Was den Afrikaner in Deutschland überrascht
„Es war ein Schock“: So hat ein Fotograf aus Uganda den Fasching in Waldkraiburg erlebt
Für Derrick Bizimana war es der erste Faschingsumzug seines Lebens. Der Fotograf aus Uganda zog mit der Kamera los und hat seine Eindrücke festgehalten. Was den Afrikaner dabei überrascht hat.
Waldkraiburg – Seit fünf Monaten lebt Derrick Bizimana in Deutschland. Zunächst in München, jetzt in einer Flüchtlingsunterkunft in Waldkraiburg. „Weniger chaotisch als München, ruhig und entspannt“, so beschreibt er sein neues Zuhause. Manchmal sei es schon fast so ruhig, dass es ihm als kreativen Menschen keinen Raum zum Denken lasse.
Mit der Ruhe war es aber am Faschingssamstag vorbei: Da zog ein lauter und bunter Faschingszug durch die Stadt. „Für mich war das ein Schock“, sagt Bizimana. Ein Realitätscheck sei das gewesen. So hatte er sich Deutschland wahrlich nicht vorgestellt.
Von wegen ernst, steif oder schüchtern
„Ich dachte immer, die Deutschen sind ernst, etwas steif und minimal spaßig“, erzählt der Fotograf aus Uganda. Doch er irrte sich. Als er mit seiner Kamera loszog, befürchtete er, die Menschen seien schüchtern und würden sich verstecken – schon allein aus Datenschutzgründen. „Aber es war ganz anders: Alle wollten, dass ich Bilder mache.“
So viele verkleidete Menschen hatte er mit seinen 31 Jahren noch nicht gesehen. Fasching gibt es in seinem Heimatland in dieser Form nicht. „In Uganda kommt man einfach zusammen, es gibt viele Konzerte, man isst gemeinsam, trinkt Bier und hat Spaß.“ Aber Kostüme? Nein, die gebe es dort nicht. Sie kommen ihm auch ganz schön teuer vor.
„Ich habe eine neue Seite von Deutschland entdeckt“
Wenn er sich selbst verkleiden müsste, würde er als eine Art Soldat oder Spezialeinheit der Polizei (SWAT) gehen. „Oder Super Mario, das habe ich auch gesehen und würde es probieren wollen.“
Dass die Deutschen so aus sich herausgehen, hat ihn überrascht. „Ich habe eine neue Seite von Deutschland entdeckt“, sagt er über den Faschingstrubel. Waldkraiburg erlebt er aber auch außerhalb des Faschings als eine tolerante Stadt, er sei gut aufgenommen worden. Er spielt beim VfL Waldkraiburg Fußball und hat auch für den Verein schon fotografiert.
In einer Art Videotagebuch hält er Erlebnisse fest
Momentan lernt er Deutsch, für ein Interview reicht es aber noch nicht. „Ich wünschte, ich würde aufwachen und könnte auf einmal Deutsch“, sagt er auf Englisch. Stattdessen drückt er sich mit Fotos und Videos aus, hat eine Art Videotagebuch angefangen. „Als ich hergekommen bin, wusste ich nicht viel über Deutschland“, erklärt er. Die Videos sollen ihm später seine Fortschritte zeigen.
Mit geringen Erwartungen nach Deutschland gekommen
Seit etwa acht Jahren erstellt er kleine Filme und Audios, arbeitete in seiner Heimat als Grafikdesigner, fotografiert und produziert Videos. Das lernte er in Uganda, dort gründete er ein von jungen Menschen geführtes Kreativstudio. Dass er Kampagnen, die auf Menschenrechte aufmerksam machen, umsetzte, brachte ihn in Schwierigkeiten mit der Regierung. Mehr mag er darüber nicht erzählen. „Ich bin hergekommen, um lebendig zu sein und in Sicherheit neu anzufangen“, sagt Bizimana. Er hofft, Asyl zu bekommen.
In einem Land, in dem ihm manches fremd ist. „Alles ist bei euch ein Termin“, sagt er. In Uganda gehe man einfach zum Arzt und werde behandelt und wenn der Arzt nicht da sei, dann gehe man eben wieder.
Stapelweise Papier und viele Münzen
Auch Post hat er schon jede Menge bekommen, ein ganzer Stapel Papier hat sich bereits angesammelt. „Als ich ein Bankkonto eröffnet habe, gab es einen mehrseitigen Vertrag ausgedruckt – in Uganda gibt es das nicht.“
Mindestens so sehr wundert er sich über das deutsche Münzgeld. Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Münzen sammelt er inzwischen zu Hause, weil er nicht so recht weiß, was er damit machen soll. „In Uganda gibt es nur drei Münzen und auch mit der kleinsten kann man sich noch etwas kaufen.“
Er betrachtet diese Unterschiede mit Interesse: „Ich bin sehr aufgeschlossen, dass ich etwas gar nicht mag, kommt quasi nicht vor“, sagt er über sich selbst. Und so macht es ihm Spaß, diese Unterschiede in seinen Videos festzuhalten.



