Nach 29 Jahren
„Weihnachtsgeschenk“ für den Waldkraiburger Stadtrat: Das hat Anton Sterr damit zu tun
Die letzte Sitzung des Waldkraiburger Stadtrats war fast rum, doch eine Wortmeldung von Anton Sterr (CSU) gab es noch. Eine, für die es von den Kollegen spontanen Applaus gab. Das war der Grund.
Waldkraiburg – Ihm gehörte an diesem Abend das letzte Wort im Stadtrat. Ihm, der seit Jahrzehnten Mitglied des Stadtrats ist, der bei Entscheidungen im Stadtrat die Kollegen von seinem Wissen aus vorherigen Legislaturperioden profitieren lässt: Anton Sterr. Es gibt keine wichtigen Themen im Gremium, zu denen der langjährige CSU-Fraktionsvorsitzende nicht Stellung bezieht, der klare Worte findet, Kritik übt, wenn er unzufrieden ist.
In der jüngsten Sitzung des Stadtrats unter dem Punkt „Fragen“ meldete sich Anton Sterr zum Abschluss noch zu Wort. Keine Anmerkung dazu, was einem in der Stadt aufgefallen ist oder was man gerne geklärt haben möchte. Nein, in eigener Sache meldete er sich. „Ich habe fertig.“ 25 Jahre nach Giovanni Trapattonis Wutrede nutzte Anton Sterr die Worte, um sich im Guten in einem ersten, kleinen Schritt vom Stadtrat zu lösen.
Viel erlebt als Fraktionsvorsitzender
Nach 29 Jahren und einem Monat beendet Anton Sterr zum Jahresende seine Zeit als Fraktionsvorsitzender der CSU. Im November 1994 übernahm er das Amt, das war als Michael Schumacher zum ersten Mal Formel-1-Weltmeister wurde, sich Schweden zum Beitritt in die Europäische Union entschied und Helmut Kohl zum fünften Mal als Bundeskanzler gewählt wurde.
„Ich habe viel erlebt in meiner Zeit als Fraktionsvorsitzender. Es war eine super gute Zusammenarbeit“, sagte er. Auch die Nachfolge hatte die CSU-Fraktion in ihrer Sitzung tags zuvor neu geregelt. Stellvertreter Karl-Heinz Stocker als bisheriger Vertreter übernimmt ab Januar den Fraktionsvorsitz. Norbert Fischer bleibt Stellvertreter, neu hinzu kommt Stephanie Pollmann als zweite Stellvertreterin.
„Es gibt immer was zu kritisieren – oder nicht. Oder wie man etwas besser machen kann“, findet Anton Sterr zum Ende der Sitzung noch einmal klare Worte. Seine letzten als Fraktionsvorsitzender, dem Stadtrat bleibt er noch treu bis zum Ende der Legislaturperiode 2026.
„Mein Weihnachtsgeschenk an den Stadtrat“, wofür Anton Sterr spontanen Applaus seiner Stadtrats-Kollegen erntete. Selber musste er noch etwas Kritik einstecken. „Die 30 Jahre hätten noch voll gemacht werden können“, scherzte Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG). Er weiß es zu schätzen, dass Sterr die Jahre bis zur nächsten Kommunalwahl noch voll mache und der Stadtrat „von seiner großen Erfahrung“ profitieren werde.
Planvoller Übergang für die Zukunft
Ab 1. Januar geht Anton Sterr in die Fraktionsvorsitzenden-Rente, eine Entscheidung, mit er sich „super fühlt“. „2026 ist Kommunalwahl, da werde ich nicht mehr antreten. Ein Übergang soll planvoll, in die Zukunft gerichtet sein“, sagte Sterr auf Nachfrage. Die Zeit sei nun reif gewesen, einen Schritt zurückzutreten.
Es gibt nicht viele, auf die das Prädikat „politisches Urgestein“ so zutrifft wie auf ihn. Er ist das Gesicht der Waldkraiburger CSU. Seit knapp 52 Jahren ist er Mitglied bei der CSU, für die er damals überhaupt erst nach Waldkraiburg gezogen war. Aufgewachsen in Irl, machte er dort von 1971 bis 1975 seine ersten politischen Schritte als CSU-Ortsvorsitzender, die Junge Union lockte ihn in die Stadt.
Die Junge Union war ein Türöffner, sich politisch einzubringen, für den Stadtrat zu kandidieren. 1978 hatte sich nämlich die Zahl der Stadträte von 24 auf 30 erhöht. Sterr gelang auf Anhieb der Sprung in den Stadtrat. Seit 46 Jahren gehört er ununterbrochen dem Waldkraiburger Stadtrat an. Als Neuling musste er sich erst seinen Platz erarbeiten, für seine Überzeugung tritt er noch heute ein, mit dem Wissen, dass es für Entscheidungen gelegentlich auch Kompromisse braucht.
Mit vier Bürgermeistern zusammengearbeitet
Es ist seine achte Legislaturperiode, in der er sich den Diskussionen stellt, Themen für die Fraktionssitzungen vorbereitet oder kritisch nachfragt. In seinen 46 Jahren als Stadtrat hat er mit vier Bürgermeistern zusammengearbeitet, selber hatte er nie eine Kandidatur für sich in Erwägung gezogen. „Das ist ein harter Job, den man lieben muss, um ihn auf Dauer zu machen. Meinem Naturell hätte es nicht entsprochen.“
Es wäre mühsam, nachzuzählen, wie viele Entscheidungen Anton Sterr mitgetragen hat. Die Entscheidungen in der jüngsten Sitzung des Stadtrats waren seine letzten – als Fraktionsvorsitzender. „Ich habe fertig.“
