Nach Grillabend in Waldkraiburger Wohnzimmer
„Hausgemachter Wahnsinn“: Wieso Kohlenmonoxid-Gefahr nicht zu unterschätzen ist
Keine gute Idee war es, einen Grill ins Wohnzimmer zu holen. Eine Idee, für die mehrere Leute am Sonntagabend (30. April) in Waldkraiburg mit einer Rauchvergiftung bezahlten. Feuerwehr, BRK und Kaminkehrer warnen eindringlich vor einer versteckten Gefahr.
Waldkraiburg – Viel hätte vermutlich nicht mehr gefehlt und der Grillabend in Waldkraiburg wäre in eine Tragödie gemündet. Denn den Grill ins Wohnzimmer zu holen, hatte ein tödliches Potenzial. Denn währen die restliche Kohle abbrannte, breitete sich Kohlenmonoxid im Zimmer aus. Eine Gefahr, die man nicht sehen, nicht riechen oder spüren kann.
Eine Gefahr, die eine Familie aus Waldkraiburg am Sonntag völlig unterschätzt hat. Sie hatte auf dem Balkon gegrillt und dann den Grill ins Wohnzimmer geholt. Dann ging es nach Aussage der Polizei sehr schnell, innerhalb kürzester Zeit bildete sich das giftige Gas. Insgesamt wurden sechs Familienmitglieder vergiftet, dazu noch vier Helfer des BRK.
Eigenschutz geht vor
„Das war hausgemachter Wahnsinn“, fasst es Kreisbrandrat Harald Lechertshuber nach dem Unfall zusammen. Dass Leute so etwas machen, ist für ihn völlig „unverständlich“. Gefahr durch Kohlenmonoxid (CO) gebe es immer wieder, ob durch Defekte bei Holzöfen oder Etagenheizungen. Einsätze seien aber nicht die Regel. Einsatzkräfte hätten sich auf diese unsichtbare Gefahr längst eingestellt. „Die Helfer des BRK haben CO-Warner an, sodass sie sehr schnell merken, wenn die Gas-Konzentration zu hoch ist.“
Schlagen diese Warner lautstark an, gilt es, den Aktiven der Feuerwehr das Feld zu überlassen. „Dann ist es Aufgabe der Feuerwehr, die mit Atemschutzgeräten entsprechend ausgerüstet ist. Die Helfer des BRK würden sich ansonsten selbst gefährden und der Eigenschutz geht vor.“
Auch beim Grill-Unfall am Wochenende hatten die CO-Warner angeschlagen. „Die Einsatzkräfte waren in diesem Moment bereits bei einer Patientin, hatten diese noch gepackt und mit nach draußen genommen“, erklärte Franz Kolm, stellvertretender Leiter Rettungsdienst beim BRK. Dort unterschätzt keiner die Gefahr des geruchlosen Gases. „Zwei bis drei tiefe Atemzüge können reichen, um ohnmächtig zu werden. Schwindel und Kopfschmerzen sind erste Symptome“, erklärt Kolm. Das Kohlenmonoxid besetzt die roten Blutkörperchen und lässt auch nicht mehr locker. So kann der Körper keinen Sauerstoff mehr aufnehmen. Ein inneres Ersticken droht.
So entsteht giftiges Kohlenmonoxid
Doch wie entsteht das CO? Kaminkehrer Harald Aschbauer kennt sich aus. „Die Gefahr besteht beim Abbrand, wenn nur noch Glut vorhanden ist“ Dies passiert dann, wenn das Feuer nicht genügend Sauerstoff hat, die Verbrennung kohlestoffhaltiger Substanzen wie Kohle, Holz, Öl oder Gas unvollständig ist. Bei Grillkohle gebe es nur sehr kurz ein Feuer, dann brenne die Kohle langsam ab, glüht dahin. „Dabei entsteht das giftig Kohlenmonoxid, das nicht zu unterschätzen ist.“ Je nach Raumgröße und Feuerstätte fülle sich ein geschlossener Raum relativ zügig mit Kohlenmonoxid.
Auch unzureichend gewartete Heizungsanlagen mit Gas oder Öl sowie Gasthermen können zur Gefahr werden. „Das CO kann sich über einen undichten Kamin im geschlossenen Raum anreichern.“ Deshalb ist es auch wichtig, dass die Anlagen von Kaminkehrer auf ihre CO-Werte geprüft werden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich durch die Energiekrise viele Hauseigentümer selbst einen Holzofen installiert oder einen alten reaktiviert haben.
CO-Warner im Haus installieren
Ein Grill in der Wohnung oder eine defekte Heizung - Einsätze mit Kohlenmonoxid sind laut BRK kein Einzelfall. Kolms Empfehlung: Sich einen CO-Warner ins Haus zu holen. Damit man eben nicht innerhalb kürzester Zeit von einer Ohnmacht übermannt wird. „Das ist vernünftig“, bekräftigt auch Harald Lechertshuber. Aber die Wohnungseigentümer müssen es auch machen, um sich vor dieser Gefahr aktiv zu schützen.
Die Nachricht über den Einsatz in Waldkraiburg stößt bei Harald Lechertshuber auf großes Unverständnis. „Es wird regelmäßig auf diese Gefahr hingewiesen und doch passiert es.“ Auch im Umgang mit Methan-Öfen müsse man vorsichtig sein und dürfe die Gefahr nicht unterschätzen. Ein offenes Feuer habe jedenfalls in geschlossenen Räumen nichts zu suchen. „Den Grill draußen lassen. Der hat im Haus nichts zu suchen! Kohlenmonoxid ist eine gefährliche Angelegenheit!“, sagt Franz Kolm. Den Einsatzkräften des BRK geht es nach dem Grill-Einsatz am Wochenende wieder gut.
