Bürogebäuden vor. Wo noch vor Monaten Pumpen montiert worden sind, wo die Firmengeschichte von Netzsch Pumpen & Systeme in Waldkraiburg ihren Anfang nahm, ist das Werk selbst Geschichte geworden.
Netzsch hat seine Werke an einem Standort zusammengefasst und macht damit an der Liebigstraße Platz für eine neue Entwicklung: Auf dem rund 16.000 Quadratmeter großen Grundstück sollen Wohnungen gebaut werden. Über die Änderung des Bebauungsplans hat der Stadtentwicklungsausschuss vor Monaten zum ersten Mal diskutiert, bis zum Ende des Jahres könnte das Verfahren rechtskräftig sein. Parallel dazu laufen die Planungen für das Wohnquartier, das in 14 Häusern 149 Miet- und Eigentumswohnungen vorsieht.
Zusätzliches Grün im Viertel
„Es werden zwei Wohnungen weniger als ursprünglich geplant“, erklärt Georg Duschl, dessen Unternehmen die Planungen für das Gelände übernimmt. Hintergrund ist, dass der Stadtentwicklungsausschuss zwei Gebäude im Vergleich zu den umliegenden Häusern als zu hoch bewertete und deshalb von vier auf drei Geschossflächen reduzierte. Bis zu sechs Geschossflächen hoch werden die Gebäude im inneren Bereich des Areals. „Die oberste Etage ist jeweils zurückversetzt. Der innere Bereich wird enger bebaut, der äußere Bereich lockerer mit mehr Gärten“, erklärt Geschäftsführer Christian Duschl kleine Details.
Gärten sind an allen Gebäuden geplant, zusätzlich Grün in das Wohnquartier bringen zwei eigens angelegte Erholungsflächen, die über eine Sichtachse miteinander verbunden sein sollen. Diese sollen einerseits in unterschiedliche Aufenthaltsbereiche gegliedert werden, andererseits Platz für einen Spielplatz bieten. „Wir wollen nicht nur die Vorgaben erfüllen, wir wollen Qualität schaffen“, sagt Christian Duschl.
Detailplanungen für die 14 Häuser gibt es bislang nicht. Fest steht allerdings, dass die Wohnungen zwischen 50 und 120 Quadratmeter groß sein werden und über zwei bis vier Zimmer verfügen. Beim Bau soll ein hoher Energiestandard umgesetzt werden, denkbar wäre ein Bau als Effizienzhaus 40 in der Nachhaltigkeitsklasse. Außerdem sollen die Häuser an die Geothermie angeschlossen werden.
80 zusätzliche Stellplätze benötigt
Aber es könnte sein, dass das Wohnquartier etwas weniger grün ausfällt als ursprünglich geplant. „Laut der neuen Stellplatzsatzung der Stadt brauchen wir 80 zusätzliche Stellplätze. Davon sind allein 50 Besucher-Parkplätze“, erklärt der Junior-Chef. Mehr Stellplätze bedeutet weniger Grünflächen. Dass gleichzeitig 50 Besucher mit dem Auto kommen, kann er sich nicht vorstellen. „Das sind überdimensional viele. Die alte Stellplatzsatzung war völlig ausreichend und die Neue wird im Altbestand keine Verbesserung bringen.“ Um nicht alle zusätzlichen Stellplätze umsetzen zu müssen, prüft man nun ein Mobilitätskonzept, das die neue Satzung als Möglichkeit zulässt.
Eine weitere Änderung gibt es: „Die Stadt will die sozialen Folgekosten auf das Projekt umlegen. Das heißt, dass pro Quadratmeter 45 Euro zu zahlen sind“, erklärt Georg Duschl. Beide Geschäftsführer bedauern, dass dies nicht kommuniziert worden sei. Bei rund 15.000 Quadratmetern Geschossfläche geht es immerhin um einen hohen sechsstelligen Betrag.
Nicht die einzigen Zusatzkosten, mit denen das Bauunternehmen rechnen muss. „Wir haben vor knapp zwei Jahren mit den Planungen begonnen und das Projekt kalkuliert. Seitdem sind die Baukosten gestiegen und der Wohnungsverkauf geht zurück“, erklärt Georg Duschl die Situation. Über Jahre hinweg sei es schwierig gewesen, Grundstücke für den Wohnungsbau zu generieren, jetzt sei nicht klar, ob alle Wohnungen verkauft werden können. Mit einem Umsatz zwischen 60 und 70 Millionen Euro kalkuliert das Unternehmen bei diesem Projekt. Bis Ende des Jahres soll der Bebauungsplan durch sein, Mitte 2024 könnte möglicher Baubeginn sein. Wegen der aktuellen Marktsituation ist aber nicht final geklärt, ob in mehreren Bauabschnitten gebaut werden soll.
Kritik wegen Verkehrsaufkommen
Ein Industriebau macht Platz für ein grünes Wohnviertel, dennoch gibt es Kritik. Wegen des Verkehrsaufkommens, das deutlich höher ausfallen könnte als bisher. „Mit 149 Wohnungen wird der zusätzliche Verkehr nicht so viel mehr werden. Dazu gibt es auch ein Gutachten“, erklärt Christian Duschl. Nicht zu vergessen, dass pro Tag rund 40 Lastwagen-Fahrten und der Mitarbeiter-Verkehr wegfallen.
Aus dem Stadtentwicklungsausschuss kam der Vorschlag, die Erschließungsstraße breiter zu gestalten, um mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen. Mit insgesamt acht Metern sieht Duschl die Straße als breit genug an. „Etwa 80 Prozent des Verkehrs wird über die umliegenden Straßen abgewickelt werden, weil sich dort die Tiefgaragen-Einfahrten befinden.“ Ein einseitiger Geh- und Radweg würde damit ausreichen und somit ließen sich mehr Grünflächen erhalten.
Ferienausschuss hat entschieden
Im neuen Wohngebiet “Nördlich des Ruinenwegs” sollen auf der Erschließungsstraße auf dem ehemaligen Netzsch-Gelände alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sein. Deshalb plädierte Carsten Schwunck, Leiter der Stadtentwicklung, bei der Sitzung des Ferienausschusses für eine Variante, die auf einen eigenen Gehweg verzichtet und ausgebaute Parkbuchten aufweist. Seitens der Straßenverkehrsbehörde werde, so Schwunck, zudem überlegt, für die Umgebung zwischen Daimlerstraße, Siemensstraße, Tropschallee sowie Schichtstraße eine Tempo-30-Zone einzurichten. Die Stadträte beschlossen ohne weitere Diskussion den Entwurf des Bebauungsplans entsprechend zu ändern und erneut auszulegen.

