Zur Internationalen Woche gegen Rassismus
Fast jeder war schon Opfer: Wie die Schüler der Mittelschule Waldkraiburg Zivilcourage lernen
Gegen Rassismus und für Zivilcourage, das war das Ziel eines Projekttages an der Waldkraiburger Franz-Liszt-Mittelschule im Rahmen der „Internationen Woche gegen Rassismus.“ Die Siebtklässler lernten Erstaunliches und haben eine klare Meinung.
Waldkraiburg – „Rassisten verletzen Menschen, sogar auf der Straße. Stopp!“ - „Schwarz, weiß, das ist egal, Hauptsache Frieden. Das ist legal“. Das sind zwei von vielen Gedichten, die Schüler der siebten Klasse der Franz-Liszt-Mittelschule bei ihrem Projekttag „Wer wegschaut, macht mit! Zivilcourage in der Schule“ verfasst haben. Ziel war es, Bewusstsein zu schaffen, Dinge zu verstehen, offen miteinander zu reden und Lösungen zu finden. Schließlich kann jeder Opfer von Rassismus werden.
Fast jedes Kind in der Franz-Liszt-Mittelschule hat bereits Erfahrungen mit Rassismus machen müssen. Auch Deutsche. Rassismus geht von allen Nationen aus. Keiner ist besser oder schlechter.
Die sechs Regeln der Zivilcourage
Ihren Projekttag begannen die 70 Schüler mit einem Film, in dem ein Jugendlicher angegriffen wurde und Unbeteiligte zur Hilfe kamen. Lehrer und Schüler sprachen darüber, was Rassismus und Zivilcourage bedeuten und lernten die sechs Regeln der Zivilcourage: Hinsehen statt wegschauen; helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen; beobachten und Täter-Merkmale einprägen; andere zur Mithilfe auffordern; Hilfe organisieren; und sich um das Opfer kümmern. So ist es einfacher zu helfen, selbst wenn man körperlich unterlegen ist. Denn helfen kann ausnahmslos jeder, egal ob Kind oder Erwachsener. Wichtig ist nur: nicht wegzuschauen und aktiv zu werden. Egal wie.
Kinder erzählen von ihren Erfahrungen
Die Kinder erzählten auch von ihren Erfahrungen. Ein Junge berichtete, wie seine dunkelhäutige Mutter im Türkei-Urlaub rassistisch beleidigt wurde. Ein anderer schilderte, wie russische Kinder mit „Geh Ukrainer bombardieren“ beschimpft wurden. Ein deutsches Mädchen wurde als Nazi beschimpft. Andere erzählten, wie sie sich für andere starkgemacht haben, die wegen ihrer Herkunft Opfer von Angriffen wurden.
Mitmach-Stationen runden den Projekttag ab
Anschließend gab es verschiedene Mitmach-Stationen. Bei Station eins gestalteten die Schüler mit Sophie Wirth Comics zu Rassismus und Zivilcourage. Bei Station zwei spielten sie mit Laura Oberhansel eine Talkshow durch; bei den Stationen drei und vier, die Jan Günther und Lukas Steinberg betreuten, schauten sie einen weiteren Film an und schrieben Gedichte. Gerade Gedichte eignen sich bestens, um Gedanken und Emotionen auszudrücken. Ihre Arbeiten stellten die Schüler anschließend in der Aula aus.
Für alle war der Projekttag sehr lehrreich. „Bei den Kindern dürfte eine Menge hängen geblieben sein. Das Wort ‚Zivilcourage‘ haben die Kinder vorher nicht so gekannt“, sagt Lehrerin Oberhansel. „Darüber zu sprechen, was das ist und wie ich im Alltag richtig reagiere, war deshalb ganz wichtig. Man sollte Kindern schon von klein auf beibringen, dass jeder Mensch gleich ist. Man muss mit Kindern darüber sprechen. Vor allem auch zu Hause.“
„Wir wollen eine Schule mit Courage sein“
Für die Schüler der Franz-Liszt-Mittelschule gilt: „Wir wollen eine Schule ohne Rassismus sein. Wir wollen eine Schule mit Courage sein.“ Miteinander statt gegeneinander. Religion, Hautfarbe oder Herkunft sollten in unserer Welt keine Rolle spielen, denn eigentlich gibt es nur zwei Sorten von Menschen: die Guten und die Schlechten.
