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Alternative Kinderbetreuung

„Glücklich mit meinen Süßen“: Traumberuf Tagesmutter? – So sieht ihr Arbeitsalltag wirklich aus

Andrea Lang arbeitet seit sechs Jahren als Tagesmutter in Waldkraiburg. Sie würde sich immer wieder für den Beruf entscheiden. Aber an den Arbeitsbedingungen ließe sich aus ihrer Sicht noch einiges ändern.
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Andrea Lang arbeitet seit sechs Jahren als Tagesmutter in Waldkraiburg. Sie würde sich immer wieder für den Beruf entscheiden.

Andrea Lang liebt ihren Job als Tagesmutter. Sie wünscht sich, dass mehr Menschen diesen Beruf ergreifen. Aber an den Arbeitsbedingungen ließe sich in ihren Augen noch einiges ändern. So sieht ihr Alltag aus.

Waldkraiburg – Ein Mädchen mit blonden, geflochtenen Zöpfen schiebt eine grüne Dampflok über Eisenbahnschienen aus Holz. Neben ihr verlängert ein kleiner Junge die Bahnstrecke um eine weitere Schiene, fragt, ob Andrea Lang noch eine Lok kaufen kann. Da muss die Tagesmutter lachen: „Mit der Holzeisenbahn haben schon meine Kinder gespielt, da gibt es keine neuen Teile mehr“, antwortet sie.

Vor sechs Jahren entschloss sich die gelernte Hauswirtschafterin dazu, den Beruf zu ergreifen. Noch einmal die eigene Wohnung kindersicher zu machen. 57 Jahre ist sie alt, ihre drei Töchter erwachsen und sie bereits Oma. „Aber meine Tochter lebt am Bodensee, da kann ich nicht so Oma sein, wie ich das aus meiner eigenen Kindheit kenne“, erzählt sie.

Arbeitstag geht über die Kinderbetreuung hinaus

Deswegen, aber auch weil sie sich zuvor im hauswirtschaftlichen Bereich mit Kinderbetreuung selbstständig gemacht hatte, habe sie gedacht: „Tagesmutter, das würde mir richtig Spaß machen.“ Heute betreut sie von Montag bis Freitag bis zu vier Kinder, alle zwei und drei Jahre alt. Zwei Jungen und zwei Mädchen halten sie zwischen 8.30 und 15 Uhr auf Trab. In den Vorjahren ist sie zum Teil schon um 7 Uhr in den Arbeitstag gestartet.

Offiziell. Denn gerade wenn die Kinder neu bei ihr sind, kocht sie das Mittagessen vor. Auch Malen und Basteln will vorbereitet werden. Hinzu kommen 15 Stunden Fortbildung pro Jahr und alle zwei Jahre ein Kurs „Erste Hilfe am Kind“. „Ich mache das gerne, aber da es nicht zur Arbeitszeit zählt, fällt das abends oder am Wochenende an“, erzählt Lang. Eine Zeit lang hat sie fünf Kinder betreut, das Maximum. „Aber da habe ich 50 Stunden die Woche gearbeitet und mir gesagt, das schaffe ich nicht.“

Betreuung in einem familiären Umfeld

Sind die Kinder schon eine Weile bei ihr, kochen sie oft gemeinsam. Die Kleinen schälen und schneiden dann mit. „Ich bin da angstfrei, weil ich weiß, dass die Kinder das können“, sagt Lang. Auch wenn Waschmaschine und Trockner zu befüllen sind, dürfen sie mithelfen. Aufgaben, die im Familienalltag eben anfallen. „Gerade die Kleinen wollen ja alles.“

Die Betreuung in den eigenen vier Wänden ermöglicht Lang, den Tag selbst zu strukturieren, individuell auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. „Bei mir können die Kinder essen und schlafen, wann sie wollen“, sagt sie. Sie bemühe sich, dass sich jedes Kind in seinem eigenen Tempo entwickeln könne. „Für manche Kinder ist die Krippe nichts – gerade wenn sie sehr introvertiert sind, ist das einfach zu viel“, betont Lang und plädiert dafür, die kleinen Kinder noch nicht in eine große Gruppe zu geben, weil sie noch viel Hilfe brauchen. Ab drei Jahren sei das etwas anderes.

