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Zum Weltlachtag am 5. Mai

Humor gehört zum Leben – und zum Sterben auch: Das sagen Mühldorfer Trauerbegleiter

Martha Miedl aus Waldkraiburg ist eine Ikone der Hospizbewegung im Landkreis. Viele Jahre betreute sie eine Trauergruppe für Kinder.
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Martha Miedl aus Waldkraiburg ist eine Ikone der Hospizbewegung im Landkreis. Viele Jahre betreute sie eine Trauergruppe für Kinder.

Was kommt nach dem Tod? Die letzte Rechnung vom Bestatter, sagt Mühldorfs Pfarrer Vogl. Warum Trauerbegleiter aus der Region überzeugt sind: Humor und Sterben passen zusammen.

Mühldorf/Waldkraiburg — „Müssen‘s entschuldigen, Herr Pfarrer, dass Sie bei meiner Beerdigung so schwitzen müssen, ich kann‘s auch nicht ändern“, sagte eine fast 100-jährige Wirtin, als ihr Dekan Klaus Vogl einst in einem heißen Sommer die Sterbesakramente spendete. Mühldorfs Stadtpfarrer erinnert sich lachend an diese besondere Begegnung. „Sie gab die Anweisung, dass ihr Sarg über das Fenster rausgebracht werden muss, ‚sonst kommt’s nicht um die Ecke, wie schon beim Pap‘.“ Oft sei es so: Wer im Leben ein Original ist, ist es auch im Sterben, weiß der Geistliche.

Lachen gehört zum Leben – und weil der Tod ein Teil des Lebens ist, darf auch gelacht werden, wenn es ums Sterben geht. Einer Tod bringenden Krankheit mit Humor zu begegnen, das scheint oft unmöglich. Aber Humor und Heiterkeit sind kein alleiniges Recht für Gesunde.

Lachen nimmt den Schrecken

Lachen hat eine Funktion: Es nimmt den Schrecken und kann eine schwierige Situation entkrampfen. Humor erhält den Kontakt zum Leben. Scherze können wie ein Kurzurlaub von Betroffenheit und Leid sein.

Humor ist eine Typfrage, weiß Martha Miedl aus Waldkraiburg. Was der eine lustig finde, sei für den anderen bitterernst. Fingerspitzengefühl sei wichtig, so die 85-Jährige, die als Ikone der Sterbebegleitung im Landkreis Mühldorf gilt. Das Gute sei: Wer lacht, kann nicht zeitgleich Angst haben. Das Hirn kann nämlich nicht beides gleichzeitig tun.

„Selbst ein Schwerkranker freut sich, wenn ich froh gesinnt anstatt mit Tränen zu ihm komme“, sagt die Waldkraiburgerin, die den Anna-Hospiz-Verein mit aufgebaut und viele Jahre Trauergruppen für Kinder betreut hat. Heute ist sie noch aktiv beim ehrenamtlichen Krankenhausbesuchsdienst.

Warme Socken, damit der Tote nicht friert

Wie wichtig Humor sein kann, hat sie selber beim Tod ihres Mannes Hans erlebt. „Nach der Krankensalbung haben wir ein Gartenfest gemacht und da war er dabei – und wie“, berichtet sie freudestrahlend. Später starb er friedlich in ihren Armen. Zur Aussegnung habe ihn die Familie gemeinsam angezogen. Zum Beispiel mit warmen Socken, weil er oft an den Füßen fror und mit einer französischen Krawatte, die Hans so geliebt hatte. „Wir haben dabei gelacht, weil der Hans so schön ausgeschaut hat“, sagt sie mit einem liebevollen Blick auf sein Porträtfoto in der Küche. „Die Krawatte kann ich Ihnen nicht zeigen, die hat er ja noch dran.“

Später bei der Andacht in der Waldkraiburger Aussegnungshalle kamen viele Weggefährten. Jeder erzählte, was er mit ihm verbinde: Feste, Geselligkeit, schöne Lebensbegegnungen. „Es wurde viel gelacht. Und mein Mann war in seinem Sarg dabei“, so Miedl. Genauso wolle sie es auch haben, wenn sie einmal gehe; das sei alles schon mit ihren Kindern abgemacht. Und eine Party wolle sie haben, sagt Martha Miedl, die gläubig ist und sich auch von ihrem Glauben tragen lässt. So verkraftet sie auch, dass nur wenige Monate vor ihrem Mann ihr Sohn Christoph mit 50 Jahren an Leukämie verstorben ist. Jetzt müsse er nicht mehr leiden.

