Anglerlatein und Aufschneiderei im Internet
Fotoshooting eines Waldkraiburgers landet vor Gericht: Harmloser Spaß oder Tierquälerei?
Zwei Hechte gefangen, Foto gepostet und die Fische zurück ins Wasser geworfen: Ein Waldkraiburger Angler fand das gut. Nicht so die Staatsanwältin. Der Mann stand nun wegen Tierquälerei vor dem Amtsgericht in Altötting. So lautet das Urteil.
Von Rudolf Neumaier
Waldkraiburg – Wenn ein Angler zum Tierquäler wird, kann es teuer werden. Aber ein Straftäter ist er dann noch nicht automatisch. Das ist das Ergebnis einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Altötting gegen einen 35-jährigen Produktionshelfer aus Waldkraiburg.
Der Mann hatte im vergangenen Jahr im Inn nahe Altötting zwei Hechte gefangen. Er ließ sich von seinem Großcousin mit den Fischen fotografieren und setzte sie wieder ins Wasser. Die Fotos stellte der Waldkraiburger in ein Anglerportal im Internet, einen Hecht versah er mit der Längenangabe 65, den anderen mit 75 Zentimeter. Durch das Fotoshooting habe er bei den Fischen erhebliche länger anhaltende Leiden verursacht, er habe „ohne Rücksicht auf das Tierwohl“ geangelt, warf Staatsanwältin Stefanie Grossmann dem Mann vor.
Angeln ist nur zur Gewinnung von Nahrung zulässig
Statt mit den Hechten zu posieren und sie zurückzusetzen, hätte er sie töten müssen. Denn Angeln sei „nur zur Gewinnung von Nahrungsmitteln für den Verzehr zulässig“. An die Entnahmepflicht wird auch in der Angelkarte des Vereins für Fischerei und Gewässerpflege erinnert, vormals Bezirksfischereiverein Mühldorf-Altötting.
Als Verteidiger des Anglers sagte der Mühldorfer Rechtsanwalt Jörg Zürner, sein Mandant könne „die Vorwürfe beim besten Willen nicht verstehen. Er ist ein Tierfreund.“ Bei diesen beiden Fischen sei sich der Angler nicht sicher gewesen, ob sie das in den Gewässern des Vereins geltende Schonmaß von 60 Zentimetern erreicht hätten. Daher habe er sie wieder schwimmen lassen.
Schon Anfänger lernen, dass man das nicht macht
Angezeigt hatte den Mann ein Funktionär des Vereins, der nun als Zeuge geladen war. „Man lernt schon in der Ausbildung zur Fischerprüfung, dass man Fische nicht so behandelt“, sagte er. „Ein Fotoshooting mit einem Fisch ist jedenfalls nicht das Wahre.“ Dann schilderte er dem Gericht und dem Angeklagten, wie ein Fisch zu behandeln sei, der das Schonmaß nicht erreicht habe: „Am besten noch im Wasser abhaken und gar nicht erst herausnehmen.“
Dass ihn der Fischereiverein wegen dieser Bilder belangt habe, das habe seinen Mandanten so sehr aufgebracht, dass er dort ausgetreten sei, sagte Rechtsanwalt Zürner. Und dass Laub an der Schleimhaut eines der Fototrophäen-Hechte klebte? Das erklärte der Verteidiger damit, dass sich die Blätter im Kescher befunden hätten, mit dem der Fisch angelandet wurde. Keineswegs sei der Fisch auf den Boden gelegt und somit seine sensible Schleimhaut verletzt worden. Wie dann aber das Laub trocken blieb, als der Kescher ins Wasser gekommen sein soll, diese Frage blieb im Prozess unbeantwortet.
Fangen und auslassen - das ist nicht tierschutzkonform
Catch and release – fangen und auslassen – heißt diese umstrittene und nicht tierschutzkonforme Art des Angelns. Der Angeklagte wies zurück, ein solcher Fischer zu sein. Außerdem sei er aus dem Verein ausgeschlossen worden und entgegen der Darstellung seines Anwalts nicht selbst ausgetreten. Gleichzeitig schimpfte er aber über „Kochtopffischer in dem Verein, die Fische ohne Ende fangen, die brauchen mehrere Kühlschränke“. Warum er einen der beiden Hechte mit 65 und den anderen mit 75 Zentimetern im Anglerportal postete, sagte der Fischer von sich aus: „Man flunkert halt ein bisschen. Das ist Anglerlatein.“
Bei dieser Einlassung schien Richter Dr. Steffen Kramer zu stutzen. Wenn ein Mann im Internet mit Anglerlatein aufwartet, warum dann nicht auch vor Gericht? So genau wollten es dann aber weder Richter Kramer noch die Staatsanwältin wissen. Sie gingen auf den Vorschlag des Verteidigers ein, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. „Wir wollen doch keinen Schwurgerichtsprozess daraus machen“, sagte Zürner.
Es wurde ein teures Foto von einem Angelausflug
Der Richter beendete das Verfahren mit einem Beschluss und einem Ratschlag. Wenn der Angeklagte 1200 Euro an einen Verein für Gefangenenhilfe zahlt, hat die „quälerische Tiermisshandlung“ keine weiteren Folgen und sein Strafregister bleibt sauber. „Angeln Sie von jetzt an so, dass sie bei anderen angelkundigen Personen nicht auffallen“, sagte Dr. Kramer, „und behandeln Sie Tiere so, wie sie behandelt werden sollten.“