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Binnen zehn Wochen

Angst vor Wölfen? Warum Hartmuth Lang 1440 km am Ex-Todesstreifen wandern will

Hartmuth Lang mit Rucksack und Reiseführer vor seiner Wanderung entlang am „Grünen Band“.
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Den Rucksack geschultert, den Reiseführer in der Hand: Harmuth Lang ist bereit für seine Wanderung entlang am „Grünen Band“.

Ohne Zeitdruck, aber mit viel Entschlossenheit macht sich Hartmuth Lang auf eine 1440 Kilometer lange Wanderung. Entlang des ehemaligen Todesstreifens erlebt er nicht nur die Schönheit der Natur, sondern auch die Spuren der deutsch-deutschen Vergangenheit.

Waldkraiburg – Der schwarze Rucksack steht fertig gepackt in der Ecke: Kleidung, ein Ein-Mann-Zelt und Kochgeschirr sind verstaut, Schlafsack und Isomatte sind vor Regen geschützt außen angebracht. 20 Kilogramm wiegt das Gepäck, das Hartmuth Lang in den nächsten zweieinhalb Monaten jeden Tag schultern wird. 70 Tagesetappen und 1440 Kilometer liegen vor ihm: Hartmuth Lang wandert entlang am „Grünen Band“.

40 Jahre war es ein Todesstreifen, der West- und Ostdeutschland voneinander trennte, heute ist das „Grüne Band“ Refugium für mehr als 1.200 seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Das Grüne Band ist Deutschlands größter Biotopverbund , 150 Naturschutzgebiete gibt es entlang der ehemaligen Grenze. „Das Naturerlebnis ist ein Grund, weshalb ich mich für diese Tour entschieden habe“, erklärt Lang.

Weil der Grenzbereich über Jahrzehnte nicht genutzt wurde, konnten sich dort wertvolle Biotope entwickeln. 80 Prozent der Strecke führen durch Naturschutzgebiete, viele Nächte will er hauptsächlich unter freiem Himmel in seinem Zelt verbringen. Inklusive klarer Sternen-Nächte. „Ich bin gespannt, was auf mich zukommt.“

Alles hinter sich lassen, um zu sich zu kommen

Auch dahingehend, wie es für ihn sein wird, allein zu sein, zu sich zu kommen und für längere Zeit alles hinter sich zu lassen, was einen beeinflusst. „Das Spirituelle, das Alleinsein ist der zweite Grund, weshalb ich auf Wanderschaft gehe“, sagt der Kunsttherapeut. Auslöser war für ihn Hape Kerkelings‘ Buch „Ich bin dann mal weg“. „Mir war damit klar, dass ich das auch mal machen will.“ Immer wieder unternimmt Lang Mehr-Tages-Touren in den Bergen. „Es tut gut rauszukommen, aber es braucht mehr Zeit, um Lasten loszuwerden.“

Der Jakobsweg hätte es ursprünglich werden sollen, aber das will er aus gesundheitlichen Gründen nicht riskieren. Sein Knie macht ihm zu schaffen. In den letzten 18 Monaten hat er sich auf seine Tour vorbereitet, auf der der Brocken im Harz mit 1140 Metern die höchste Erhebung ist. „Sollte mein Knie nicht mitmachen, muss ich nicht aus schwer zugänglichem Gelände geborgen werden. Ich bin den Ärzten und meinem Fitnessstudio dankbar, dass sie mich so gut auf die Wanderung vorbereitet haben.“

Angst vor Wildschweinen oder Wölfen?

Angst vor unliebsamen Begegnungen hat Hartmuth Lang nicht. „Ich bin bei meinen Vorbereitungen gefragt worden, ob ich den keine Angst vor Wildschweinen und Wölfen hätte. Mit Ameisen und Mücken werde ich sicher mehr Probleme bekommen.“ Die Frage hatte ihn erheitert, denn man manche sich meist Gedanken über die „größt mögliche Katastrophe“, lasse aber die alltäglichen, die am wahrscheinlichsten sind, außer Acht.

Aber neben dem Naturerlebnis und dem Allein-Sein geht es ihm auch um die Geschichte, die mit dem „Grünen Band“ verknüpft ist. „Es gab in der Geschichte Entwicklungen, die zur Grenze geführt haben. Man kann das politische System der DDR kritisieren oder falsch finden, aber man darf nicht den Fehler machen, das ganze Volk zu verteufeln.“

Nicht nur auf Geschehnisse an der Grenze beschränken

Sich nur auf die Grenze zu konzentrieren, wäre für Lang ein Fehler. „Dass es die Grenze gegeben hat, hat damit zu tun, dass sich vier Mächte nicht einig geworden sind. Aber diese Entwicklung greift bis auf den Ersten Weltkrieg zurück und noch weiter. Ganz egal, was passiert, es gibt Entwicklungen, man kann es nicht auf ein Ereignis reduzieren.“ Die bestehenden Anlagen und Museen entlang der ehemaligen Grenze zu besuchen, gehört für Hartmuth Lang dazu, will sich aber nicht nur auf die Geschehnisse an der Grenze beschränken. Er hat in den vergangenen Monaten viel gelesen, darunter auch die Geschichte eines ehemaligen Fluchthelfers.

Wanderungen, tägliche Touren mit dem Fahrrad, Fitness-Programm oder zwei Wochen auf der Insel Krk zum Wandern – seit März bereitet sich Hartmuth Lang intensiv auf seine Tour vor. Immer wieder fällt ihm auf, was noch fehlt. Darunter Kleinigkeiten, wie zum Beispiel ein Feuerzeug, das er für sein kleines Koch-Set braucht.

Letzte Station: Berlin

Spätestens seit der letzten Wanderung auf den Hochfelln weiß er: „Okay, ich bin fit. Keine Schmerzen im Knie und die Kondition macht mit.“ Die letzten Tage vor seiner Abfahrt in Richtung Hof schnallt er sich jeden Tag den fertig gepackten Rucksack auf die Schultern. „Damit will ich mich an das Gewicht gewöhnen.“

Gewandert wird in den 70 Tagesetappen von Ort zu Ort. „Die kürzeste Etappe ist zwölf Kilometer lang, die längste 46 Kilometer. Für mich gibt es keinen Zeitdruck, kein Datum, wann ich in Berlin sein will.“ Die Hauptstadt wird seine letzte Station sein, wo der Mauerweg Abschluss seiner Reise wird. „Dort wird die Geschichte mehr im Fokus stehen.“

Sollte er es aber tatsächlich – aus welchen Gründen auch immer – nicht bis nach Berlin schaffen und zuvor seine Tour abbrechen müssen, will er nicht aufgeben. „Ich will die Wanderung auf jeden Fall vollenden. Wenn ich abbrechen muss, setze ich die Tour nächstes Jahr fort.“

Mit Wanderung Verein unterstützen

Zu sich kommen, Abstand zu haben – Hartmuth Lang macht die Wanderung am „Grünen Band“ für sich. Aber er verfolgt dabei auch ein zweites Ziel: „Es ist eine Art Sponsor-Lauf.“ Für den Verein „Mühldorf ist bunt“ will er Geld sammeln, damit sich der Verein für seine Aktionen und Veranstaltungen eine Lautsprecher-Anlage anschaffen kann.

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