Mama Toni Wack kann nur zustimmen. „Wir haben uns für eine Tagesmutter entschieden, weil das der Betreuung in der Familie am nächsten kommt“, sagt sie. Ihrer Tochter gehe es damit so gut und sie habe so einen Spaß. „Andrea ist die beste außerfamiliäre Betreuung, die wir uns vorstellen können – wir wissen, unser Kind ist bei ihr optimal versorgt“, fügt Wack hinzu und vor lauter Rührung kullern Freudentränen über ihr Gesicht.

Nur wenige Kindertagespflege-Personen im Landkreis

„Leider gibt es nicht viele Tagesmütter“, bedauert Lang. Im Landkreis Mühldorf sind es momentan acht, inklusive Großtagespflege, bei der mehrere Tagesmütter oder -Väter auf eine entsprechend größere Gruppe von Kindern aufpassen. „Dabei handelt es sich um Tagesmütter, die mehr als zehn Stunden pro Woche tätig sind und über das Jugendamt gefördert werden“, wie Landratsamtssprecher Wolfgang Haserer auf Nachfrage mitteilt. Darüber hinaus gebe es Tagesmütter, die weniger als zehn Stunden arbeiten oder sogenannte „Kinderfrauen“ in Privathaushalten.

„Bedarf ist auf alle Fälle da“, ist sich Lang sicher, die dem Jugendamt Mühldorf regelmäßig Bescheid gibt, dass bei ihr bereits alle Plätze belegt sind. Gemeinsam mit den Jugendämtern Berchtesgadener Land und Traunstein bieten die Mühldorfer einmal jährlich ab September einen Qualifizierungskurs für Interessierte an. In 160 Stunden lernen die angehenden Kindertagespflegepersonen unter anderem die spielerische Förderung im Alltag, den Umgang mit schwierigen Erziehungssituationen und versicherungs- und steuerrechtliche Aspekte. Denn die Arbeit erfolgt selbstständig.

Geringer Stundenlohn für große Verantwortung

Ein Platz bei der Tagesmutter kostet Eltern laut Lang genauso viel wie in der Kita. Sie selbst erhält 4,47 Euro pro Stunde und Kind, bei vier Kindern also knapp 18 Euro Stundenlohn. Sie rechnet vor: Etwa 2400 Euro brutto bekommt sie im Monat, davon würden 400 Euro für die Kranken- und Rentenkasse weggehen. Abziehen muss sie auch die Steuern und ihre Ausgaben für Essen für die Kinder. „Das darf ich nicht in Rechnung stellen. Ich könnte verlangen, dass die Eltern Essen mitgeben. Aber mir ist das Gemeinschaftliche wichtig, deswegen stelle ich alles.“

Sie habe als Tagesmama angefangen, weil ihr die Aufgabe wichtiger ist als das Geld. Außerdem sei sie genügsam und ihr Mann habe gut verdient. „Aber wenn man davon leben muss, ist das natürlich nochmal eine andere Sache.“ 30 Tage bezahlter Jahresurlaub stehen ihr zu. Wird sie krank, ist das problematisch. Zum einen für die Eltern, weil das Jugendamt kaum Springer findet. Zum anderen für sie selbst, denn wenn eine Vertretung einspringt, muss Lang diese bezahlen und das Geld für den Tag fehlt ihr selbst.

Berufswahl trotz allem nicht bereut

Trotz dieser Rahmenbedingungen würde sie sich immer wieder für den Beruf entscheiden. „Ich bin so glücklich mit meinen Süßen“, sagt sie. So fordernd es sei, so viele schöne Momente gebe es auch und gerade wenn die Kinder klein sind, passiere so viel. Für die Eltern hält sie das mit Briefen und Fotos fest, von sich aus und weil ihr das wichtig ist. Lang würde sich freuen, wenn mehr Menschen den Beruf ergreifen würden. Sie sagt aber auch: „Für die Verantwortung wäre es schön, mehr Anerkennung zu bekommen.“

Wer sich für eine Ausbildung zur Tagesmutter oder zum Tagesvater interessiert, erhält weitere Informationen und Anmeldung bei Michaela Kufner unter 08631/699607 sowie per Mail an michaela.kufner@lra-mue.de.

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