Das sagen die Schüler zum Rassismus
Raihana Tajik (13): „Es gibt viele Leute, die sich einen Spaß daraus machen und denken, das ist lustig, aber es ist ein ernstes Thema. Manche Leute benutzen Worte, ohne zu wissen, was es bedeutet. Ich selbst habe schon einem Jungen geholfen, der von Älteren gemobbt wurde. Man darf nicht wegschauen. Wir müssen uns alle gleichbehandeln und gut miteinander umgehen.“
Sandu Starcenco (13): „Manchmal beleidigen und verletzen die Leute andere, ohne zu wissen, was sie damit anrichten. Man sollte schon ganz kleinen Kindern beibringen, dass man das nicht machen darf. Die Kinder sind die Kopie der Eltern. Vieles liegt an den Eltern. Ich war mal bei einem Fußballspiel. Da war ein Junge, der konnte nicht richtig deutsch. Er wurde von sieben, acht Jungen angegriffen. Ich habe die weggeschubst und gesagt, dass sie ihn in Ruhe lassen sollen. Zivilcourage ist wichtig, denn jeder kann mal angegriffen werden und dann ist er froh, wenn ihm jemand hilft.“
Ougour Memmin (13): „Letztens wollte ein Junge bei uns mitspielen. Die anderen sagten nein, aber ich sagte ja. Man macht auch mal Späße und Witze, aber meint das nicht böse. Da gibt es Unterschiede zwischen Spaß und Ernst. Ich würde auf alle Fälle Hilfe holen. Ich wünschte mir, dass die Erwachsenen uns mehr zuhören. Man muss schon kleinen Kindern beibringen, dass sie keine bösen Sachen sagen oder tun dürfen. Das müssen die Erwachsenen machen. Und auch, dass die Menschen mehr miteinander reden und zuhören ist wichtig.“
Larissa Bratu (12): „Jeder sollte so akzeptiert werden, wie er ist. Man sollte schon von klein auf lernen, was richtig und was falsch ist. Von unserem Projekttag habe ich viel mitgenommen, auch was Zivilcourage heißt und wie man sich richtig verhält, wenn jemand Hilfe braucht. Man muss keine Angst haben. Alle sind gleich. Niemand ist mehr oder weniger wert.“
Luca Huber (13): „Durch den Projekttag wissen wir, was Rassismus und Zivilcourage bedeuten. Reden ist sehr wichtig. Ich würde auf alle Fälle helfen; man kann auch ältere Leute um Hilfe bitten. Kinder fangen schon im Kindergarten an, andere zu beleidigen oder zu schlagen. Da sollten die Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder so etwas nicht machen. Ich finde Rassismus nicht gut. Es ist schlimm, wenn man andere beleidigt.“
Almina Kalpaslan (12): „Gewalt darf keinen Platz haben. Es macht mich traurig, dass es so etwas gibt. Es ist nicht richtig, dass man Menschen wegen ihres Anderssein beurteilt oder mobbt. In der Grundschule wurde ich wegen meiner Brille gemobbt. Kinder, die nicht viel Liebe bekommen, tun schlechte Sachen. Es liegt viel an den Eltern, wie die Kinder sind.“
Arda Yildiz (13): „Man kann nichts dafür, wie man aussieht oder woher man kommt. Ich wurde einmal wegen meiner Herkunft beleidigt. Zu Hause erzählte ich meinen Eltern davon. Sie meinten, ich solle da einfach nicht hinhören. Erwachsene sollten Vorbilder sein und verbieten, dass über andere schlecht geredet wird. Ich würde auf alle Fälle Zivilcourage zeigen. Durch den Projekttag wurde ich noch mehr bestärkt und habe gelernt zu verstehen, wie die Leute drauf sind. Wenn ich etwas falsch mache, entschuldige ich mich dafür.“






