„Eigentümer ist verpflichtet, für Ersatz zu sorgen“
Häuser gebaut, aber Wald nicht ersetzt: Jetzt erhöht Waldkraiburg den Druck
Kein Baum gepflanzt: Der Unmut über die fehlenden Ausgleichsflächen für ein Baugrundstück im Föhrenwinkel ist groß. Das will die Stadt nicht hinnehmen und geht nun dagegen vor.
Waldkraiburg – Die Häuser sind fertig und längst bezogen, doch einen Ersatz für den gerodeten Wald gibt es bislang nicht. Kein einziger Baum ist gepflanzt als Ausgleich für die Bebauung am westlichen Finkenweg im Föhrenwinkel. Damit ist eine entscheidende Festsetzung des Bebauungsplans nicht erfüllt, dieser nicht erfüllt und damit möglicherweise sogar unwirksam. Die Stadt Waldkraiburg will das nicht auf sich beruhen lassen.
„Bis heute hat der Grundstückseigentümer den Ausgleich nicht erbracht“, ärgerte sich Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) in der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses. Immerhin geht es hier insgesamt um eine Fläche von 1,2 Hektar, die im nächsten Umfeld auf drei unterschiedlichen Grundstücken naturnah wieder aufgeforstet hätte werden sollen.
Ausgleich braucht es 1:1
Im Jahr 2020 wurde der Bebauungsplan rechtskräftig, im gleichen Jahr wurde auch der Waldstreifen gerodet, um Platz für die sechs Reihen- und Doppelhäuser zu schaffen. Für jeden Hektar Bauland braucht es gemäß Naturschutzgesetz einen ökologischen Ausgleich. Wald muss 1:1 ersetzt werden. Der Bebauungsplan sieht in diesem Fall einen „standortgerechten Laubmischwald mit vorgelagertem Waldrand“ vor. Doch vier Jahre nach Inkrafttreten des Bebauungsplans ist auf den Flächen nichts passiert.
„Wir hatten Kontakt zum Grundstücksbesitzer aufgenommen, sind aber gescheitert“, erklärte Johannes Hofbauer vom Bauamt. Die Stadt will es nicht darauf beruhen lassen, denn schon längst hätte etwas passieren müssen. Der Ausgleich wäre nämlich nötig geworden „ab dem Moment des Eingriffs, spätestens in der darauffolgenden Vegetationsperiode“, erklärt Hofbauer auf Nachfrage.
Gerodet wurde das Waldstück Anfang 2020, Zeit genug also, Ersatz an anderer Stelle zu schaffen. Aufgekommen war es nun bei einer Kontrolle, dass die Ausgleichsflächen fehlen. Deshalb schiebt die Stadt in einem ersten Schritt einer weiteren Bebauung einen Riegel vor. Denn neben den Reihen- und Doppelhäusern sind laut Bebauungsplan im Süden zur Staatsstraße zwei Mehrfamilienhäuser vorgesehen. Mit der Änderung des Bebauungsplans will man somit die vorhandene Bebauung legalisieren, die jetzt noch freie Fläche soll aufgeforstet werden.
„Es fehlen doch noch Flächen. Will man damit den Grundstückseigentümer motivieren, den nötigen Ausgleich zu schaffen“, hakte Frieder Vielsack (UWG) nach. Für die Stadt wäre das wünschenswert, wenn endlich die Ausgleichsflächen geschaffen werden. Für Vielsack kommt mit dem möglicherweise unwirksamen Bebauungsplan die Bebauung einem „Schwarzbau“ gleich. „Will man dem Grundstückseigentümer damit die Daumenschrauben ansetzen und den Druck erhöhen?“
Freie Fläche darf nicht bebaut werden
So könnte es sein. „Für den Eigentümer ist es einschneidend, wenn er die freie Fläche nicht mehr bebauen darf“, sagte Hofbauer. Den Ausgleich für die bebaute Fläche braucht es aber dennoch, die südliche Fläche muss wieder als Wald hergestellt werden. „Der Wald muss wieder entstehen. Der Eigentümer ist verpflichtet, für Ersatz zu sorgen“, beharrte Wolfgang Hintereder (UWG).
In dem Punkt waren sich alle im Stadtentwicklungsausschuss einig. Mit der Änderung des Bebauungsplans entfällt die Pflicht zum Aufforsten nicht. „Die rechtlichen Konsequenzen bleiben“, versicherte sich Frieder Vielsack. „Wenn der Ausgleich geschaffen wird, dann sind alle Probleme gelöst“, erklärte Hofbauer. Alternative Lösungen gebe es aber nicht, denn im Bebauungsplan ist genau geregelt, wo und wie die Ausgleichsflächen entstehen. „Es gibt keine Alternative dazu“, sagte Hofbauer. Ansonsten müsste der Bebauungsplan entsprechend geändert werden, wie er auf Nachfrage erklärte. In welcher Entfernung Ersatz geschaffen wird, dazu gibt es zwar keine festgelegte Beschränkung, müsse aber mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt werden.
Was kann die Stadt tun, wenn der Eigentümer nun immer noch nicht seiner Pflicht nachkommt? Zwischen Stadt und dem Grundstückseigentümer gibt es einen städtebaulichen Vertrag, in dem unter anderem auch die Ausgleichsflächen geregelt sind. „Hier bliebe der Stadt letztlich nur der Klageweg“, erklärte Hofbauer auf Nachfrage.
Auch für den Stadtentwicklungsausschuss ist klar, dass es so nicht bleiben kann. Einstimmig votierten die Mitglieder für die Änderung des Bebauungsplans, die eine weitere Bebauung des Grundstücks nicht mehr zulässt.