Humor und Gelassenheit helfen beim Loslassen

Für Pfarrer Vogl hat Humor habe etwas mit Gelassenheit zu tun und diese helfe irrsinnig loszulassen. „Beim Sterben geht es ums loslassen, etwas gut sein lassen.“ Hier sei der Glaube hilfreich. „Wenn Gott mich erlöst, ist der Tod nur der Durchgang in ein neues, besseres Leben, ohne Krankheit und ohne Schmerz“, führt er aus.

Dekan Klaus Vogl ist ein Pfarrer mit Humor. Auch wenn es um die letzten Dinge im Leben geht.

Diese Sicht könne dazu beitragen, dass man anders mit den „letzten Dingen“ umgeht. Er habe Sterbende erleben dürfen, die, während der Sterbesakramente heiter waren. Oft seien es ältere Menschen, die ihr Leben gelebt haben und mit sich im Reinen seien. „Es ist eine Gnade, sich seinen Humor bis zum Schluss zu behalten“, sagt Vogl. So werde er nicht selten gefragt: Herr Pfarrer, sehe ich im Himmel meine Lieben? „Ja, aber alle anderen auch“, lautet die schelmische Antwort des 45-Jährigen.

Legendärer Bestatter-Humor

Wer ebenfalls Humor hat und ganz dringend braucht, sind Bestatter, so Dekan Vogl. Witze vor der Beerdigung zu machen, nehme dem Ganzen den Schrecken. „Den hat mir mal ein Totengräber erzählt: Treffen sich zwei Frauen auf dem Friedhof, sagt die eine zur anderen, ,du deafst scho giaßn, i muass no kocha‘ “, schmunzelt Vogl, der auch schon viel Skurriles bei Beerdigungen erlebt habe. Da es in Bayern so viele Hubers gebe, passiert es schon mal, dass beim Falschen aufgegraben wird.

Den schwarzen Humor im Bestatterwesen kennt auch Martha Miedl. „Eine Leichenfrau, die die Verstorbenen hygienisch versorgte, hat mal zu mir gesagt: ,Der werd‘ scho wieda, wenn i eahm erst obe g‘waschn hab.‘ “

Ob Gott Humor hat? Na klar, sind sich Martha Miedl und Klaus Vogl einig. Der Mensch sei ein Abbild Gottes und Humor und Lachen gehören zum Menschsein wesentlich dazu. „Dann kann Gott das nicht fremd sein.“

Vogl sagt, Jesus sei als Fresser und Säufer beschimpft worden. „Der hat gerne gefeiert. Sicher war er nicht nur Partymensch. Aber wenn er spaßfrei und humorlos gewesen wäre, wären ihm nie so viele Menschen gefolgt.“

„Keiner wird mehr Humor haben, als Gott“, glaubt Miedl. Die einen beten zu ihm, dass jemand wieder gesund werde, die anderen, dass jemand sterben dürfe. „Da muss Gott wieder herhalten. Wie soll er es denn grad nur machen?“

Sterben tun die anderen

Manchmal stutzt Pfarrer Klaus Vogl, wenn er zu einem Priesterbegräbnis gehe. „Da erschrecke ich schon mal, weil mir dann klar wird, dass auch wir Priester sterben. Normalerweise sterben ja immer die anderen.“ Vogl erinnert an den Spruch „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“. Für ihn bedeutet das, dass Christen am Ende was zu lachen haben werden, weil sie den Tod auslachen und besiegen können und ein besseres, anderes Leben bei Gott erwarten dürfen. „Und wenn es noch nicht zum Lachen ist, dann ist es noch nicht das Ende.“

Was nach dem Tod kommt? „Die letzte Rechnung vom Bestatter bestimmt“, sagt der belustigte Klaus Vogl.

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